Nach dem Aufschieben der Entscheidung über Österreichs künftige Luftraumüberwachung und dem vorläufigen Weiterfliegen der Eurofighter-Abfangjäger rüstet sich Verteidungsministerin Klaudia Tanner (ÖVP) jetzt auch für eine Übergangslösung mit einem Leasingmodell mit Flugzeugen eines anderen Staates. Eine solche Leasingvariante werde "ehestmöglichst" geprüft, heißt es in einem Vortrag an den Ministerrat am Mittwoch. Im Heeresressort wurde der "Wiener Zeitung" erklärt, diese Variante werde für den Fall einer Rückabwicklung des Eurofighter-Kaufs erarbeitet.
Schon vor der Entscheidung am Montag war durchgesickert, dass vor allem mit Deutschland an einer Leasingvariante für die Luftraumüberwachung verhandelt werde. Laut Verteidiungsministerium sind auch andere Länder im Gespräch. Mit dem "Ausborgen" ausländischer Flugzeuge würde für den Fall vorgesorgt, dass Österreich aus dem Eurofighter-Deal aussteigt und damit vorübergehend keine Flugzeuge für die Luftraumüberwachung zur Verfügung hätte. Damit soll auch dem Vorwurf von Experten begegnet werden, dass sich Österreich damit zu sehr vom Eurofighter-Hersteller Airbus abhängig mache.
Gleichzeitig möchte Verteidigungsministerin Klaudia Tanner das Parlament stärker in die Suche nach einer Lösung einbinden. In einem der "Wiener Zeitung" vorliegenden Schreiben an ihren niederösterreichischen ÖVP-Parteikollegen und Nationalratspräsidenten Wolfgang Sobotka bittet die Heeresministerin jetzt konkret darum, im Herbst dieses Jahres die "Zukunft der österreichischen Luftraumüberwachung" zu erörtern.
Tanner hat am Montag dieser Woche entschieden, dass die zwölf veralteten Saab 105 mit Ende dieses Jahres ausgemustert und nicht mehr ersetzt werden. Die umstrittenen 15 Eurofighter-Abfangjäger bleiben ohne technischen Aufrüstung weiter im Einsatz, wobei das Heeresmisterium und die Finanzprokuratur als Anwalt der Republik weiter auf eine Rückabwicklung des 2003 erfolgten Eurofighter-Kauts hoffen. Erst nach einer Klärung durch die Justiz soll festgelegt werden, wie es mit der Luftraumüberwachung weitergeht.
"Entscheidungsfindung auf breiten Beinen"
Tanner hat bereits angekündigt, die Diskussion mit den Parlamentsparteien zu verstärken. Alle Parlamentsklubs sollen daher zur Enquete eingeladen werden. "Ziel muss es sein, tunlichst viele Stimmen und Meinungen zu diesem Thema miteinfließen zu lassen, um die Entscheidungsfindung auf möglichst breite Beine zu stellen und so transparent wie möglich zu gestalten", schreibt die Ministerin in dem Brief an den Nationalratspräsidenten.
Allerdings gibt es beispielsweise in der SPÖ massive Vorbehalte, für eine Entscheidung der türkis-grünen Bundesregierung und der Verteidigungsministerin letztlich auch politisch den Kopf hinzuhalten. Dies gilt daher als ausgeschlossen. Vielmehr gab es von Oppositionsseite bereits Rücktrittsaufforderungen an Tanner.
Kurz stellt sich hinter Heeresministerin Tanner
Bundeskanzler Sebastian Kurz hat sich bem Ministerrat hinter seine schwer in die Kritik geratene Verteidigungsministerin gestellt. Die von ihr geplanten Reformen beim Bundesheer seien notwendig und im Regierungsprogramm verankert. Er kenne Tanner "als sehr durchsetzungsfähige Frau". Das werde es für diese Reform brauchen.
Neben den klassischen Bedrohungen gebe es neue Herausforderungen. "Das Bundesheer ist die strategische Reserve der Republik in Krisen- und Katastrophenfällen." Daher seien eine Stärkung im Bereich der Katastrophenhilfe sowie der Ausbau der ABC-Abwehr gut und richtig. Die Coronakrise habe gezeigt, dass das absolut richtige Schritte seien, meinte Kurz.
Was die Luftraumüberwachung betrifft, hoffe er, dass es im juristischen Verfahren, "das sich schon sehr lange zieht", bald eine Entscheidung gibt, sagte Kurz laut Austria Presseagentur.. Ein juristisches Urteil würde mit Blick auf die Vergangenheit Aufklärung bieten und mit Blick auf die Zukunft helfen, "die richtige Entscheidungen zu treffen"