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Staatsschutz: "Andere sind uns da weit voraus"

Von Daniel Bischof

Politik

Nachrichtendienst-Experte Siegfried Beer zeigt die Problemfelder des BVT auf.


BVT. Fallen diese Buchstaben, so werden sie meist mit einer verpfuschten Razzia im Februar 2018 in Verbindung gebracht. Das soll sich nun ändern. Im Nationalrat wird heute, Donnerstag, der erste Teil einer Reform des Bundesamts für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung (BVT) beschlossen. Innenminister Karl Nehammer (ÖVP) will das Vertrauen in den angeschlagenen Inlandsnachrichtendienst wiederherstellen.

Der erste Reformteil fokussiert sich auf das Personal. Künftig soll die Rekrutierung objektiver und transparenter ablaufen, Mitarbeiter sollen genauer überprüft werden. Denn bisher ist das BVT bezüglich der Personalauswahl immer wieder kritisiert worden. Nicht die Qualifikation, sondern das Parteibuch habe bei Besetzungen den Ausschlag gegeben, so der Vorwurf.

In der Vergangenheit seien in manchen Fällen ungeeignete Personen ins BVT gekommen - "weil die jemanden in der Partei hatten, der angeschoben hat", sagt der Historiker sowie Nachrichten- und Geheimdienstexperte Siegfried Beer zur "Wiener Zeitung". Diese Besetzungspolitik habe etwa dazu geführt, dass mancher BVT-Mitarbeiter nicht einmal Englisch sprechen und "mit wissenschaftlicher Literatur nichts anfangen" könne.

"Ungarn sind uns weit voraus"

Abhilfe soll nun die Reform schaffen. Die Kompetenzen der Bewerber sollen anonym getestet werden, eine Kommission soll ein fachliches Hearing vornehmen. Nach einer Anhörung der Abteilungsleiter soll eine Reihung nach persönlicher und fachlicher Eignung erfolgen. Auch die Aus- und Fortbildung wird auf neue Beine gestellt.

Es wird einen verpflichtenden Grundausbildungslehrgang und eine Spezialausbildung geben. Ein FH-Lehrgang Staatsschutz soll mit Oktober 2021 starten. Zudem wird die Sicherheits- bzw. Vertrauenswürdigkeitsprüfung erweitert: Das Vorleben und die Lebensumstände sollen genauer geprüft werden. Die Prüfung soll alle sechs Jahre verpflichtend sein.

Laut Beer muss eine Reform mit einer Akademisierung der Behörde einhergehen: "Für die wichtigsten Bereiche - die Analyse, die Informationsbeschaffung - muss man sich nach den Besten umsehen. Und die besten Köpfe sind auch auf den Universitäten zu finden." In den USA würden etwa regelmäßig CIA-Anwerber nach Harvard kommen, um mit Studenten zu sprechen. Auch die Ungarn, Rumänen und Tschechen "sind uns da weit voraus".

Die österreichischen Dienste würden immer noch behördenintern rekrutieren - aus der Polizei und dem Militär, erklärt Beer: "Und davon kommen sie nicht weg. Die Dienste machen den Sprung nicht." Dadurch werde im nachrichtendienstlichen Bereich viel Potenzial verschenkt.

Probleme sieht Beer auch bei den Strukturen. Die Arbeit der Dienste dürfe nicht auf einzelne Ministerien aufgeteilt werden: "Es braucht eine zentrale Koordinierungsstelle. So wie das die meisten Staaten machen. In Deutschland gibt es dafür einen Staatssekretär."

Ausgelöst wurde die Reform durch die von der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft angeordnete Razzia beim BVT im Februar 2018. Die später für rechtswidrig erklärte Hausdurchsuchung beschädigte den Nachrichtendienst nachhaltig. Das Vertrauen in die Behörde wurde zertrümmert, ausländische Dienste schränkten ihre Zusammenarbeit ein.

International sei man aber auf die Kooperation mit Partnerdiensten angewiesen, sagt Beer. Das gelte gerade für das unterfinanzierte BVT. Denn ohne Kooperation finde "man ja nicht einmal die Spione in den eigenen Reihen". So sei im Fall des wegen Spionage verurteilten Oberst in Salzburg der Hinweis von einem ausländischen Dienst gekommen, sagt Beer.