Der Prozess um den Verkauf der Bundeswohnungen (Buwog) während der ersten schwarz-blauen Bundesregierung unter Bundeskanzler Wolfgang Schüssel Anfang der 2000er-Jahre gegen den damaligen Finanzminister Karlheinz Grasser und weitere Angeklagte geht nach mehr als 150 Verhandlungstagen in eine Pause. Schon am Mittwoch, dem letzten Tag vor der vierwöchigen Sommerpause, hat sich der mitangeklagte Ex-Lobbyist Peter Hochegger in der Mittagspause aus dem Gerichtssaal verabschiedet. Er tritt noch am Mittwoch eine Flugreise in seine Wahlheimat Brasilien an. Brasilien ist von der Corona-Pandemie besonders schwer betroffen, das Außenministerium warnt vor Reisen in das Land.
Richterin Marion Hohenecker hatte Hocheggers etwas vorzeitigen Abschied aus dem Strafprozess bereits am Dienstag genehmigt. Sein Flug gehe am späten Nachmittag, hatte sein Anwalt angekündigt. Vor seiner Abreise stimmte Hochegger zu, sollte er aus Brasilien nicht mehr aus- bzw. nach Österreich nicht einreisen können und die Zwei-Monats-Frist der maximalen Pause der Hauptverhandlung überschritten werden, dass kein neuer Prozess geführt werden müsse und dass an die bisherigen Verhandlungsergebnisse angeknüpft werden könne.
Die Richterin wollte diese Zustimmung von allen übrigen Angeklagten auch einholen, da auch diese vielleicht in den nächsten Wochen verreisen werden und von irgendwelchen Beschränkungen betroffen sein könnten, oder sonst irgendetwas passieren könnte. Während die Mehrheit der Beschuldigten ihrem Anliegen sofort zustimmte, wollten einige ihre Zustimmung nur befristet bis Jahresende 2020 erteilen. Zwischen den zahlreichen anwesenden Juristen entspann sich eine kurze Debatte, ob eine befristete Zustimmung überhaupt möglich sei und ob es - im Falle einer zweiten Corona-Welle, die den Gerichtsbetrieb wieder wie im Frühjahr lahmlegen würde - nicht ohnehin eine gesetzlich geregelte Unterbrechung aller Prozesse geben werde.
Abspielen von Abhörprotokollen
Anschließend wurden wieder Abhörprotokolle der polizeilichen Telefonüberwachungen der Angeklagten im Großen Schwurgerichtssaal des Wiener Straflandesgerichts vorgespielt. Der Zweitangeklagte Ex-FPÖ-Generalsekretär und Lobbyist Walter Meischberger telefonierte zu Anfang des Jahres 2010 ausführlich mit dem Erstangeklagten Ex-Finanzminister Karl-Heinz Grasser und mit dem mitangeklagten Makler Ernst Plech. Themen waren etwa die Buwog-Ermittlungen, die Buwog-Provision und deren steuerliche Behandlung. Mit Grasser besprach Meischberger ein Angebot eines Freundes, wonach ein Staatspolizist mit Kontakt zur Staatsanwaltschaft bereit wäre, gegen 5000 Euro Informationen zum Buwog-Verfahren mitzuteilen. Plech erklärteMeischberger, welche Rolle er in diversen Provisionsgeschäften gespielt habe. (apa)