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Corona im Nacken, Test für Schwarz-Grün

Von Karl Ettinger

Politik

Bei den verschobenen Gemeinderatswahlen in Vorarlberg kämpft man mit Corona und die ÖVP um ihre Vormachtstellung.


Nur drei Tage vor dem Wahltag am 15. März sind sie verschoben worden, an diesem Sonntag ist es so weit: In 96 Kommunen in Vorarlberg werden am 13. September die Gemeinderäte und Bürgermeister neu gewählt. Vor einem halben Jahr erfolgte die Absage wegen der sich dramatisch zuspitzenden Corona-Situation. Nun werden die Wahlen sogar noch stärker von der Corona-Krise überschattet: wegen anhaltender Neuinfektionen, auch wenn die Zahl in Vorarlberg am Donnerstag mit elf im Bundesländervergleich niedrig war, wegen der wirtschaftlichen und sozialen Folgen und unmittelbar vor allem wegen der Sicherheitsvorkehrungen.

Eines hat sich allerdings nicht geändert. Die ÖVP kämpft um ihre klare Vormachtposition in den Kommunen, nicht nur in der Landeshauptstadt Bregenz. Dort arbeitet die ÖVP wie auf Landesebene mit den Grünen zusammen. Mit Bürgermeister Markus Linhart tritt in Bregenz ein schwarzes Urgestein an. Insgesamt stellen ÖVP oder ÖVP-nahe Listen in 90 der 96 Vorarlberger Gemeinden den Bürgermeister.

301.572 Bürger dürfen bei den Gemeinderats- und Bürgermeister-Direktwahlen ihre Stimme abgeben. Wenn sie das am Sonntag tun, müssen sie das wegen der Corona-Ansteckungsgefahr aber mit einem Mund-Nasenschutz tun, den sie ins Wahllokal mitbringen. Damit sollen Wahlbeisitzer und andere Wähler geschützt werden. Deswegen wird in der Landeswahlbehörde mit deutlich mehr Wahlkartenwählern gerechnet, die so das Ansteckungsrisiko umgehen wollen.

Es sind die zweiten Wahlen in einem Bundesland seit dem Corona-Lockdown Mitte März. Schon Ende Juni fanden in der Steiermark mit Ausnahme von Graz die ebenfalls im März abgesagten Gemeinderatswahlen statt.

Panne mit Wahlkarten in Feldkirch

Der Vorarlberger Gemeindeverband ist um Beruhigung der Wahlberechtigten bemüht. Die Wahlkabinen würden regelmäßig desinfiziert, es werde ausreichend gelüftet, auch Mittel zur Desinfektion der Hände stünden bereit, hat der Gemeindeverband versichert. Masken, Plexiglaswände und Desinfektionsmittel würden den Wahlkommissionen in den 96 Gemeinden zur Verfügung gestellt.

Dennoch gibt es bereits erste "Opfer" der Corona-bedingten Verschiebung der Wahl auf diesen Septembersonntag. In Feldkirch, wo knapp 26.000 Wahlberechtigte leben, sind 271 Wahlkarten nicht korrekt ausgestellt worden, wie die Stadt diese Woche zugegeben hat. Es wurde dem amtlichen Stimmzettel kein unbeschriftetes Kuvert beigelegt. Werden die Stimmzettel nicht in einem Kuvert abgegeben, sind sie ungültig. Nicht in allen Fällen konnte die Panne noch behoben werden. "Einige wenige ungültige Stimmen werden leider nicht auszuschließen sein", räumte Bürgermeister Wolfgang Matt (ÖVP) ein.

Der Wahlkampf verlief Corona-bedingt weitgehend ruhig. Mit Interesse wird das Ergebnis in der Landeshauptstadt Bregenz erwartet. Dort gab es wie auf Landesebene auch auf Stadtebene eine schwarz-grüne Zusammenarbeit. Auf Landesebene haben ÖVP und Grüne im Herbst des Vorjahres ihre 2014 begonnene Koalition verlängert. Treibende Kräfte waren dabei auch der Bregenzer Bürgermeister Markus Linhart und die grüne Stellvertreterin Sanda Schoch.

In Bregenz, das heuer wegen des Corona-Risikos unter der Absage der Festspiele auf der Seebühne gelitten hat, steht nicht nur Schwarz-Grün auf dem Prüfstand. Es gibt auch ein Déjà-vu. Der Diplomatensohn Linhart hat mit seiner Amtszeit als Stadtchef seit 1998 bereits einen Rekord aufgestellt. Dennoch will der schwarze Rekordmann auch die kommenden fünf Jahre im Amt bleiben.

Auch der Herausforderer ist alles andere als ein Neuling. Der ehemalige Landesparteichef der Vorarlberger SPÖ, der schwächsten roten Landesgruppe im Bundesländervergleich, Michael Ritsch, versucht in Bregenz schon zum vierten Mal sein Glück. 2015 hat allerdings Linhart schon im ersten Durchgang die Wiederwahl geschafft. Für die Grünen probiert es dieses Mal die stellvertretende Stadtchefin Schoch, die aus Mellau im Bregenzerwald stammt. Schafft im ersten Wahlgang bei der Bürgermeister-Direktwahl keiner der Bewerber auf Anhieb eine absolute Mehrheit, so folgt am 27. September der Termin für die Stichwahl, nicht nur in Bregenz, auch in anderen Gemeinden.

Die FPÖ stellt vier, die SPÖ zwei Bürgermeister

Neben 90 Bürgermeistern der ÖVP oder von ÖVP-nahen Listen stellt die FPÖ den Bürgermeister in Hohenems, Nenzing und Vandans sowie in Fußach. In Bürs und St. Gallenkirch im Bezirk Bludenz kommt der Ortschef von der SPÖ. In der Bezirksstadt Bludenz macht sich die SPÖ Hoffnungen, die ÖVP-regierte Stadt übernehmen zu können. Der erst 28-jährige schwarze Neuling Simon Tschann tritt gegen den 2015 knapp unterlegenen roten Stadtrat Mario Leiter an. In der Handball-Gemeinde Hard, wo die ÖVP eine knappe absolute Mehrheit hält, treten die meisten Listen an, nämlich sieben.

50.000-Einwohner-Stadt Dornbirn mit ÖVP-Stadtchefin

Mit Spannung werden auch die Ergebnisse in zwei weiteren Kommunen erwartet. In Dornbirn, das heuer den Sprung über die 50-000-Einwohner-Marke geschafft hat, treten fünf Listen an. Bürgermeisterin Andrea Kaufmann (51), die seit 2013 im Amt ist und schon schwarze Vizeobfrau auf Bundesebene war, ist ein politisches ÖVP-Schwergewicht. Dennoch hofft die Konkurrenz, sie in eine Stichwahl zwingen zu können.

Lustenau unmittelbar an der Grenze zur Schweiz war hingegen einst eine blaue Hochburg. 2010 hat die ÖVP dann eine absolute Mehrheit geschafft und unter Bürgermeister Kurt Fischer 2015 weiter ausgebaut. Fischer kämpft mit seiner Volkspartei nun in der Direktwahl gegen vier Herausforderer.

Eine Änderung, die den meisten Vorarlbergern nicht auffallen wird, gibt es bei den Gemeinderatswahlen am Sonntag noch. Zwar dürfen gut 30.000 Bürger aus dem EU-Ausland mit Hauptwohnsitz im Ländle ihre Stimme abgeben. Aber anders als im März dürfen 354 Briten nach dem Brexit nicht mehr wählen.