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Nach Protest bei Postbussen droht Schadenersatzklage

Von Karl Ettinger

Politik

Zentralbetriebsrat Wurm schließt im Streit um Dienstpläne für Postbusfahrer weitere Kampfmaßnahmen nicht aus. Das Management wehrt sich gegen eine "unzumutbare" Störung des Fahrbetriebs.


Sieben Postbusse sind letztlich im Raum von Hollabrunn in Niederösterreich ausgefallen. Diese Einschränkung durch eine Betriebsversammlung in Hollabrunn ab vier Uhr früh führt aber nicht nur einem noch gröberen Konflikt zwischen den obersten Belegschaftsvertretern der Postbuslenker und dem bei den ÖBB angesiedelten Management Postbus-AG, sondern möglicherweise schon bald zu einer Ausweitung des Arbeitskampfes. Es geht dabei vereinfacht um Zeiten zwischen den meisten Fahrten der Postlenker im morgendlichen und abendlichen Frühverkehr mit Pendlern und auch Schülern. Anfang kommender Woche wird der Zentralbetriebsrat beraten. Dessen Vorsitzender Robert Wurm schließt im Gespräch mit der "Wiener Zeitung" weitere gewerkschaftliche Kampfmaßnahmen nicht aus: "Uns bleibt ja gar nichts Anderes über." Christopher Seif, ÖBB-Sprecher für die Postbusse in Niederösterreich und im Burgenland, betont hingegen bezüglich der Dienstpläne und Einsatzzeiten: "Es ist alles rechtens." Die Postbus AG hat kein Verständnis dafür, dass Maßnahmen auf dem Rücken von Arbeitnehmern und Schülern ausgetragen werden.

Die Auseinandersetzung zwischen dem Management der Postbus AG und der Vertretung der Postbuslenker ist allerdings vor allem aus einem weiteren Grund deutlich eskaliert. In einem Schreiben an Wurm, das der "Wiener Zeitung" vorliegt, wurde diesem auch mitgeteilt, man sie sich gezwungen, "etwaige Schadenersatzansprüche" gegen diesen im Zusammenhang mit der am Mittwoch dieser Woche in Hollabrunn abgehaltenen Betriebsversammlung durchzusetzen. Weil er damit Rechte der Arbeitnehmervertretung in Gefahr sieht, wettert Wurm: "Es ist unglaublich, dass man mir als Teilnehmer der Betriebsversammlung Angst macht." Das könne man "nicht einfach unter den Tisch kehren".

Ist Stehzeit Arbeitszeit?

Bei dem Arbeitskonflikt geht es um Dienstpläne, mit denen die Einsatz- und Fahrzeiten der Postbuslenker in Niederösterreich neu geregelt werden. Mitte Juni wurde eine Konfrontation noch abgewendet, jetzt zum Schulbeginn in Ostösterreich ist der Streit in voller Wucht neu ausgebrochen. Es geht im Wesentlichen um die Frage, ob es sich um Einsatzzeit oder Freizeit handelt, wenn Lenker von Postbussen nach dem Fahrteneinsatz am Morgen bis zum frühen Vormittag mehrere Stunden nicht fahren, bis sie am Abend dann wieder ihre Touren aufnehmen. Die Belegschaftsvertretung protestiert, weil Postbuslenker damit auf bis 15 oder 16-Stunden-Arbeitstage kämen. Die Postbus AG hält dem entgegen, es handle sich bei den Stunden weder um Arbeitszeit noch um Bereitschaft, sondern um Freizeit, die betroffene Postbuschauffeure auch als solche nutzen könnten.

Insgesamt sind in Österreich rund 3300 Lenker mit Postbussen unterwegs. In anderen Bundesländern wie in Salzburg oder Tirol gibt es entsprechende Dienstpläne schon länger. In Niederösterreich kommen diese nun auch zur Anwendung, dort steuern Zentralbetriebsrat und Management deswegen voll auf Kollisionskurs. Sprecher Seif verweist darauf, dass es im Raum Hollabrunn nur an drei von zehn Dienstorten einmal alle zwei Wochen zu der nun umstrittenen Diensteinteilung komme. Wurm verweist darauf, dass Postbuslenker dadurch teils auf Arbeitstage mit 16 Stunden kommen. Von Freizeit kann nach seiner Meinung keine Rede sein, wenn Lenker dann tagsüber an bestimmten Orten mangels Rückfahrmöglichkeit bleiben müssen. Für Seif stimmt das schlichtweg so nicht, denn betroffene Postbusfahrer würden auch wieder dort zurückkommen: "Wo er wegfährt, kommt er auch wieder an." Außerdem hätten sich für alle Dienstpläne mit zwei Diensten an einem Tag Lenker freiwillig gemeldet.

Letztlich geht es bei dem Arbeitskonflikt um jene Zeit, während der die Postbuslenker am Tag nicht fahren. Sprecher Seif pocht nicht nur darauf, dass es sich dabei um keine Arbeitszeit und auch nicht um Bereitschaft handle. Solche geteilte Zeiten mit Dienst- und Ruhezeiten seien inzwischen vom Obersten Gerichtshof auch bei einem anderen Busunternehmen als zulässig erachtet worden. Zentralbetriebsratsvorsitzender Wurm wirft seinerseits der Postbus AG vor, dieses habe mit dem Aussetzen von Verhandlungen im Juni, "in Wirklichkeit nur Zeit gewinnen" wollen, um jetzt mit Schulbeginn die Dienstpläne anzuwenden.

Arbeitskonflikt mit Schadensersatzforderung auf neuer Stufe

Der Arbeitskonflikt hat nach der Betriebsversammlung Mittwochfrüh in Hollabrunn eine neue Stufe erreicht. Von Seiten des Unternehmens ÖBB Postbus AG wird eingeräumt, dass man zwar auch Störungen des Betriebsablaufs durch Betriebsversammlungen während der Arbeitszeit in Kauf nehmen müsse. Dabei sei aber jene Person, die die Betriebsversammlung einberuft, vom Gesetzgeber zu einer Interessenabwägung aufgerufen. Demnach dürfe der Zeitpunkt der Versammlung den Betriebsablauf "nicht in unzumutbarer Weise" gestört werden. Das ist aber nach Ansicht des Unternehmens mit der ab 4 Uhr begonnenen passiert, weil damit Arbeitnehmer und Schüler im Nahverkehr ihre Ziele nicht rechtzeitig erreichen konnten. In einem Schreiben des Managements der Postbus AG wurde Wurm deswegen noch vor der Versammlung in Hollabrunn ausdrücklich hingewiesen, man werde vom Klagsrecht Gebrauch machen, darin schließt die mögliche Schadenersatzforderung. Der Zentralbetriebsratschef ließ sich dadurch aber nicht abhalten und will sich auch nicht einschüchtern lassen. Dennoch ist er sauer über die Vorgangsweise, die sich auch gegen Postbuslenker gerichtet habe.