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Studie: Soziale Krise abgefedert

Von Martin Tschiderer

Politik

Studie von Wifo und IHS im Auftrag des Sozialministeriums sieht soziale Verwerfungen durch Corona-Krise bisher unter Kontrolle. Unterstes Einkommensfünftel gewann an Einkommen.


Die Gesundheitskrise durch das Coronavirus führte in Österreich zur größten Wirtschaftskrise seit dem Zweiten Weltkrieg. Eine soziale Krise habe man mit den staatlichen Maßnahmen aber bislang gut abfangen können, sagte Sozialminister Rudolf Anschober (Grüne) am Donnerstag bei einer Pressekonferenz gemeinsam mit den Direktoren des Wifo und des IHS, Christoph Badelt und Martin Kocher. Präsentiert wurde der erste Teil eines Berichts zur sozialen Lage in Österreich seit Ausbruch der Pandemie, der vom Sozialministerium bei den beiden Instituten in Auftrag gegeben wurde. Ziel sei weiterhin, dass "aus der Corona-Krise keine Sozialkrise" werde, sagte Anschober. Er bekräftigte, dass Österreich bisher gut durch die Krise gekommen sei, man aber nicht nachgeben dürfe.

Arbeitslosigkeit bleibt hoch

Die tiefe Wirtschaftskrise führe natürlich auch zu sozialen Verwerfungen, sagte Kocher. Aktuelle Prognosen zeigten einen Einbruch des Bruttoinlandsprodukts um sechs bis sieben Prozent. Die Arbeitslosigkeit werde auch mittelfristig hoch bleiben. Zwar sind die Arbeitslosenzahlen seit dem Rekordwert von Mitte April mit 588.000 Jobsuchenden kontinuierlich gesunken. Ende September waren aber immer noch knapp 409.000 Personen ohne Job - um 22 Prozent mehr als vor einem Jahr. Österreich könne erst fünf Jahre nach Ende der Krise eventuell den Stand vor der Krise erreichen, meinte Kocher.

Durch die geringe Beschäftigung ergäben sich auch hohe Belastungen für die Sozialversicherungen, sagte der IHS-Direktor. Wie gut Österreich letztlich durch die Krise komme, hänge stark davon ab, wie lange diese noch dauern würde. Gehe es schon 2021 wieder bergauf, werde es in Österreich gut gelaufen sein. Bei längerer Dauer werde die Lage dagegen kritisch, meinte Kocher.

Badelt sprach von einer einzigartigen "Ausdehnung der Aktivität des öffentlichen Sektors" in der aktuellen Krise. Der bevorstehende Einbruch des Staatsdefizits von zehn Prozent innerhalb eines Jahres sei "einmalig". Die Staatsverschuldung werde um fast 15 Prozent von 70 auf fast 85 Prozent wachsen. Die staatlichen Maßnahmen seien dennoch die adäquate Reaktion auf die Corona-Krise gewesen, meinte Badelt. Die wirtschaftliche Krise sei nach wie vor massiv, habe durch die Maßnahmen der Bundesregierung aber stark abgefedert werden können.

Entscheidend für die sozialen Folgewirkungen der Krise werde sein, "was mit jenen passiert, die arbeitslos geworden oder in Kurzarbeit gekommen sind", sagte Badelt. Deshalb könnten die Staatsausgaben auch 2021 nicht zurückgefahren werden, sagte Badelt. "Das ist eine Illusion." Die Politik müsse weiter das Signal setzen, die Menschen nun nicht im Stich zu lassen. Dem Schuldenabbau könne man sich erst später widmen.

Auswirkungen "nicht massiv"

Laut der Studie hat das unterste Einkommensfünftel durch die Corona-Hilfen sogar an Einkommen (plus 0,7 Prozent) gewonnen. Gutverdiener, die in der Pandemie ihren Job verloren, hatten demnach den größten Einkommensverlust. Die Daten der Studie umfassen allerdings derzeit nur Unselbständige, wie Badelt betonte. Eine Detailsicht sei daher noch nicht möglich. Das "Gesamtaggregat" zeige aber, dass es mit den Staatshilfen gelungen sei, Einkommensverluste in Grenzen zu halten, sodass die Auswirkungen der Krise bisher "nicht massiv waren". Entscheidend seien nun Anreize, um aus der Kurzarbeit herauszukommen. Zudem dürften andere Ziele wie Pflegereform und Klimaschutz auch in der Pandemie nicht vergessen werden.

Er glaube, dass Österreich in der Krise relativ rasch und gut reagiert habe, ergänzte Kocher. Ob Fehler gemacht wurden, werde sich in vielen Fällen erst später zeigen.