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Wem der Ibiza-U-Ausschuss bisher geschadet hat

Von Daniel Bischof

Politik

Der Fokus hat sich auf die ÖVP verlagert. Finanzminister Blümel und Vorsitzender Sobotka erlitten Schrammen. Auch die Ermittlungsbehörden kamen nicht gut weg. Eine Analyse.


Eigentlich hätte er eine Schlüsselrolle spielen sollen, immerhin hat er das Ganze erst losgetreten. Doch zuletzt ist es um Heinz-Christian Strache im Ibiza-U-Ausschuss ruhig geworden. Wenn nicht gerade sein berüchtigter Sager "Novomatic zahlt alle" aufs Tapet gebracht wird, rangiert der Ex-Vizekanzler unter ferner liefen.

Der Fokus liegt derzeit nämlich auf der ÖVP. SPÖ, FPÖ und Neos versuchen, sie in das Ibiza-Konglomerat hineinzuziehen. Denn die Volkspartei kann bei den Untersuchungen auch am meisten verlieren. Während die FPÖ sich noch lange nicht von ihrem Absturz erholt hat und Strache mit seiner Splitterpartei eine untergeordnete Rolle spielt, schwebt die ÖVP weiterhin im Umfragehoch. Daran konnte die Opposition durch den Ausschuss auch bisher nichts ändern. Gröbere Schrammen fügte sie aber zwei führenden Politikern der Volkspartei zu.

Da wäre zunächst Finanzminister Gernot Blümel. Im Gegensatz zu Bundeskanzler Sebastian Kurz, der bei seiner Befragung sein rhetorisches Können auspackte, agierte Blümel plump. Der Finanzminister machte unzählige Erinnerungslücken geltend, 86 an der Zahl waren es laut SPÖ. Von einem Großteil der im Ausschuss behandelten Themen erfuhr er laut eigenen Angaben erst aus den Medien. Hängen blieb zudem seine Aussage, wonach er während seiner Ministerzeit unter Türkis-Blau über gar keinen Laptop verfügt habe.

Inwiefern Blümel in manche Themen doch eingeweiht war, ist Gegenstand der Untersuchungen. Bekannt gewordene SMS zwischen Blümel und Ex-Novomatic-Vorstand Harald Neumann zeigten zuletzt etwa, dass die beiden zu manchen Themen rund um die Casinos Austria konferierten. Dass Blümel sein U-Ausschuss-Auftritt Vorteile als Spitzenkandidat für die Wien-Wahl verschaffte, kann jedenfalls bezweifelt werden.

Vorsitzender unter Druck

"Die Geschichte mit dem Laptop von Gernot Blümel war schon ein wenig provozierend", meinte Nationalratspräsident Wolfgang Sobotka (ÖVP), Vorsitzender des U-Ausschusses. Auch seine Reputation hat zuletzt Schaden genommen. Bereits vor dem Start des Ausschusses hatte die Opposition bemängelt, dass Sobotka ein zu enges Verhältnis zum Glücksspielkonzern Novomatic pflege. Da der Konzern bei den Untersuchungen eine zentrale Rolle einnehme, sei Sobotka daher als Vorsitzender befangen, so die Kritik.

"Ich bin als Vorsitzender mit Sicherheit nicht befangen", sagte Sobotka, der auch Präsident des "Alois-Mock-Instituts" ist. Novomatic hat in der Zeitschrift des Vereins Inserate im Wert von 14.000 Euro geschaltet. Für Veranstaltungen des Instituts stellte der Konzern Räumlichkeiten, Technik und Buffets zur Verfügung. Insgesamt soll sich der Wert an Leistungen, inklusive der Inserate, auf rund 109.000 Euro belaufen.

Auch das von Sobotka dirigierte "Waidhofner Kammerorchester" wurde von Novomatic unterstützt. Weiters wurde zumindest eine Rechnung für den von Sobotka geführten niederösterreichischen Arbeitnehmerbund übernommen.

Die Verbindungen zwischen Sobotka und Novomatic stoßen mittlerweile auch dem Koalitionspartner sauer auf. Mehrere Grüne empfahlen Sobotka, das Amt zumindest vorläufig niederzulegen. "Ich an seiner Stelle würde den Vorsitz nicht länger ausüben, bis diese etwaigen oder tatsächlichen Widersprüche geklärt sind", meinte Vizekanzler Werner Kogler.

Sobotka denkt nicht daran. "Ich bin etwas zum Spielball der Politik geworden", beschwerte er sich am Wochenende in der "Kronen Zeitung". "Ich bin nicht befangen und muss mir diese Vorwürfe auch nicht gefallen lassen. Von niemandem. Und definitiv werde ich nicht abtreten."

Die ÖVP bringt die Causa Sobotka zunehmend in eine Zwickmühle - insbesondere, falls der Druck auf den Vorsitzenden anhält und weitere finanzielle Verbindungen bekannt werden. Legt Sobotka sein Amt zurück, könnte die Opposition argumentieren, dass die bisherigen Untersuchungen von einem befangenen Vorsitzenden geleitet und von der ÖVP beeinflusst wurden.

Misstrauen und zähe Debatten

Blümel und Sobotka sind nicht die Einzigen, die im Ausschuss bisher nicht gut ausgestiegen sind. Der Ausschuss zeigte das Misstrauen auf, das sich zwischen der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft und den polizeilichen Ermittlern im Bundeskriminalamt eingenistet hat. Über den Fund des Ibiza-Videos tauschten sich die Behörden nicht aus, wie eine heiße Kartoffel wurde es danach herumgereicht. Das Vertrauen in effektive und kooperative Ermittlungen wurde beschädigt.

Auch das Auftreten der Politiker im Ausschuss selbst bekommt keine hohen Haltungsnoten. Die Untersuchungen laufen oft zäh und unkultiviert ab. Abgeordnete aller Parteien mischen in ihre Fragen gerne Unterstellungen ein. Lautstarke und ermüdende Debatten um die Geschäftsordnung ruinieren den Befragungsfluss. Und verbal wird manchmal zum Bihänder gegriffen, wie der deftige Sager bewies, der Neos-Fraktionsführerin Stephanie Krisper entglitt.

Fonds im Fokus

Ob der Fokus nun auf der ÖVP bleibt oder sich Richtung Strache und FPÖ verschiebt, wird sich demnächst zeigen. Am Donnerstag steht der Privatanstalten-Finanzierungsfonds auf der Tagesordnung. Dabei handelt es sich um einen Fonds, aus dem Privatspitäler Geld bekommen, sofern sie medizinisch notwendige Leistungen für Pflichtversicherte erbringen.

Die Untersuchungen gehen der Frage nach, ob ein Privatklinik-Betreiber für die Aufnahme in den Fonds 2018 illegale Gegenleistungen an Strache erbracht hat. Strache und der Betreiber bestreiten das. Unter Türkis-Blau wurde auch das Volumen des Topfes erhöht, wovon wiederum auch ÖVP-Spender profitierten.