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Der Großteil der Pensionisten büßte Kaufkraft ein

Von Karl Ettinger

Politik

Trotz zahlreicher Extra-Erhöhungen der Pensionen lag nur die Steigerung bei Empfängern einer Ausgleichszulage seit 2004 deutlich über der Teuerungsrate. Besonders Bezieher höherer Pensionen kamen zum Handkuss.


Für Bezieher niedrigerer Pensionen wird es kommendes Jahr eine außertourliche Erhöhung ihrer Pensionen geben. Die Maßnahme, die in der türkis-grünen Regierung politisch akkordiert ist, wird voraussichtlich im November im Nationalrat beschlossen. Das ist notwendig, da die gestaffelte Pensionserhöhung, bei der ab 2021 Mindestpensionisten auf eine Ausgleichszulage von 1.000 Euro brutto im Monat kommen, von der generellen gesetzlichen Vorgabe für die Anpassung von 1,5 Prozent abweicht.

Die gut 200.000 Bezieher einer Ausgleichszulage, vielfach als Mindestpensionisten bezeichnet, sind jener Personenkreis, der in den vergangenen Jahren am meisten von den Pensionserhöhungen profitiert hat. Hingegen hat der Großteil der mehr als zwei Millionen Pensionsbezieher seit 2004 an Kaufkraft verloren.

Das geht aus Daten hervor, die die "Wiener Zeitung" aus Pensionsexpertenkreisen erhalten hat. Dabei wurde die Entwicklung unterschiedlich hoher Pensionen von Menschen unter die Lupe genommen, die 2004 neu in den Ruhestand getreten sind. Vor allem vor der Nationalratswahl 2008, bei der erstmals Werner Faymann für die SPÖ als Spitzenkandidat angetreten ist, und seit 2017, als im Dezember ÖVP-Obmann Sebastian Kurz erstmals Bundeskanzler geworden ist, ging die Kurve bei Erhöhungen der Ausgleichszulagen stark nach oben.

2005 war das einzige Jahr, in dem die Erhöhung der Mindestpensionen unter der Teuerungsrate lag. Nun steht die nächste deutliche Entwicklung nach oben bevor, weil die Ausgleichszulagen von 966 Euro im Monat extra erstmals auf 1.000 Euro brutto im Monat angehoben werden.

Höhere Mindestpensionen zur Armutsbekämpfung

Auf Nachfrage zur Entwicklung bei den Ausgleichszulagen stellt sich der Vorsitzende der Alterssicherungskommission, Walter Pöltner, hinter die außertourliche Erhöhung dieser sogenannten Mindestpensionen. Dabei handle es sich um "Armutsbekämpfung", erläutert er im Gespräch mit der "Wiener Zeitung". Der Staat wolle in Österreich ein menschenwürdiges Altern und ein halbwegs menschenwürdiges Dasein schaffen. "Das ist ein gesellschaftlicher Wert", betont Pöltner: "Wir reden von 1.000 Euro im Monat."

Dabei gehe es immer um das "Spannungsfeld zwischen Sozialprinzip und Versicherungsprinzip" bei den Pensionen, erklärt der Kommissionschef. Beim Sozialprinzip liegt der Schwerpunkt mangels ausreichend hoher und/oder langer Versicherungszeiten auf dem sozialen Aspekt einer Absicherung im Alter. Beim Versicherungsprinzip kommt hingegen stärker zum Tragen, wie viel jemand in die Pensionsversicherung eingezahlt hat.

Bis auf Bezieher ganz niedriger Eigenpensionen bleiben die Pensionisten längerfristig betrachtet hinter der Entwicklung der Teuerungsrate zurück, wie die Verlaufsgrafik zeigt. Dies, obwohl es in den vergangenen Jahren bis auf wenige Ausnahmen zu außertourlichen Erhöhungen zumindest der niedrigen und mittleren Pensionen gekommen ist. "Das war eine Pensionskürzung", fasst der Vorsitzende der Alterssicherungskommission zusammen.

Zweimal Erhöhungen weit unter der Teuerungsrate

Ein Hauptgrund liegt darin, dass nach einem Sparpaket 2012 der damaligen SPÖ-ÖVP-Bundesregierung die Pensionisten in zwei Jahren in Folge zur Kasse gebeten wurden. 2013 hätte die gesetzlich errechnete Pensionserhöhung bei 1,8 Prozent gelegen, um die Inflationsrate abzudecken. Mit dem im Stabilitätsgesetz 2012 beschlossenen Sparvorhaben wurde die Pensionserhöhung aber um einen Prozentpunkt auf 0,8 Prozent gedrückt. Im Jahr 2014 wurde als Folge des Sparpakets 2012 die Pensionserhöhung ein weiteres Mal gegenüber dem errechneten Wert der Anpassung gesenkt. Statt 1,6 Prozent wurden es daher nochmals nur 0,8 Prozent Pensionserhöhung.

Es blieb jedoch nicht bei den niedrigeren Pensionsabschlüssen in diesen beiden Jahren. Denn die Anhebungen deutlich unter der Teuerungsrate waren zugleich Basis für die jeweils folgenden Erhöhungen, haben damit weitergewirkt und sind auch durch spätere Pensionserhöhungen nicht kompensiert worden.

2015 war mit einer einheitlichen Erhöhung um 1,7 Prozent eines der wenigen Jahre seit 2004, in denen die Anhebung im Ausmaß der gesetzlichen Vorgaben und damit der errechneten Teuerungsrate erfolgt ist. Im Jahr 2016 kam zur gesetzlichen Pensionserhöhung um 1,2 Prozent noch eine Einmalzahlung dazu.

Für das Jahr 2017 erfolgte die Pensionserhöhung einheitlich um 0,8 Prozent. Im Herbst 2016 war allerdings noch nicht absehbar, dass die rot-schwarze Bundesregierung rund ein Jahr vor dem Ende der Legislaturperiode brechen und damit 2017 ein Wahljahr wird, in dem die ältere Generation traditionell besonders umworben wird. Grund war die Übernahme der ÖVP-Obmannschaft durch Sebastian Kurz im Mai 2017.

Trotz mehrerer außertourlicher Pensionserhöhungen seit dem Jahr 2004 kamen vor allem Bezieher höherer Pensionen gleichzeitig zum Handkuss. Vor allem Empfänger von Pensionen über der ASVG-Höchstpension, das waren vor allem Beamte in höheren Funktionen, mussten sich mehrmals mit Erhöhungen deutlich unter der Inflationsrate oder mit Fixbeträgen, die unter der Teuerungsrate lagen, zufriedengeben. Auch das lässt sich aus den Daten über die Entwicklung der Pensionserhöhungen für Pensionsneuzugänge 2004 klar ablesen. Manche Experten sehen das als ein Abgehen vom Versicherungsprinzip und eine Art Bestrafung jener Pensionisten an, die zuvor lange hohe Beiträge in die Pensionsversicherung eingezahlt haben.

Magere Erhöhungen für Pensionen ab 3.400 Euro

Insgesamt lagen die höchsten Pensionserhöhungen bei 36,1 Prozent in diesen 16 Jahren, davon profitierten Pensionisten mit bis zu 700 Euro Pension im Monat. Bei Pensionen bis 1.900 Euro im Monat lag die Erhöhung insgesamt bei mehr als 30 Prozent. Bei höheren Pensionen schmolz hingegen die Gesamterhöhung teils beträchtlich. Bei 3.000 Euro im Monat lag sie bei 13,2 Prozent, bei 3.400 Euro bei 3,8 Prozent.