Zum Hauptinhalt springen

Handels-Gutscheine als Anreiz für Corona-Tests angedacht

Von Karl Ettinger

Politik

Die türkis-grüne Bundesregierung überlegt, wie sie die niedrige Beteiligung der Bevölkerung an den Massentests im Jänner steigern kann. Ökonom Kocher sagt: "Individuelle Anreize funktionieren gut."


Rund zwei Millionen Menschen in Österreich haben an den Corona-Massentests, deren erste Runde am Dienstag im Burgenland zu Ende geht, teilgenommen; 4.200 Personen wurden dabei positiv auf das Coronavirus getestet. Auch wenn sich Gesundheitsminister Rudolf Anschober (Grüne) damit mehr als zufrieden zeigt ("ein gelungener Start"), herrscht in den Bundesländern, die mit viel Aufwand die Tests seit 4. Dezember organisiert haben, Ernüchterung. In Wien lag die Beteiligung nach vorläufigen Zahlen nur bei 13 Prozent, in Niederösterreich war sie mit rund 36 Prozent - also einem guten Drittel der Bevölkerung - am höchsten.

Es steht bereits fest, dass es im Jänner eine zweite Runde der Corona-Massentests geben wird. Die Bundesregierung denkt daran, mit speziellen Anreizen die Beteiligung dabei zu erhöhen. In Überlegung ist dabei auch eine Variante, mit kleinen Gutscheinen für den Handel gleichzeitig dieser Wirtschaftssparte unter die Arme zu greifen. Weder im Gesundheitsministerium noch im Bundeskanzleramt wollte man sich am Montag aber auf konkrete Pläne endgültig festlegen.

Kein Bargeld als Anreiz

Fest steht: Es wird sich nicht um einen Anreiz in Form von Bargeld handeln. Möglich ist auch eine Variante - im Gegensatz oder additiv zu Anreizen mittels Gutscheinen für Teilnehmer an Massentests -, dass künftig über Regionen mit besonders vielen Corona-Neuinfektionen Quarantäne verhängt wird - ähnlich wie schon im Frühjahr etwa für Ischgl, St. Anton oder Heiligenblut. Ein Corona-Test könnte dann als Anreiz angeboten werden, um sich "freizutesten" und damit das Quarantänegebiet verlassen zu dürfen.

Bundeskanzler ÖVP-Obmann Sebastian Kurz hat ein Anreizsystem zur Steigerung der Beteiligung an Massentests Ende der Vorwoche aufs Tapet gebracht. In Anschobers Büro im Gesundheitsministerium gab man sich am Montag zugeknöpft. "Wir sind derzeit in der Phase der Evaluierung und überprüfen dabei auch Erfordernis und Sinnhaftigkeit von Anreizmodellen", wurde der "Wiener Zeitung" erklärt.

Länder wollen nicht mitzahlen

Eines steht auch fest: Der Bund wird etwaige Anreize aus dem Budget und damit aus Mitteln der Steuerzahler zahlen müssen. In den Bundesländern, wo man schon mit der von Kurz Mitte November ohne Rücksprache mit den Ländern für die Zeit vor Weihnachten angekündigten Massentests keine wirkliche Freude hatte, will man sich nicht an eventuellen Kosten für Anreize beteiligen. Das machte in der Öffentlichkeit der Kärntner Landeshauptmann Peter Kaiser (SPÖ) deutlich.

Der Direktor des Instituts für Höhere Studien (IHS), Martin Kocher, beschäftigt sich seit Jahren mit der Verhaltensökonomie und unter anderem mit Fragen, wie erwünschtes Verhalten angereizt werden kann. Der individuelle Nutzen, sich an Tests zu beteiligen, ist nicht sehr groß, man erhält nur für einen Tag Gewissheit, nicht infiziert zu sein. Auf der anderen Seite kostet es Zeit, je nach Wohnort sogar ein paar Stunden, und angenehm ist die Prozedur auch nicht. Der Nutzen kommt nur indirekt, und nicht einmal sicher, über eine geringere Inzidenz.

Um diesen externen Inhalt zu verwenden, musst du Tracking Cookies erlauben.

"Individuelle Anreize funktionieren ganz gut", sagt Kocher. Zumindest meistens. Es gibt auch Beispiele, bei denen das Gegenteil der Fall ist, wenn nämlich (finanzielle) Anreize die intrinsischen Motive verdrängen. "Wenn man für Blutspenden etwas bezahlt, gehen weniger hin, das haben empirische Studien gezeigt", sagt Kocher. In Österreich gibt es meistens Würstel und ein Getränk, also eine kleine Anerkennung, diese verdränge das hehre Motiv, sein Blut zu spenden, nicht. Finanzielle Anreize werden hingegen als nicht angemessen empfunden.

Angesichts der geringen Beteiligung bei den Massentests sieht der IHS-Chef diese Gefahr aber im konkreten Fall nicht, die intrinsische Motivation ist offenkundig nicht sehr ausgeprägt. Doch welche Lockmittel kann man einsetzen? Trivial ist es nicht, weil Gutscheine für beispielsweise die Gastronomie wiederum unerwünschtes Verhalten anreizen könnten, wenn dann mehr Menschen in Lokalen essen gehen und die Zahl der Kontakte dadurch wieder zunimmt. Abgesehen davon ist es fraglich, ob die Gastronomie Anfang Jänner tatsächlich aussperren kann.

Anreize bei häufigen Test

Die Infektionszahlen könnten ein Abweichen von diesem Plan nötig machen. Anreize würden grundsätzlich aber auch wirken, wenn sie nicht sofort schlagend werden, sagt Kocher. Negative Anreize - in der Slowakei mussten Verweigerer in Quarantäne - kennt die Verhaltensökonomie auch. Das funktioniere einmal ganz gut. "Aber will man öfter testen, braucht es positive Anreize", sagt Kocher.

Auf die ersten Massentestungen könne man jedenfalls nun gut aufbauen und sie weiterentwickeln - für eine zweite Runde nach den Feiertagen, für Tests von bestimmte Berufsgruppen und für Testungen in Regionen mit einem besonders hohen Infektionsgrad, sagte Anschober

In Wien ist die Enttäuschung über die geringe Teilnahme an den Massentests groß. Nur 234.889 Personen haben den drei Testcentern einen Besuch abgestattet. Das sind allerdings nur rund 13,5 Prozent aller testberechtigten Wienerinnen und Wiener ab sechs Jahren. Ausgelegt war das Setting für 1,2 Millionen Menschen. Großes Wegräumen ist jedenfalls nicht angesagt, denn im Jänner soll wieder getestet werden.