Österreich steht ein dritter harter Lockdown bevor. Nach den Weihnachtsfeiertagen wird das öffentliche Leben bis 18. Jänner erneut auf ein Minimum heruntergefahren. Das kündigte die Regierungsspitze nach einer Konferenz mit den Landeshauptleuten am Freitagabend in einer Pressekonferenz an. Handel und körpernahe Dienstleistungen müssen nach Weihnachten schließen – mit den bekannten Ausnahmen Supermärkte und Apotheken. Auch die Gastronomie bleibt zu und darf entgegen einer früheren Ankündigung nicht schon ab 7. Jänner öffnen.
Die derzeit nur nachts geltenden Ausgangsbeschränkungen werden wieder auf den ganzen Tag ausgedehnt. Auch beim Zeitplan für die Schulen steht eine Änderung bevor: Statt wie zuletzt verkündet, soll der Unterricht nicht am 11., sondern schon am 7. Jänner starten – mittels Distance Learning. Präsenzunterricht ist dann wieder ab 18. Jänner geplant.
Massentests mit weniger Freiwilligkeit
Gegenüber den vergangenen Lockdowns ist eine Änderung für die Wiederöffnung geplant: Für 15., 16. und 17. Jänner sollen neue österreichweite Massentests angesetzt werden. Diesmal mit faktisch etwas eingeschränkter Freiwilligkeit – offenbar als Folge der niedrigen Beteiligung an der ersten Massentest-Runde, die deutlich unter den Erwartungen geblieben war: Wer sich zwischen 15. und 17. Jänner nicht testen lässt, muss eine weitere Woche in Heimquarantäne bleiben. Nur mit negativem Testergebnis dürfen Geschäfte und Gastronomie besucht werden.
Eine Strategie dieser Art hatte im Vorfeld bereits Wirtschaftskammer-Präsident Harald Mahrer gefordert: Im Kern einer schrittweisen Öffnungsstrategie solle das Tracing und Tracking mittels App und großflächiges Testen stehen. Um höhere Testbereitschaft zu erreichen, schlug Mahrer Testungen im Austausch für mehr persönliche Freiheit vor. Wer ein aktuelles negatives Testergebnis vorweisen könne, solle wieder in Lokale, Kino oder Theater gehen können.
Die neue Öffnungsstrategie der Bundesregierung wirft freilich manche Frage auf – etwa jene nach dem genauen Modus der Kontrolle. So war schon die Registrierungspflicht bei vielen Lokalbetreibern auf wenig Gegenliebe gestoßen. Die Kontrolle von Testbescheiden dürfte bei Gastronomen kaum beliebter sein. Fragen der genauen Umsetzung stellen sich dann auch für den Handel.
Für Unklarheit sorgte im Vorfeld zudem die Frage, wie die Massentestung in der Millionenstadt Wien umgesetzt werden könnte. In drei Tagen an einem Wochenende könne jedenfalls definitiv nicht die ganze Hauptstadt durchgetestet werden, hieß es aus dem Büro von Gesundheitsstadtrat Peter Hacker (SPÖ) gegenüber der "Wiener Zeitung".
Scharfe Kritik von FPÖ und Neos
Die Oppositionsparteien FPÖ und Neos kritisierten die Pläne indessen scharf und sprachen von "Chaos" in der türkis-grünen Regierung. ÖVP und Grüne würden einen "faktenbefreiten" Lockdown mit "Zwangstestungen" durch die Hintertür kombinieren, kritisierte FPÖ-Klubchef Herbert Kickl. Der Weg zu einer "Zwangsimpfung" sei nicht weit. "Die Bundesregierung versucht, beim Krisen-Management in drei Richtungen gleichzeitig zu gehen. Das Ergebnis ist völliges Chaos", sagte indessen Neos-Vize-Klubchef Gerald Loacker. Besonders hart sei das für Unternehmer.
Auch Wissenschaftler äußerten sich zu den Plänen. Einig war man sich, dass die weiter hohen Fallzahlen es nötig machten, die Neuinfektionen stark zu drücken. Ein neuer Lockdown sei dazu voraussichtlich wirksam. Zu den Massentests orteten Eva Schernhammer von der MedUni Wien, Gesundheitsökonom Thomas Czypionka vom IHS und Peter Klimek vom Complexity Science Hub Vienna am Freitag aber viele Fragezeichen.
Massentests halte sie für gut, allerdings nur, wenn sie in eine sinnvolle Gesamtstrategie eingebettet seien, so Schernhammer. Einzelne Massentests würden dagegen wenig bewirken. Laut Klimek könnte ein neuer Lockdown die Fallzahlen auf bis zu ein Drittel reduzieren. Für epidemiologisch sinnvoller hielt er es aber, Teststrategien an ein Fallzahlenniveau zu koppeln statt an ein bestimmtes Datum. Czypionka erschienen die angekündigten Maßnahmen "grundsätzlich gut". Denn aus epidemiologischer Sicht graue ihm vor den Weihnachtsfeiern. Den Zeitpunkt der Massentests direkt nach dem Lockdown hielt er aber für falsch.