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"Freitesten" nach Lockdown hängt in der Luft

Von Karl Ettinger

Politik

Noch fehlt das nötige Gesetz der türkis-grünen Koalition, das die Voraussetzungen für den Besuch von Handel und Lokalen ab 18. Jänner regelt. SPÖ, FPÖ und Neos können das Vorhaben im Bundesrat hinfällig machen.


Es ist eine Ungewissheit mehr im  Zuge der Bekämpfung des Coronavirus in Österreich. Seit 26. Dezember null Uhr gilt der dritte Lockdown samt weitreichender ganztägiger Ausgangssperren mit nur bestimmten Ausnahmen. Nach dem geplanten Ende am 18. Jänner streben ÖVP und Grüne eine neue Phase an, bei der nur Menschen, die zuvor einen Coronatest absolviert haben, bis 25. Jänner frei geöffnete Geschäfte und Lokale besuchen dürften. Abgesehen davon, dass die gesetzliche Basis für diese von der Regierung als "Freitesten" bezeichnete Variante erst in einer Sondersitzung des Nationalrats in der ersten Jännerhälfte beschlossen werden muss, hat es die vereinigte Opposition im Bundesrat in der Hand, den Plan durch ein Nein im Bundesrat um Wochen zu verschieben und damit hinfällig zu machen.

Wie ÖVP und Grüne das Freitesten nach dem Ende des Lockdowns am 18. Jänner gesetzlich genau regeln werden, ist noch ungewiss. Im Nationalrat liegt vorerst nur ein türkis-grüner Antrag ohne Inhalt. Verfassungsexperten bezweifeln, dass es per Gesetz möglich sein wird, eine Lösung zu finden, mit der indirekt eine Testpflicht vorgeschrieben wird, weil man sonst eine Woche länger aus Geschäften und Gaststätten ausgeschlossen bleibt. Fix ist, dass in den Bundesländern von 15. bis 18. Jänner 2021 eine zweite Runde von Corona-Massentests durchgeführt wird, in Wien von 8. bis 17. Jänner 2021 früher.

Koalitionswerben um die SPÖ

Während sich die Koalitionsparteien ÖVP und Grüne bemühen, einen ausformulierten Text für das geplante Freitesten ab 18. Jänner zu finden, läuft gleichzeitig das Werben um die Zustimmung der SPÖ im Bundesrat. Auf Regierungsseite war das bei der Sondersitzung des Nationalrats am 21. Dezember deutlich spürbar. Da hat vor allem auch Bundeskanzler ÖVP-Obmann Sebastian Kurz erstmals während der mehrmonatigen Corona-Krise seit März explizit lobende Worte für die SPÖ und deren Unterstützung bei manchen Gesetzen und Projekten gefunden. Vizekanzler Grünen-Chef Werner Kogler hat sein Lob ausdrücklich an SPÖ-Chefin Pamela Rendi-Wagner gerichtet.

Damit soll für ein Mitziehen der größten Oppositionspartei im Parlament geworben werden, wo man der "indirekten Testpflicht" ab 18. Jänner aber skeptisch gegenübersteht. Die SPÖ hat sich ihr konkretes Verhalten bisher offen gelassen. Man setzt vorerst auf Zeit und wartet ab, wie die genaue Formulierung des Gesetzestextes im türkis-grünen Antrag lauten wird.

Gleichzeitig buhlt die FPÖ, die eine "Testpflicht" glatt ablehnt, um SPÖ und Neos. Die Freiheitlichen haben beide Parteien bereits dazu eingeladen, dem Vorhaben der türkis-grünen Koalition für die Zeit von 18. bis 25. Jänner eine Abfuhr zu erteilen. FPÖ-Klubobmann Herbert Kickl und der freiheitliche Fraktionschef im Bundesrat, Christoph Steiner, haben knapp vor Weihnachten appelliert, gemeinsam das "Hausarrest"-Gesetz der Koalition zu verhindern, weil bei einem Verweigern des Massentests Betroffene ab 18. Jänner praktisch zu "Hausarrest" gezwungen seien. Die FPÖ werde im Bundesrat "sicher nicht zustimmen".

Neos können im Bundesrat Ausschlag geben

Im Bundesrat lautet das Kräfteverhältnis nach der Wien-Wahl im Oktober zwischen Türkis-Grün und Rot-Blau 30 zu 30. Den Ausschlag kann damit der neue Neos-Bundesrat Karl-Arthur Arlamovsky geben, der seit wenigen Wochen erstmals in der Länderkammer Sitz und Stimme hat. Bei den Neos dominiert aber ähnlich wie bei der SPÖ die Position, dass man die Bedingung des Freitestens als Eingriff in Persönlichkeits- und Freiheitsrechte sieht, während man die Corona-Epidemie auch mit anderen Mitteln bekämpfen könnte.