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Blaues Schielen nach Rechtsaußen bringt Hofer in die Klemme

Von Karl Ettinger

Politik

FPÖ-Generalsekretär Schnedlitz war ebenso wie Identitären-Chef Sellner und Gottfried Küssel bei Anti-Corona-Demo gegen Regierung.


Nach der Ausrufung des verlängerten Lockdowns durch die türkis-grüne Bundesregierung am Sonntag war FPÖ-Klubobmann Herbert Kickl am Montag ganz in seinem Element. "Totalitäre Anwandlungen" hielt der blaue Fraktionsführer im Hohen Haus der Bundesregierung vor. Wegen Amtsmissbrauchs beim Lockdown will die FPÖ eine Ministeranklage gegen Gesundheitsminister Rudi Anschober (Grüne) einbringen. Zum Drüberstreuen kündigte Kickl auch Strafanzeige gegen den Minister an. Die Erklärungen der Regierungsspitze zur Verschärfung der Corona-Maßnahmen ab 25. Jänner fasste er so zusammen: "Wir haben das übliche Geschwafel gehört."

Die FPÖ geht nicht nur weiter verbal voll auf Konfrontation mit der Koalition – auch wegen der am 27. Dezember angelaufenen Corona-Impfungen. FPÖ-Generalsekretär Michael Schnedlitz ging am Samstag bei der Demonstration in Wien auf die Straße. An dieser haben neben Corona-Leugnern und Regierungskritikern laut Polizeiangaben auch der Sprecher der rechtsaußen angesiedelten Identitären, Martin Sellner, und der mehrfach verurteilte Neonazi Gottfried Küssel teilgenommen. Das störte den FPÖ-Generalsekretär nicht. Er wolle "auf Augenhöhe" mit der Bevölkerung gegen das Chaos der Regierung protestieren, ließ er via "oe24TV" wissen. "Es ist ein Skandal, die zigtausenden Menschen pauschal als Rechtsextreme zu verunglimpfen", teilte er dann mittels Aussendung mit.

Hofer in der Klemme

Schnedlitz bereitet als rechte Hand von FPÖ-Bundesparteiobmann Norbert Hofer diesem Zores. Schon Ende November hat dieser Hofer, der auch Dritter Nationalratspräsident ist, in die Klemme gebracht, weil er erklärt hatte, mit der "Distanziererei" wie während der Beteiligung an der ÖVP-FPÖ-Bundesregierung müsse es "vorbei" sein. Der FPÖ-Obmann verwies damals umgehend, dass sich diese Aussagen auf einen Einzelfall in Salzburg bezogen haben und dass der FPÖ-Vorstandsbeschluss, der verbietet, aktives Mitglied der rechtsextremen Identitären und FPÖ-Funktionär zu sein, aufrecht sei. Ende Dezember platzte Hofer in der "ZiB2" bei der Frage nach dem Verhältnis zu den Identitären der Kragen. Diese "Miniminigruppe" sei ihm egal, er wolle sich damit nicht auseinandersetzen. Schon 2016 hatte Schnedlitz als Kommunalpolitiker eine Abordnung der Identitären Bewegung bei einer Kundgebung in Wiener Neustadt willkommen geheißen.

Für Hofer erfolgte die Anwesenheit bei der Demonstration am Samstag in Wien mit einer anderen Intention. Schnedlitz habe "mit seiner Anwesenheit jene tausenden besorgten Bürger unterstützt, die um ihre Existenz bangen", wurde in einer schriftlichen Stellungnahme des FPÖ-Chefs betont. "Österreich steht vor einer neuen Armut", betroffen seien auch Personen, die niemals mit einem solchen Schicksal gerechnet hätten. "Diesen Menschen gilt unsere ganze Aufmerksamkeit, und sie hätten es auch verdient, die gebührende mediale Aufmerksamkeit zu erhalten", betonte der FPÖ-Obmann. Es handle sich in vielen Fällen um berührende Schicksale, "die Politiker und Journalisten gleichermaßen aufrütteln müssen."

Medien in der Pflicht

Die FPÖ versucht damit auch die Medien in die Pflicht zu nehmen, um kritischer über das Corona-Krisenmanagement der Bundesregierung zu berichten. Sie ist weiterhin bemüht, nach dem Absturz bei der Nationalratswahl 2019 auf bundespolitischer Ebene stärker Fuß zu fassen, indem sie die wachsende Frustration der Bevölkerung über die seit zehn Monaten andauernde Corona-Krise auf ihre Parteimühlen lenkt. Dem dient auch die Unterstützung eines Volksbegehrens gegen einen Impfzwang, das seit Montag, wie zwei weitere Volksbegehren, eine Woche lang zur Unterschrift aufliegt. Die FPÖ mit Hofer will politisch mitprofitieren, wo es gegen Corona-Maßnahmen geht. Daher solidarisierte er sich auch mit jenen rund 150 Wirten, die die Schließung der Lokale nicht mehr hinnehmen wollen.

Das Protestieren mit diversen anderen Gegnern der Corona-Maßnahmen bis zu weit rechtsaußen angesiedelten Kreisen nimmt offenbar Zeit in Anspruch. Denn eines der zentralen Anliegen, die der FPÖ-Chef im Herbst 2019 nach der Wahlschlappe angekündigt hat, ist zumindest öffentlich gut ein Jahr später nicht umgesetzt. Nach der Ibiza- und Spesen-Affäre um Ex-FPÖ-Obmann Heinz Christian Strache waren im Jänner des Vorjahres von Hofer und seinem Stellvertreter, Oberösterreichs Vizelandeshauptmann Manfred Haimbuchner, bis Ende 2020 strengere Regeln versprochen worden. Unter dem Motto "Heimat neu denken" sollte unter Federführung des blauen Welser Bürgermeisters Andreas Rabl der FPÖ-Kurs außerdem inhaltlich neu abgesteckt werden. Auf beides warten die Österreicher, was Kickl, ginge es um Konzepte der Regierung, dieser längst um die Ohren gehaut hätte. Haimbuchner hat spezielles Interesse an einer Abgrenzung vom rechten "Narrensaum" (Haimbuchner) , er muss im September eine Landtagswahl schlagen. Proteste, an denen auch Identitäre teilnehmen, bringen ihn wie Hofer eher in die Klemme.