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BVT-Spion soll Geheimnisse verkauft haben

Politik
Der Schaden durch den Geheimnisverrat könnte immens sein. stock.adobe / Atstock Productions
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Ex-BVT-Abteilungsleiter hat laut Medienbericht gestanden, Staatsgeheimnisse gegen Bezahlung verscherbelt zu haben. Neben dem flüchtigen Ex-Wirecard-Vorstand Marsalek sollen auch politische Kreise davon profitiert haben.


Die Affären rund um das Bundesamt für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung (BVT) ziehen immer weitere Kreise. Die "Kronen Zeitung" berichtete am Dienstag, dass Ex-BVT-Abteilungsleiter W. bei seiner polizeilichen Einvernahme zugegeben hat, Staatsgeheimnisse und personenbezogene Daten verkauft zu haben.

Informationen sollen etwa an Ex-Wirecard-Vorstand Jan Marsalek geflossen sein. W. soll gemeinsam mit dem Ex-Nationalratsabgeordneten Thomas Schellenbacher (FPÖ) Marsaleks Flucht nach Weißrussland orchestriert haben. Laut "Kronen Zeitung" profitierten aber auch nicht näher genannte politische Kreise vom Geheimnisverrat. W. soll dafür dutzende Abfragen auf seinem Dienstcomputer gemacht und pro Abfrage bis zu 1.500 Euro kassiert haben.

Bei seiner ausführlichen Einvernahme dürfte W. sich äußerst kooperativ gezeigt haben, wie mehrere Medien berichteten. Das könnte auch ein Grund dafür gewesen sein, warum W. nach seiner Festnahme wieder freigelassen wurde. Die Staatsanwaltschaft Wien nahm jedenfalls keinen Haftgrund an und beantragte keine Untersuchungshaft.

Laut dem Ö1-"Mittagsjournal" belastete W. bei seiner Einvernahme auch seinen langjährigen Vertrauten O. Dieser arbeitete früher ebenfalls beim Verfassungsschutz. Er geriet dort aber ins Zwielicht, weil er geheime Daten auf seine private Mailadresse verschickt haben soll. Auch der Vorwurf der Spionage für Russland steht im Raum.

Zuletzt war O. bei der Sicherheitsakademie des Innenministeriums beschäftigt. Nach seiner Verhaftung am Sonntag wurde er suspendiert. Bei seiner Festnahme soll O. heftigen Widerstand geleistet und versucht haben, Beweismaterial zu vernichten.

Verbindungen nach Russland

Welche Geheimnisse verraten wurden und wann die Abfragen stattgefunden haben, ist nicht bekannt. Der Schaden könnte aber immens sein: W. hatte im BVT eine wichtige Position inne. Er leitete die Abteilung "Informationsbeschaffung und Ermittlung". Sie ist mit rund 200 Mann die größte und wichtigste Abteilung im BVT und für das operative Nachrichtendienst-Geschäft zuständig.

Trotz seiner Führungsposition dürfte W. auf höhere Weihen und den Posten des BVT-Vizedirektors geschielt haben, den er aber nicht bekam. Im Jahr 2016 ging W. in den Krankenstand und wurde karenziert, seit 2017 ist er laut Innenministerium nicht mehr im BVT tätig. "Es soll offene Rechnungen gegeben haben", sagte der Nachrichtendienstexperte Thomas Riegler zur "Wiener Zeitung". Mit der ÖVP, die im BVT den Ton angibt, soll W. "spinnefeind" gewesen sein. Dazu passt, dass W. bei der BVT-Razzia im Februar 2018, welche vom FPÖ-geführten Innenministerium initiiert wurde, als einer der Hauptbelastungszeugen diente.

Fraglich ist, wie ausländische Partnerdienste die jüngsten Affären aufnehmen werden. Das BVT wird nicht erst seit der Razzia mit Argusausgen betrachtet. Seit geraumer Zeit befürchten die ausländischen Partner, dass vom BVT Informationen nach Moskau fließen könnten. Auch in der jetzigen Affäre offenbaren sich mögliche Verbindungen nach Russland: Marsalek soll gute Kontakte zu den russischen Nachrichtendiensten gepflegt haben. Auch wird immer wieder spekuliert, dass der flüchtige Ex-Wirecard-Vorstand in Russland untergetaucht sein könnte. W. war laut "Presse" ebenfalls gut in der austro-russischen Gemeinschaft vernetzt.

In Deutschland führen die jüngsten Vorkommnisse zu ersten Diskussionen: Laut Medienberichten wollen Linke, FDP und Grüne W. in den Wirecard-Untersuchungsausschuss als Zeugen vorladen. Sie erhoffen sich, dadurch mehr über Marsaleks Flucht und andere Hintergründe zum Bilanzskandal zu erfahren.

Opposition kritisiert angebliche ÖVP-Pläne

Wirbel gab es am Dienstag in Österreich auch an anderer Front: Die Opposition kritisierte angebliche Pläne der ÖVP für ein Sicherheitsministerium, in dem das Verteidigungs- und Innenministerium fusioniert werden sollen. Sie bezieht sich auf einen Beitrag des Juristen Alexander Balthasar, einem engen Mitarbeiter von Generalsekretär Dieter Kandlhofer, in einer Sondernummer der "Österreichischen Militärischen Zeitschrift" (ÖMZ). Die Quintessenz des Textes laute, dass der Weg für ein Sicherheitsministerium geebnet und damit praktisch die Auflösung des Bundesheers betrieben werden solle.

Die Opposition verwies darauf, dass ein Mitarbeiter Tanners im Sommer vor Journalisten bereits ähnliche Pläne vorgestellt hat. Das Vorhaben wurde nicht nur von der Opposition abgelehnt. Verteidigungsministerin Claudia Tanner (ÖVP) wurde von Bundespräsident Alexander Van der Bellen zu einem Rapport bestellt, woraufhin Tanner die Pläne drastisch entschärfte.(dab)