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Virusmutationen bremsen Öffnung

Von Martin Tschiderer

Politik

Die Bundesregierung wird am Montag verkünden, ob der Lockdown verlängert oder aufgeweicht wird. Die Infektionszahlen sind weit vom Ziel entfernt. Länder und Wirtschaft machen aber Druck für Öffnungsschritte.


Im "Wettlauf gegen das Virus" hat sich die Politik einen hinkenden Fuß eingefangen. Mit der Zulassung des ersten Impfstoffes Ende des Vorjahres schien sich noch ein kleiner Vorsprung durch den "Game Changer" in der Pandemie-Bekämpfung abzuzeichnen. Wenige Wochen später ist klar: Nicht nur die Impfung, auch die sich schnell ausbreitende britische Virus-Variante war ein "Game Changer".

In Kombination mit den massiven Verzögerungen bei den Impfstofflieferungen wuchs sich die deutlich ansteckendere Mutante B.1.1.7 zum großen Bremsklotz für Öffnungsschritte aus. Pläne dazu waren gemeinsam mit neuen Maßnahmen - Stichwort "Reintesten" und einfache Heimtests für zuhause - eigentlich schon fertig in der Schublade gelegen.

Dass das nächste avisierte Lockdown-Ende am 7. Februar tatsächlich großflächige Lockerungen bringen wird, erwarten indessen nur wenige. Die britische wie auch die südafrikanische Mutation wurden in Österreich bereits mehrfach nachgewiesen. Erst am Donnerstag tauchten zwei neue Verdachtsfälle in zwei Salzburger Kindergärten auf. Die Schulen, seit Wochen im digitalen Heimunterricht, harren zwar einer Öffnung. Selbst ein geplantes Teil-Aufsperren im Schichtbetrieb ist aber keineswegs gegessen.

Landeshauptleute wollen Präsenzunterricht

Ihre Entscheidung über mögliche Lockerungen ab 8. Februar oder eine Verlängerung des Lockdowns wird die Regierung jedenfalls am Montag bekannt geben. Um 13 Uhr soll ein Treffen mit den Landeshauptleuten unter Einbeziehung von Experten stattfinden. Mit den Oppositionschefs will die Regierung noch davor, um 11.30 Uhr, videokonferieren. In Regierungskreisen ließ man sich am Freitag noch nicht in die Karten blicken, in welche Richtung ihre Entscheidung gehen könnte.

Tatsächlich ist die Weichenstellung ein schwieriges Dilemma. Einerseits gehen die Infektionszahlen trotz bereits fünf Wochen harten Lockdowns kaum zurück. Mit genau 1.500 Neuinfektionen von Donnerstag auf Freitag lag die Zahl sogar über dem Sieben-Tages-Schnitt von 1.406 in der vergangenen Woche. Auch die Zahl der Covid-Toten stieg um 51 auf insgesamt 7.658. Von einer als Ziel ausgegebenen Inzidenz von 50 war man am Freitag mit 110,6 ebenso weit entfernt wie in den vergangenen Tagen.

Selbst die Übersterblichkeit durch Covid-19 könnte in Österreich noch höher sein als angenommen. Offiziell wurden im Vorjahr 6.500 Corona-Tote registriert. Laut Wiener Landesstatistik könnten aber tatsächlich 8.400 Menschen mehr verstorben sein als in "normalen" Jahren, auch wenn die Statistiker noch zu Vorsicht bei diesen Zahlen mahnten.

Gleichzeitig macht sich in der Bevölkerung eine zunehmende Müdigkeit breit, die scharfen Kontaktbeschränkungen weiter mitzutragen - was wiederum entscheidend zu den kaum sinkenden Infektionszahlen beitragen dürfte. Und: Der Druck auf die Regierung, Lockerungsschritte zu beschließen, nimmt von mehreren Seiten massiv zu.

Im Vorfeld des Treffens am Montag sprachen sich bereits mehrere Landeshauptleute für Öffnungen bei Schulen und im Handel aus. Allen voran Tirols Landeschef Günther Platter (ÖVP) warnte vor einem "Kippen" der Stimmung in der Bevölkerung und plädierte für ein Aufsperren. Auch Michael Ludwig in Wien und Peter Kaiser in Kärnten (beide SPÖ) sprachen sich für vorsichtige Öffnungsschritte aus. Unterstützung erhielt deren Linie etwa vom Innsbrucker Infektiologen Günter Weiss, auch Mitglied der Corona-Taskforce im Gesundheitsministerium. Es gelte, die "erschöpfte und perspektivlose Bevölkerung wieder ins Boot zu holen", sagte er in der "Presse".

Einreisebestimmungen werden erneut verschärft

Massives Drängen auf Öffnungsschritte kommt zudem von Handelsvertretern. Es gehe mittlerweile ums "unternehmerische Überleben", ließ die Handelsobfrau der Wirtschaftskammer Wien, Margarete Gumprecht, am Freitag in einer Aussendung wissen. Das Aufsperren mit 8. Februar sei entscheidend, um die Liquidität der Betriebe zu sichern. Mit Teststrategien, Mindestabständen und der FFP2-Maskenpflicht sei man auf eine Öffnung vorbereitet.

Bereits fix anvisiert ist dagegen eine weitere Verschärfung: Die Einreisebestimmungen nach Österreich sollen demnächst erneut strenger, der Entwurf dazu nächste Woche finalisiert werden. Auch Grenzpendler müssen dann bei der Einreise einen negativen Corona-Test vorlegen - oder in Quarantäne, von der sie bislang ausgenommen waren.