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Massentest mit Verspätung

Von Simon Rosner

Politik

Die Lockerung der Regierung bringt die Länder unter Zugzwang. Sie müssen mehr Tests anbieten.


Die Öffnungsschritte ab dem 8. Februar werden mit der Notwendigkeit, begleitet, sich testen zu lassen. Das gilt sowohl für körpernahe Dienstleister (Friseurinnen, Fußpfleger, etc.), aber auch für die Kundinnen und Kunden. Das negative Testergebnis darf dabei nicht länger als 48 Stunden zurückliegen. Bereits jetzt wird in Schulen getestet sowie in bestimmten Branchen (Berufsgruppentests). Und sollten weitere Lockerungen in einigen Wochen dazukommen, wird sich der Testbedarf weiter erhöhen.

Allgemein gilt: Kontakte jeglicher Art sollten möglichst nur zwischen negativ getesteten Personen stattfinden. In einigen Bereichen ist es bereits oder wird es noch vorgeschrieben, im Privatbereich nicht. Freilich sind Tests auch bei privaten Kontakten angeraten, da so das Risiko von Ansteckungen deutlich gesenkt werden kann. Je größer der Abstand zwischen Test und Kontakt ist, desto größer wird das Risiko. Wirklich verlässlich ist die Aussagekraft eines negativen Antigentests nur für den selben Tag.

Damit ist klar, dass die Nachfrage nach Tests deutlich steigen wird. In den vergangenen Wochen haben die Länder zwar das Angebot sukzessive ausgebaut, doch vor allem in ländlichen Regionen wird dies nicht reichen. Ein Beispiel: Im nördlichen Weinviertel gibt es Testmöglichkeiten in Poysdorf und Schrattenberg, aber nur am Samstag bzw. Sonntag für wenige Stunden. Wer zum Friseur will, könnte dies also nur am Samstag und Dienstag tun - am Montag haben Friseure meist zu. In Laa/Thaya und Mistelbach gibt es zwei Test-Tage pro Woche, aber da fährt man dann schon eine Stunde hin und retour.

Im Büro von Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner bestätigt man den "zusätzlichen Testdruck". Man arbeite gerade ein Konzept aus. "Das Personal ist eine der Hauptfragen", sagt ein Sprecher. Nicht anders in der Steiermark. Bad Aussee ist einer von 22 Teststandorten in der ganzen Steiermark, er ist aber derzeit nur Freitag und Samstag in Betrieb. "Wir müssen reagieren und alle Stationen die ganze Woche öffnen", sagt Harald Eitner, Leiter der Fachabteilung Katastrophenschutz in der Steiermark.

Teststationen in jeder Gemeinde als Zielsetzung

In Wien ist das Angebot sukzessive ausgeweitet worden. Es gibt Teststraßen für Personen mit und ohne Symptome sowie Checkboxen zur Abklärung von grippeartigen Symptomen, um Arztpraxen zu entlasten. Täglich können 37.000 Schnelltests in Wien vorgenommen werden, also rund 250.000 pro Woche. Auch in Wien wird nicht ausgeschlossen, dass bald weitere Standorte dazu kommen werden. Was in der Hauptstadt naturgemäß einfacher ist als in ländlich geprägten Bundesländern. Wer unbedingt zum Friseur und den Regeln entsprechen will, wird vielleicht auch einmal einen längeren Anfahrtsweg in Kauf nehmen müssen. Doch generell müssen die Tests so niederschwellig wie möglich angeboten werden, damit sich viele Menschen regelmäßig testen lassen. Das Ziel der Regierung sind Teststationen in jeder Gemeinde.

Die Kosten sind ein Faktor. Abseits der Teststraßen, etwa in Apotheken, bei Ärzten und privaten Stationen, sind zwischen 15 und 45 Euro für einen Test zu bezahlen. Es ist zwar anzunehmen, dass die Schnelltests gratis zur Verfügung gestellt werden, doch ob die Kosten vom Bund oder von den Ländern getragen werden, muss noch verhandelt werden.

Ein weiterer Punkt, der auf den ersten Blick vielleicht nur bürokratisch erscheint, aber tatsächlich für die Vollziehung relevant ist, betrifft den Nachweis eines Testergebnisses. Dieses muss eindeutig einer Person zuordenbar sein, wie das bei den Zertifikaten einer Teststraße der Fall ist. Dafür ist aber auch mehr Personal notwendig, sagt Eitner aus der Steiermark. Er rechnet mit mindestens vier Personen pro Schicht selbst für die Minimalvariante einer Teststraße für Kleinst-Gemeinden. Seit den Massentests gibt es ein Anmeldesystem mit Datenbank, aus der heraus dann die Test-Nachweise ausgedruckt oder digital verschickt werden könnten. Die Gemeinden müssten allerdings an dieses System noch angeschlossen werden.

Eher analog, dafür weniger personalintensiv umsetzbar, wären Selbsttests für den vorderen Nasenbereich, wie sie in den Schulen angewandt werden. Dieser Test müsste dann nur etwa im Beisein eines Gemeindebediensteten gemacht werden, der dann einen recht formlosen Nachweis, mit Datum und Zeit versehen, ausstellt. Dafür braucht es so gut wie kein Personal, vor allem kein medizinisches, um den Abstrich vorzunehmen. Es wäre ein eher pragmatischer Zugang.

Die Gesundheitsagentur Ages hat in einer kleinen Studie Abstriche des vorderen Nasenbereichs mit jenem des tiefen Nasenabstrichs verglichen und dabei keinen "signifikanten Unterschied der Gesamtsensitivität" feststellen können. In der Detektion von asymptomatisch Infizierten schneiden Antigentests zwar generell nicht gut ab, egal wo der Abstrich genommen wird, da sie nur bei hohen Virusmengen funktionieren. Wenn jedoch regelmäßig, am besten vor jedem Kontakt, getestet wird, kann der epidemiologische Effekt dennoch greifen. Das ist zumindest die Hoffnung der Regierung.