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Tiroler Lösungen für Mutationsproblem

Von Martina Madner

Politik

Die Bayern schotten sich nun vor den Tirolern ab. Diese selbst wollen nun Schwazer PCR-testen und prioritär impfen.


Zwölf neue Verdachtsfälle auf eine Südafrika-Mutation des Virus vermeldete Tirol am Donnerstag. Durch Voll- oder Teilsequenzierung bestätigt sind nunmehr 190. Zudem wiesen aktuell 248 Fälle einen PCR-Verdacht auf die Südafrika-Mutation auf, wo die Sequenzierung noch aussteht. Diese sollen nun teil- bzw. vollsequenziert werden. Unter all diesen Fällen gab es insgesamt 145 aktiv Positive.

Zwar verbreitet sich B.1.351 mittlerweile in allen Bezirken Tirols - 20 Prozent gibt es etwa in Kufstein, elf Prozent in Innsbruck-Land, auch in Südtirol gibt es bereits erste Fälle. Mit 60 Prozent bleibt Schwaz aber nach wie vor Hotspot dieser Mutante.

Die Tiroler haben ihre Maßnahmen innerhalb des Bundeslandes nachgeschärft und zu den neun Punkten für das gesamte Bundesland sechs neue für Schwaz erlassen. Ab Freitag gilt die Bundesverordnung, wonach jede Person aus Tirol beim Überschreiten der Landesgrenze in ein anderes Bundesland einen negativen Antigen- oder PCR-Test vorweisen muss, der nicht älter als 48 Stunden ist. Ausgenommen sind der Bezirk Lienz, die Gemeinde Jungholz sowie das Rißtal im Gemeindegebiet von Vomp und Eben am Achensee, außerdem Kinder unter zehn Jahren.

Das sei "das entscheidende derzeit umsetzbare Vorgehen zum Schutz der Bevölkerung vor einer Ausbreitung", hatte Minister Rudolf Anschober (Grüne) bereits gesagt. Dem direkt angrenzenden Bayern reicht das nicht. Deutschland wird Tirol zum Mutationsgebiet erklären.

Einreisestopp wegen Sorge vor einem "zweiten Ischgl"

In einer Pressekonferenz ließ der bayrische Ministerpräsident Markus Söder (CSU) die Öffentlichkeit wissen, dass er und das Bundesland Sachsen angesichts eines hohen Infektionsgeschehens nahe der Grenzen Tirol und Tschechien als Mutationsgebiet eingestuft werden sollten. Bisher gelten Großbritannien, Portugal, Irland, Brasilien und Südafrika in Deutschland als solche. Damit sind Grenzkontrollen und Teststationen verbunden. "Dann darf man nur noch mit negativem Test einreisen, da gibt es keine Ausnahme, das kann unsere Sicherheit garantieren", sagte Söder.

Tatsächlich sind die bayrischen Corona-Hotspots mit einer Sieben-Tages-Inzidenz von 300 und mehr in den Landkreisen an der tschechischen Grenze zu finden. Auch wurde bislang eher die in Tschechien stark vertretene britische Variante in Bayern nachgewiesen. In den an Tirol angrenzenden Landkreisen haben sich im Durchschnitt der vergangenen sieben Tage weniger als 100 pro 100.000 Personen der Bevölkerung mit dem Virus infiziert. Auf der tschechischen Seite gebe es eine "sehr konsequente Abriegelung", sagt Söder. Anders in Österreich. Er mache sich Sorgen wegen Tirol: "Da hat man die Situation schon wieder einmal nicht ernst genommen. Leider sind es wieder die Skipisten. Ein zweites Ischgl wollen wir nicht erleben."

Bei der eigenen Regierung fand Bayern offenbar Gehör: Schon kurz nach der Pressekonferenz sagte der deutsche Bundesinnenminister Horst Seehofer im Gespräch mit der "Süddeutschen Zeitung", dass Einreisesperren gegenüber Tirol und Tschechien sehr wahrscheinlich sind: "Wir werden das wohl so entscheiden. Das ist mit der Kanzlerin und dem Vizekanzler abgestimmt." Gelten könnten diese demnach ab der Nacht zum Sonntag.

Wegen der Virus-Mutation hat sich Österreich am Donnerstag auch einen Platz auf der irischen roten Liste mit verschärften Einreisebeschränkungen eingehandelt. Einreisende aus Österreich müssen sich demnach künftig einer 14-tägigen verpflichtenden Quarantäne unterziehen. Ein Freitesten ist anders als innerhalb Österreichs nicht möglich.

Tirol kümmert sich derweil um Schwaz

Zur möglichen Einstufung als Mutationsgebiet könne Tirol derzeit nicht Stellung beziehen, "da uns dazu keine Informationen vorliegen", heißt es vonseiten des Landes auf Anfrage der "Wiener Zeitung". Man nehme "die aktuelle Situation sehr ernst" und verweist auf "zahlreiche Anstrengungen", um Virus und Mutation zu bekämpfen.

Neu ist, dass Tirol nun vermehrt auf mRNA-Impfstoffe bei Schutzimpfungen setzen will. Das Land hat diesen Wunsch im Gesundheitsministerium eingemeldet, derzeit fänden dazu zwischen Tirol und dem Bund "konstruktive Abstimmungen statt", sagt der Sprecher im Gespräch mit der "Wiener Zeitung". Im Gesundheitsministerium verweist man auf den aktuell gültigen Impf- und Impfstoff-Verteilungsplan, der bleibe für die ersten Phasen bestehen. An dem werde wegen der Virus-Mutante akut nicht gerüttelt. Die "Wiener Zeitung" berichtete bereits, dass Minister Anschober Studienergebnisse zur Wirksamkeit der Impfstoffe bei Mutationsfällen vor weiteren diesbezüglichen Entscheidungen abwarten will. Diese sollen im Laufe der nächsten beiden Wochen vorliegen, heißt es tagesaktuell auf Nachfrage.

Was im Bundesland aber nun gemacht wird, ist eine Umverteilung des Impfstoffs zwischen den Gemeinden: Die Reihung der über 80-Jährigen, die in Tirol in Phase eins bereits aktuell nach und nach geimpft werden, richtete sich davor nach der Sieben-Tages-Inzidenz der Gemeinden. "Jetzt aber - und das ist neu - nicht mehr nur danach, sondern auch nach dem Mutationsvorkommen", sagt der Sprecher der Tiroler Landesregierung.

Das ist einer der sechs Punkte für den Bezirk Schwaz, ein zweiter ist ein PCR-Gurgeltest für die gesamte 84.000 Menschen umfassende Bevölkerung des Bezirks. Dazu kommt ein verschärftes Contact Tracing, wonach K2-Kontaktpersonen wie K1 ab jetzt drei mal getestet würden - am ersten, fünften und neunten Tag. Außerdem sind zusätzliche kostenlose Betriebstestungen und Testschwerpunkte an Schulen vorgesehen. Und man habe um eine Verordnung ersucht, damit Oberstufen-Schüler im Bezirk Schwaz weiter im Distance Learning unterrichtet werden können.