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Werberiegel im Kampf gegen Spielsucht

Von Karl Ettinger

Politik

Die Koalition schnürt ein Paket gegen Glücksspiele.


Der lässige Marlboro-Mann war vor Jahrzehnten legendär. Inzwischen prangt auf den Zigarettenpackungen nicht nur die Warnung vor gesundheitlichen Schäden des Rauchens, sondern auch abschreckende Bilder von Folgen des Dauertabakkonsums. Nach dem Vorbild dieser Verschärfungen samt Werbeeinschränkungen für Zigaretten hat sich die türkis-grüne Koalition jetzt auf ein Gesetzespaket geeinigt. Ab Anfang 2022 sollen damit Glücksspiele eingedämmt und vor allem auch ein Abgleiten in die Spielsucht verhindert werden, wie die grüne Finanz- und Kontrollexpertin im Nationalrat, Nina Tomaselli, der "Wiener Zeitung" erklärt. Sie hat das mit dem Kabinett von Finanzminister Gernot Blümel (ÖVP) paktiert. Teile des am Mittwoch vorgelegten Pakets sind auch die Auslagerung der Glücksspielkompetenzen aus dem Finanzressort an eine Behörde und ein Spende- und Werbeverbot von Glückspielanbietern an die Politik.

Rund 240.000 Menschen sind in Österreich nach Ansicht von Experten spielsüchtig. Tendenz steigend. Laut dem Jahresbericht der Hilfe gegen Spielsucht, auf den die Grünen verweisen, ist der leichte Zugang zu Glückspielen entscheidend für das wachsende Problem. Es ist nicht der mehr Gang ins Casino notwendig. 77 Prozent der Spielsüchtigen spielten laut Bericht nur online.

Wie will die türkis-grüne Koalition das eindämmen? Der Reiz von Glücksspielen soll reduziert werden. Konkret ist vorgesehen, dass Spieldauer, Geschwindigkeit und auch die Höchsteinsätze gesenkt werden. Kinder und Jugendliche will man von vorneherein mit speziellen Maßnahmen abhalten. Bei Online-Spielen ist vorgesehen, dass eine monatliche Höchstgrenze für Einsätze festgelegt wird, um das Ausmaß möglicher Verluste zu limitieren. Dafür sind registrierte personalisierte Spielkonten geplant.

Online-Anbieter ohne Lizenz sollen in Österreich blockiert werden, um sicherzustellen, dass der verstärkte Schutz vor Spielsucht greifen kann. Damit dürften nur noch österreichische Anbieter mit einer Lizenz für Online-Glücksspiele betreiben. Aus wettbewerbsrechtlichen Gründen ist aber der Sanktus der EU-Kommission notwendig.

Ungenutzte Casino-Lizenzen werden gestrichen

Schließlich ist eine Einschränkung der Werbung für Glückspiele Fixpunkt in dem von ÖVP und Grünen ausgehandelten Papier. "Wir wollen so gut es geht die Menschen vor der Gefahr der Glückspielsucht schützen", betont Tomaselli, die Stellvertreterin von Grünen-Chef Vizekanzler Werner Kogler ist. "Wir wollen hier wirklich das Vorbild Tabakgesetz heranziehen", erläutert sie. So soll die "Verherrlichung" von Glücksspiel nicht mehr möglich sein. So wie einst der Marlboro-Mann Ausdruck modernen Lebensstils war. Gleichzeitig ist eine Erhöhung der Wettgebühren und der Glücksspielabgaben geplant. Bereits im April soll ein Gesetzesentwurf in Begutachtung geschickt werden.

Politisch brisanter in dem Paket sind Verschärfungen vor dem Hintergrund der Diskussion um mögliche Einflussnahmen des Glückspielkonzerns Novomatic und die jüngst erfolgte Hausdurchsuchung bei Finanzminister Blümel. Dabei werden die Vorwürfe von Novomatic wie auch von Blümel entschieden zurückgewiesen, es gilt die Unschuldsvermutung.

"Ich glaube einfach, dass Politik und Glücksspiel zwei Dinge sind, die sich nicht gut vertragen", sagt Tomaselli. Deswegen ist es ihr besonders wichtig, "dass man da Berührungspunkte reduziert". Konkret heißt das: ÖVP und Grüne wollen ein generelles Verbot von Spenden, Sponsoring, aber auch Inseraten von Glücksspielkonzernen an Parteien und politische Funktionäre festschreiben. Das ist im Zuge der Neuregelung der Parteienfinanzierung geplant, ein solches Transparenzpaket ist den Grünen seit der Regierungsbildung im Jänner 2020 ein spezielles Anliegen. Das wird nach monatelanger Funkstille jetzt neu in Angriff genommen, dafür ist aber auch die Zustimmung der SPÖ oder FPÖ im Parlament notwendig.

Korruptionsfälle in den vergangenen Jahren zwischen Glücksspielunternehmen und Politik drehten sich meist um ungenutzte Casino-Lizenzen und den Zugang zu Bundeslizenzen für Automaten. Da möchte die Koalition nun den Hebel ansetzen. Die drei ungenützten Casino-Lizenzen sollen aus dem Gesetz gestrichen werden und die Abschaffung der Bundeslizenz für Automaten erfolgen.

Nach dem Ministerrat hat Vizekanzler Kogler mit Kanzleramtsministerin Karoline Edtstadler (ÖVP) und in Abstimmung mit Finanzminister Blümel auch die Entflechtung der Glücksspielkompetenzen vereinbart. Dabei werden die bisherigen Agenden des Finanzministers ausgelagert, diese werden einer weisungsungebunden Glücksspielbehörde übertragen. Ein Richter-Senat wird dann für Vergabe von Glücksspiellizenzen zuständig sein.