Nach Gesprächen mit Expertinnen und Experten, der Opposition und den Landeshauptleuten gibt die Bundesregierung aktuell den weiteren Fahrplan für die Corona-Maßnahmen der kommenden Wochen bekannt. Im Vordergrund stand vor allem eine zähe Debatte um mögliche Öffnungs-Schritte in der Gastronomie und eine regionale Differenzierung der Maßnahmen. Die Pressekonferenz ist hier im Livestream zu sehen:

Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) sprach zu Beginn der Pressekonferenz von einer "sehr positiven Bilanz" der Öffnungsschritte, die man in Österreich vor drei Wochen gesetzt hatte. Zahlreiche Menschen seien dadurch wieder in Beschäftigung gekommen, Familien entlastet worden. Das System der Testungen funktioniere gut, die Ansteckunszahlen seien insgesamt gestiegen - wobei die Inzidenz regional sehr unterschiedlich sei.

In Vorarlberg, das aktuell die niedrigste Inzidenz Österreichs aufweist, wird es daher schon mit 15. März Öffnungen in Sport, Kultur und Gastronomie geben. Das Ziel für ganz Österreich sei zudem, dass rund um Ostern etwa in der Gastronomie zumindest die Gastgärten geöffnet werden - unter Auflagen mit Tests im Vorfeld. Zudem darf in ganz Österreich bereits ab 15. März wieder Schul- und Jugendsport stattfinden. Die Kultur soll im April oder Mai wieder breitflächig mit Eintrittstests starten. Auch erst im April will man eine Öffnung der Indoor-Gastronomie angehen.

Gesundheitsminister Rudolf Anschober (Grüne) sprach neuerlich vom "schwierigsten Monat der Pandemie". Die Bevölkerung sei ermüdet von den Maßnahmen, das Infektionsgeschehen lasse allerdings aktuell keine "großen Öffnungen" zu. Nach Ostern solle es aber erwartungsgemäß bergauf gehen, so der Minister - einerseits aufgrund der höheren Temperaturen, die dem Virus schaden, andererseits aufgrund höherer Impfzahlen. Bis nach Ostern sollen rund eine Milliion Menschen in Österreich die Corona-Impfung erhalten haben.

Vorarlbergs Landeshauptmann Markus Wallner (ÖVP) kündigte an, man werde das Öffnen der Gastronomie mit 15. März "sehr professionell" organisieren. Zudem wolle man Kindern und Jugendlichen ab diesem Datum neue Möglichkeiten in Sport, Kunst und Kultur geben. Kinder und Jugendliche bräuchten ein gewisses Maß an sozialen Kontakten, so Wallner.

Osawald Wagner, Vizerektor der MedUni Wien, hob die österreichische Teststrategie hervor: Wenn man ein Viertel der Bevölkerung einmal pro Woche teste, würde der R-Wert sinken. Das Aufkommen und die Verbreitung der britischen Variante habe aber parallel dazu das Infektionsgeschehen erhöht. Entscheidend sei weiterhin, die Testfrequenz zu erhöhen.

Zähe Verhandlungen

Zuvor waren die Verhandlungen um Lockerungen trotz steigender Infektionszahlen zäh verlaufen. Die Gespräche zwischen Regierung und Landeshauptleuten dauerten länger als geplant. Streitpunkt war vor allem die Öffnung der Gastronomie, die von den Landeschefs vorangetrieben wird, aber vor allem vom Gesundheitsministerium skeptisch gesehen wird.


Ihr Browser kann derzeit leider keine SVG-Grafiken darstellen!

Vor allem die Vertreter aus der Ostregion mit Wiens Bürgermeister Michael Ludwig (SPÖ) und Niederösterreichs Landeshauptfrau Johanna Mikl-Leitner (ÖVP) an der Spitze sollen sich in den Gesprächen für eine Öffnung der Lokale stark gemacht haben. Ihr Argument: es sei für die Eindämmung Pandemie sinnvoller, Kontakte kontrolliert in der Gastronomie stattfinden zu lassen als unkontrolliert im privaten Bereich. Diese Position hatten auch Landeshauptleute aus anderen Regionen während der vergangenen Tage vertreten.

Auftakt zu Regionalisierung

Als relativ wahrscheinlich galt, dass es zu einer stärkeren Regionalisierung kommt. Im Gespräch war, dass Vorarlberg eine Testregion für Öffnungsschritte werden könnte. Dort sind die Inzidenzen derzeit deutlich die niedrigsten. Landeshauptmann Wallner hatte hierzu vor dem Gespräch Bereitschaft signalisiert.

Andere Landeshauptleute sahen das weniger euphorisch. Salzburgs Landeshauptmann Wilfried Haslauer (ÖVP) wandte sich gegen einen "Fleckerlteppich" und Wiens Bürgermeister Ludwig sprach sich für österreichweite Richtlinien aus. Österreich sei ein kleines Land, die Mobilität hoch.

Dass diese Variante in Diskussion ist, hatte FPÖ-Obmann Norbert Hofer nach dem Unterredung der Regierung mit der Opposition bereits öffentlich gemacht. Demnach soll es ein Bonus-Malus-System geben, das Ländern mit niedrigen Inzidenzen raschere Öffnungen, jenen mit hohen Fallzahlen dagegen die Rücknahme von Lockerungen bringt.

Rendi-Wagner bei Öffnungen skeptisch

Wann damit etwa die Gastronomie frühestens in einzelnen Ländern wieder öffnen kann, sagte die Regierung der Opposition nicht, wie Hofer kritisierte. Überhaupt lehnt er den Plan ab, bringe er doch nur eine weitere Spaltung.

Für die Zukunft plant die Koalition laut dem Freiheitlichen-Chef einen "grünen Pass", der für Geimpfte und Personen, die eine Infektion überstanden haben, Vorteile bringen wird. Profitieren können demnach auch jene, die sich zwei Mal pro Woche testen lassen. NEOS-Obfrau Beate Meinl-Reisinger berichtete, dass Details dazu aber erst in den kommenden Tagen kommen sollen. Überhaupt kann sie keine Strategie der Regierung erkennen. Immerhin habe diese eine Ausweitung der Tests etwa auf betrieblicher Ebene angekündigt.

SPÖ-Chefin Pamela Rendi-Wagner beurteilt jegliche Öffnungsschritte wie so gut wie alle Virologen und Epidemiologen weiter ausdrücklich kritisch. Nach dem Gespräch mit der Regierung betonte sie, dass nicht nur die Neu-Infektionen mehr würden sondern auch die Zahl der Intensiv-Patienten ansteige. Diese hochriskante Situation sei das Ergebnis der verfrühten Öffnungen der Bundesregierung. Weitere Öffnungen wären hochgradig unverantwortlich: "Eine Situation wie im November muss verhindert werden." (apa)