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Die neue Monogamie im Staatsschutz

Von Daniel Bischof

Politik

BVT-Mitarbeiter müssen nun zwischen Polizei und Nachrichtendienst wählen. SPÖ hält Trennung für "unglaubwürdig".


Wie soll die Trennung zwischen Nachrichtendienst und Polizei in der Praxis funktionieren? Was passiert mit den bisherigen Mitarbeitern? Diese Fragen drängen sich bei der Umwandlung des Verfassungsschutzes zur neuen Direktion für Staatsschutz und Nachrichtendienst (DSN) auf. Einblicke zur Reform gaben am Dienstag die Grünen und Franz Ruf, der Generaldirektor für die Öffentliche Sicherheit, bei Hintergrundgesprächen mit Journalisten.

Die DSN ersetzt das Bundesamt für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung (BVT), das aufgrund diverser Affären ramponiert ist und von ausländischen Partnerdiensten gemieden wird. Eine Neuaufstellung samt klarer Trennung zwischen nachrichtendienstlichen und polizeilichen Aufgaben soll das ändern.

Großteil der Jobs wird neu ausgeschrieben

Die Trennung sei ein Signal an die ausländischen Partner, Österreich wieder zu vertrauen, sagte Grünen-Sicherheitssprecher Georg Bürstmayr. Denn bisher sei von internationaler Seite massiv kritisiert worden, dass BVT-Beamte je nach Anlassfall "einen anderen Hut aufsetzen" und sowohl als Nachrichtendienstler als auch als Polizisten auftreten.

Die DSN wird auf zwei Säulen, der polizeilichen Gefahrenabwehr und der analytischen Gefahrenerforschung, aufgebaut sein. "Die Trennung wird nicht nur auf dem Papier bestehen, sondern auch in der Arbeit zu sehen sein", sagte Agnes Sirkka Prammer, die Justiz- und Verfassungssprecherin der Grünen. "Jeder BVT-Mitarbeiter muss sich jetzt entscheiden, ob er polizeilich oder nachrichtendienstlich tätig sein will, und sich auf diese Stelle bewerben."

Ruf erklärte, dass ein Großteil der BVT-Jobs neu ausgeschrieben wird und es zusätzlich 300 neue Posten geben wird. Der Aufbau der DSN und die Rekrutierung des Personals wird laut Ruf bis zu vier Jahre dauern. Ausgebildet werden die Beamten in einer eigenen 19-wöchigen Grundausbildung an der Sicherheitsakademie. Für Nachrichtendienst-Mitarbeiter soll es auch finanzielle Zulagen geben. Dadurch will das Innenministerium die besten Köpfe zu der Behörde locken.

Wer sich für den nachrichtendienstlichen Sektor entscheide, werde keine exekutiven Befugnisse mehr besitzen, so Prammer. Dafür würden nur "Personen, die im Nachrichtendienst arbeiten, Zugriff auf Informationen von ausländischen Diensten haben". Gebe es Hinweise, die ein Einschreiten der Staatspolizei nötig machen, erhalte die Polizei nur die dafür notwendigen Informationen: "Sie erfährt nicht mehr, von welchem Dienst der Hinweis stammt. Es gibt eine interne Firewall beim Informationsaustausch", so Prammer.

Es ist aber umstritten, ob diese Aufteilung so klar ist, wie von Türkis-Grün angegeben. "Die Trennung ist unglaubwürdig und nicht konsequent", sagt SPÖ-Sicherheitssprecher Reinhold Einwallner. Es gebe zwar jeweils einen Vizedirektor für die nachrichtendienstliche und polizeiliche Säule. Letztlich stehe aber der Leiter der DSN als "Überdirektor" über beiden Bereichen: "Und das ist meiner Meinung nach der Hauptfehler, der gemacht wird."

Denn dadurch werde die Trennung international nur als "halbherzige" Reform gelten. Die bessere Lösung wäre gewesen, den Nachrichtendienst in eine eigenständige Behörde zu stecken, sagte Einwallner.

"Dass der neue Nachrichtendienst Teil der staatlichen Sicherheitspolizei ist, war von vornherein klar", sagt Bürstmayr. Eine eigenständige Behörde nur für den Nachrichtendienst zu schaffen, sei aufgrund der internationalen Erfahrung abgelehnt worden. Diese habe gezeigt, dass die "gänzliche Trennung der Behörden dazu führt, dass Informationen hängen bleiben", weil die einzelnen Behörden diese nicht teilen möchten. Geschehe alles "unter einem Dach", sei der Informationsaustausch gewährleistet.

Unklarheiten zu Lagezentrum

Laut Einwallner könnte ein solcher Austausch sehr wohl auch bei mehreren eigenständigen Behörden gesichert werden - nämlich durch ein gesamtstaatliches Lagezentrum und einen Koordinator für die Nachrichtendienste im Bundeskanzleramt. Ob es dieses Zentrum und einen Koordinator geben wird, ist noch unklar: "Das war nicht Bestandteil dieser Reform", sagt Bürstmayr. Die Idee eines Koordinators würde aber jedenfalls Sinn machen: "Wir werden uns das anschauen."