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Krisenmanagement der Bundesregierung verliert an Akzeptanz

Von Martin Tschiderer

Politik
Die Zustimmung der Bevölkerung zu den Corona-Maßnahmen nimmt ab.
© reuters / Leonhard Foeger

Sora-Umfrage für Neos ergab stark abnehmenden Rückhalt bei Maßnahmen. Freiheitsgefühl leidet bei niedrigem Einkommen besonders.


Die Corona-Maßnahmen der Bundesregierung haben in der Bevölkerung stark an Akzeptanz und Vertrauen eingebüßt. Das ergab der "Freiheitsindex 2020", eine Umfrage des Instituts Sora im Auftrag der Neos. Vier von zehn Befragten gaben an, den Überblick über Maßnahmen verloren zu haben. In der Altersgruppe unter 45 ist es mehr als die Hälfte.

Das Vertrauen in das Krisenmanagement der Regierung ist indessen stark gesunken. Stimmten im Vorjahr noch 35 Prozent der Aussage "Die Corona-Maßnahmen waren wissenschaftlich gut begründet" eher nicht oder gar nicht zu, waren es im Februar bereits 46 Prozent. Dass Ausgangsbeschränkungen notwendig seien, sahen 2020 60 Prozent so, heuer nur noch 53 Prozent.

"Egalitäres Virus trifft nicht alle gleich"

"Das Vertrauen in die Maßnahmen sinkt, obwohl die Infektionsangst stabil bleibt", resümierte Studienautorin Janine Heinz von Sora bei der Präsentation am Montag. Für die repräsentative Studie befragte das Institut von August bis September 2020 telefonisch und online rund 2.000 Personen, heuer im Jänner und Februar 1.000 Personen (Schwankungsbreite 2,5 Prozent).

Das Freiheitsempfinden der Bevölkerung ist im Laufe der Pandemie - wenig überraschend - gesunken. Das Vertrauen in die Demokratie hat sich nach einem Einbruch infolge der Ibiza-Affäre dagegen wieder erholt. Rund zwei Drittel der Befragten gaben 2020 an, sich frei oder eher frei zu fühlen, 2019 waren es noch fast drei Viertel gewesen. Während 2019 allerdings nur 41 Prozent angaben, die heimische Demokratie als eher frei zu sehen, war es heuer mit 54 Prozent wieder eine Mehrheit.

Sechs von zehn Befragten stimmen der Aussage sehr oder ziemlich zu, dass ihre Freiheit durch die Pandemie stark eingeschränkt ist. Besonders stark ist dieses Gefühl unter jungen Menschen (72 Prozent), Selbständigen (63 Prozent) und Arbeitslosen (74 Prozent). "Das egalitäre Virus trifft nicht alle gleich", sagte Heinz. Die Erhebung zeigte zudem, dass soziökonomische Ungleichheit das Freiheitsgefühl bremst. Menschen mit niedrigem Einkommen und schlechter finanzieller Absicherung fühlen sich deutlich unfreier als solche aus dem obersten sozioökonomischen Drittel.

Neos-Chefin Beate Meinl-Reisinger sah teils alarmierende Befunde und forderte neuerlich, die Verhältnismäßigkeit von Corona-Maßnahmen zu betrachten. Gesundheit habe nicht nur einen Aspekt, sondern "multidimensionale", wozu neben psychischen Belastungen etwa auch Arbeitslosigkeit gehöre. Grund- und Freiheitsrechte seien zudem "keine Privilegien", Einschnitte die Ausnahme, nicht die Regel. Man müsse aufpassen, dass "hier kein Paradigmenwechsel in den Köpfen stattfindet", so Meinl-Reisinger.