Mit 146.000 Frauen im Vergleich zu 64.000 Männern über 65 Jahren ist die armutsgefährdete Gruppe in diesem Alter mehr als doppelt so groß. Die jährliche EU-Silk-Erhebung zeigt, dass mit 29 Prozent fast ein Drittel der älteren Frauen zu den Armutsgefährdeten zählt. Schließlich erhalten Frauen laut Statistik Austria schon im Durchschnitt eine Alterspension von 1.167 Euro brutto monatlich, während bei Männern der Durchschnitt bei 2.022 Euro liegt.

Mit einer höheren Erwerbsquote und einem Pensionsantrittsalter von ebenfalls 65 Jahren sollte sich die Pension von Frauen eigentlich erhöhen. Eigentlich, denn die Wifo-Pensionsexpertin Christine Mayrhuber hat in der Trapez-Analyse zu den Frauenpensionen klargestellt: "Hauptfaktor für den Pensionsrückstand der Frauen ist ihr geringeres Erwerbseinkommen im Laufe ihres Erwerbslebens, der zweite Einflussfaktor ist die geringere Anzahl an Erwerbsjahre."

Ihr niedrigeres Einkommen können Frauen allerdings genauso wenig wie lange Erwerbsunterbrechungen in jungen Jahren durch längeres Arbeiten im Alter ausgleichen. Eine Beispielrechnung der AK Wien für die "Wiener Zeitung" zeigt zudem, dass sich wegen der Pensionsreform 2005 niedrigere Beiträge aus längeren Teilzeitphasen die Pensionen von Müttern künftig noch deutlicher verringern als früher.

Gegen Altersarmut Geplantes

Die Grundproblematik ist der türkis-grünen Regierung bewusst. In ihrem Programm sagt sie der Altersarmut wörtlich den Kampf an. Die konkreten Maßnahmen dazu sind allerdings vage: Da ist von verstärkter Information der Konsequenzen von Teilzeitarbeit und fehlenden Beitragsjahren die Rede, einer Förderung einer partnerschaftlicheren Aufteilung von Familienarbeit und Pensionsansprüchen - konkret einem automatischen Pensionssplitting.

Die Möglichkeit, Pensionsbeiträge neu zu verteilen, gibt es bereits für Eltern bis zum siebten Lebensjahr der Kinder auf freiwilliger Basis. 2020 wurden von der Pensionsversicherungsanstalt 951 Anträge bearbeitet, 2019 waren es 583. Von 2006 bis 2018 insgesamt nochmals 1.293. Selbst unter allen Versicherten inklusive Selbständigen gab es 2019 nur 639 Fälle von Pensionssplitting. Bei rund 640.000 Paaren mit Kindern unter 15 Jahren nutzt das also nur eine kleine Minderheit.

Geplant ist nun, dass die Pensionsbeiträge bis zum zehnten Lebensjahr des Kindes automatisch auf beide Eltern verteilt werden. Anders als heute werden Kindererziehungszeiten ausgenommen, während dieser Zeit werden die 1,78-prozentigen Beiträge ohnehin von 1.986,04 Euro gutgeschrieben. Außerdem ist eine einmalige zeitlich befristete Opt-out-Option geplant. Während Meri Disoski, Frauensprecherin der Grünen, im Pensionssplitting ein "kleines Pflaster auf eine klaffende Wunde der Altersarmut von Frauen" sieht, erwartet sich Frauenministerin Susanne Raab (ÖVP) eine "enorme" Verbesserung davon für Pensionen von Müttern. Es sei "ganz oben auf meiner Prioritätenliste und wird ehestmöglich umgesetzt", sagte sie im Interview mit der "Wiener Zeitung". "Details werden noch ausgearbeitet, die Verhandlungen laufen", heißt es auf Nachfrage aus dem Ministerium. Raab verspricht sich auch von der Frauenförderung in MINT-Berufen, weil "bessere Verdienstmöglichkeiten", der Altersarmut von Frauen vorzubeugen.

Das Sozialministerium verweist auf Akutmaßnahmen der Regierung gegen Armut, etwa die Erhöhung der Ausgleichszulage auf 1.000 Euro und die mehrstufige Pensionsanpassung. Auch der Frühstarterbonus ab 2022, wonach jene, die schon im Alter zwischen 15 und 20 Jahren gearbeitet haben, bis zu 60 Euro zusätzlich zur Pension erhalten sollen, komme Frauen zu Gute. 20 Millionen Euro seien zudem für Projekte zur Bekämpfung von Armut durch die Covid-19-Krise reserviert.

Pensionserhöhende Ideen von Expertinnen für Frauen

Wifo-Pensionsexpertin Christine Mayrhuber sagt im Gespräch mit der "Wiener Zeitung", dass die Pensionsreform 2005 eine "zu Lasten von Frauen, die lange in Teilzeit arbeiten" war. "Sinn und Zweck dieser Reform war es, die staatlichen Pensionsaufwendungen in Zukunft zu senken. Verteilungsfragen waren kein Thema."

Pensionssplitting erhöht allerdings vor allem Frauenpensionen, wo der Einkommensunterschied zwischen den Eltern sehr hoch ist, kaum aber bei niedrigen Einkommen beider Eltern. Mayrhuber schlägt zusätzlich vor, die Kindererziehungszeiten von derzeit bis zu vier Jahren pro Kind auszudehnen. "Auch die Einbuchungen aufs Pensionskonto während einer Pflegekarenz und Pflegeteilzeiten sollte man bekannter machen", sagt sie. Hier wäre zudem ein Automatismus möglich, derzeit muss man einen Antrag stellen.

Im Dezember 2020 hatten sich laut Sozialministerium darüber hinaus 12.469 als pflegende Angehörige selbstversichert, hier bezahlt der Staat Pensionsbeiträge - 90 Prozent davon Frauen. Bei insgesamt rund 800.000 ist allerdings auch das kein großer Anteil.

Frauen könnten zudem - genauso wie Männer in niedrigen Einkommensphasen - von einem staatlich finanzierten Pensionsminimum-Beitrag profitieren, unabhängig von der Höhe des tatsächlichen Einkommens, meint Mayrhuber. Das aber sieht das Regierungsprogramm überhaupt nicht vor, wäre also erst zu verhandeln - genauso wie die Höhe solcher Beiträge etwa bis zur Geringfügigkeitsgrenze (475,86 Euro), der Ausgleichszulage oder von einem höheren Mindestlohn. Die Vorteile aber liegen für Mayrhuber trotzdem auf der Hand: "Vor allem Frauen könnten sich so ein eigenes Pensionsguthaben erwirtschaften." Es wäre zudem unabhängig vom Einkommen des Vaters gemeinsamer Kinder.