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Was auf Minister Mückstein wartet

Von Karl Ettinger

Politik

Herkulesaufgabe im Gesundheits- und Sozialressort: Corona-Epidemie ohne Ende, die Pflegereform offen.


Wien und Niederösterreich haben gerade erst den Lockdown zur Bewältigung der Corona-Epidemie um zwei Wochen bis 2. Mai verlängert, die Impfkampagne läuft und ständig ist ein Nachjustieren des Corona-Maßnahmenpakets notwendig. Allein die Bewältigung der Corona-Krise erfordert nach über einem Jahr weiter ein Arbeitspensum, das mehr als einen Minister fordern würde. Denn es ist der Gesundheitsminister, bei dem die Fäden zusammenlaufen.

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Als wäre das für den Dienstagmittag vorgestellten neuen Gesundheitsminister Wolfgang Mückstein noch nicht genug, hat die türkis-grüne Bundesregierung der Bevölkerung noch ein weiteres Versprechen abgegeben: Heuer sollen erste Schritte einer Pflegereform gesetzt werden.

Vizekanzler und Grünen-Chef Werner Kogler sprach bei der Präsentation des Allgemeinmediziners Mückstein von einer "Herkulesaufgabe". Diese wartet in dem Megaressort nach der Angelobung am kommenden Montag tatsächlich.

Der 46-jährige Mückstein ist Hausarzt und Leiter des ersten Wiener Primärversorgungszentrums im sechsten Wiener Gemeindebezirk. Auch ist er als Referent in der Wiener Ärztekammer tätig. Kogler schickte Mückstein mit reichlich Vorschusslorbeeren in das Amt: Er sei "ein Mann vom Fach", ein "Mann der Praxis" mit Entscheidungsstärke: "Er packt an." Mückstein war der breiteren Öffentlichkeit bisher unbekannt, für die Grünen hat er im Spätherbst 2019 lediglich das Gesundheits- und Sozialkapitel mitverhandelt. Wenn man keine Bedenken mitten in der Pandemie habe, dann fehle der "Respekt vor der Aufgabe", räumte der designierte Gesundheitsminister ein.

Intensivmedizin als Belastungsprobe

Die Überlastung der Intensivstationen vor allem in der Bundeshauptstadt und in Ostösterreich trotz des seit 1. April verhängten Lockdowns stellt eines der zentralen Probleme dar, bei denen auch der Gesundheitsminister gefordert ist. Es geht aber nicht nur um die Ostregion, sondern auch um die Entwicklung der Corona-Situation in den anderen Bundesländern. In Nieder- und Oberösterreich kämpfen Bezirke mit zigtausenden Einwohnern damit, dass sie als Hochrisikogebiete gelten, für die Verschärfungen und eine Testpflicht für Ausreisen vorgesehen sind - oder sie zumindest hart an der Grenze dazu stehen. In Vorarlberg, das seit 15. März mit der Öffnung der Lokale als Pilotprojekt für ganz Österreich gilt, sind die Infektionszahlen zuletzt ebenfalls deutlich gestiegen.

Mückstein stellte sich hinter die Entscheidung des Wiener Bürgermeisters Michael Ludwig (SPÖ), den Lockdown bis 2. Mai zu verlängern. Wenn die Intensivstationen an ihre Grenzen kommen, "dann bin ich für einen Lockdown", betonte er: "Ich werde unpopuläre Entscheidungen treffen, wenn es nötig ist."

Parallel dazu geht es um die Fortsetzung der Corona-Impfkampagne. Die Bundesregierung hat zugesagt, dass bis Ende Juni/Anfang Juli alle Menschen in Österreich, die sich impfen lassen wollen, zumindest eine Erstimpfung erhalten werden. Lieferschwierigkeiten bei Impfstoffen und Unsicherheiten um den AstraZeneca-Impfstoff, der eine zentrale Rolle bei der österreichischen Impfstrategie spielt, haben bereits kurzfristige Änderungen beim Impfplan zur Folge gehabt. Mücksteins Gesundheitsressorts wird alle Hände voll zu tun haben, um die Zusage zu halten, dass bis Ende April alle über 65-Jährigen, die das wollen, zumindest eine Erstimpfung erhalten.

Dem neuen Gesundheitsminister stehen wie schon Anschober seit dem ersten Lockdown im März 2020 darüber hinaus intensive Beratungen um jede einzelne weitere Corona-Maßnahme bevor. Immerhin ist das Gesundheitsressort auch miteingebunden, wenn es um das weitere Vorgehen in den Schulen und damit um Präsenz- oder Heimunterricht und Corona-Tests für Schüler geht. Wie zäh diese Aufgabe ist, zeigt sich gerade wieder bei den Eintrittstests für den Handel. Diese möchte das Gesundheitsressort rasch einführen, nachdem der Bundesrat vorerst per Beschluss eine Blockade von acht Wochen erreicht hat. Vom Handel kommt dagegen heftiger Widerstand.

Ebenfalls ins Stocken geraten sind die Bemühungen um die Einführung eines grünen Impfpasses. Er soll Corona-Geimpften, Corona-Genesenen und auch Getesteten Zutritt zu Veranstaltungen und Kinos ermöglichen und auch für Urlaubsreisen gültig sein. Die Bundesregierung wollte die erste Stufe des grünen Impfpasses für Corona-Getestete bereits ab Mitte April umsetzen, daraus wurde nichts. Noch ist nicht einmal geklärt, für welche Aktivitäten und Bereiche der grüne Pass praktisch als "Türöffner" zur Anwendung kommen soll.

<ZT>Pflegereform bereits um ein Jahr aufgeschoben</ZT>

Neben dem alles überschattenden Corona-Krisenmanagement wartet auf den neuen Minister eine besondere Herausforderung im Sozialbereich: die bereits um ein Jahr aufgeschobene Pflegereform. ÖVP und Grüne haben trotz der anhaltenden Corona-Krise versprochen, dass im Laufe des heurigen Jahres ein erster Schritt der Pflegereform erfolgen wird. Im Mittelpunkt stehen dabei Bemühungen um dringend benötigtes zusätzliches Pflegepersonal. Da wird sich zeigen, welchen Rückhalt und welches politische Gewicht der Neuling tatsächlich hat. Denn hier stehen intensive Beratungen mit den Bundesländern und Gemeinden an, ohne die im Pflegebereich nichts geht. Dies erst recht, wenn es dann um die längerfristige Finanzierung geht, nachdem die Kosten für die Pflege steigen.

Schließlich ist der Sozialminister entscheidend bei der Bewältigung der Krise auf dem Arbeitsmarkt gefordert, auch wenn die Zuständigkeit für den Arbeitsmarkt bei Arbeitsminister Martin Kocher (ÖVP) liegt. Das gilt etwa, wenn Betroffene in die Sozialhilfe abzurutschen drohen. Und bei der "Herkulesaufgabe" sind Mücksteins Konflikte als Konsumentenschutzminister bei der Herkunftsbezeichnung von Lebensmitteln noch nicht einmal aufgezählt.