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Langzeitarbeitslose vorrangig zu Privatfirmen

Politik

Arbeitsminister Martin Kocher präzisiert den Jobplan. Die Kurzarbeit wird ab Juli eingeschränkt.


Die dramatische Situation auf dem Arbeitsmarkt mit 436.000 arbeitslosen Menschen und in Schulungen sowie zuletzt 487.000 Arbeitnehmern in Kurzarbeit stand am Donnerstag im Zentrum der Sitzung des Nationalrats. Während im Zuge des Corona-Hilfspakets der türkis-grünen Koalition eine Sondererhöhung für Bezieher einer Notstandshilfe nochmals bis Ende Juni verlängert wurde, musste der seit Jänner im Amt befindliche Arbeitsminister Martin Kocher erstmals in einer Fragestunde den Abgeordneten Auskunft geben.

Von der im Nationalrat beschlossenen Aufstockung der Notstandshilfe auf das Niveau des Arbeitslosengeldes, die rückwirkend mit 1. April zum Tragen kommt, profitieren laut Koalitionsangaben rund 220.000 Menschen ohne Job. Minister Kocher machte deutlicher, wie er sich die neue Sonderaktion, mit der bis Ende 2022 insgesamt 50.000 Langzeitarbeitslose wieder eine Beschäftigung erhalten sollen, vorstellt. Der Schwerpunkt liegt dabei auf der Eingliederung in Privatunternehmen.

Das Programm "Sprungbrett" ist im Zuge des "Comeback-Pakets" bei der Regierungsklausur am Dienstag vorgestellt worden. Mit der Aktion soll rund ein Drittel der derzeit knapp 147.000 Langzeitarbeitslosen, die schon länger als ein Jahr auf Arbeitssuche sind, einen Job finden. Was ist nun der Unterschied zur Aktion 20.000? Mit dieser sollten ältere Arbeitslose über 50 eine Beschäftigung erhalten, sie ist aber von der türkis-blauen Bundesregierung gestoppt worden.

Anreize mit Kombi-Lohnmodellen

Im Parlament stellte der Arbeitsminister klar, dass sich das Programm "Sprungbrett" besonders auf die Rückholung von Langzeitarbeitslosen in den ersten Arbeitsmarkt direkt bei den Unternehmen konzentrieren werde. Angebote bei öffentlichen und gemeinnützigen Einrichtungen sind aber nicht ausgeschlossen.

"Der Hauptfokus liegt auf dem privaten Sektor", betonte der Arbeitsminister in der Fragestunde. Dabei soll es Anreize zur Einstellung mit Kombi-Lohnmodellen geben. Das Ziel dabei ist, dass Langzeitarbeitslose damit nicht nur vorübergehend, sondern nachhaltig einen Arbeitsplatz erhalten. Wie viel Geld für die Aktion aufgewendet wird, ist noch offen. Ein weiterer Unterschied zur Aktion 20.000 ist laut Kocher, dass das neue Projekt nicht auf Arbeitslose über 50 Jahre eingeschränkt sein wird.

Bei der Aktion 20.000 lag der Fokus hingegen darauf, dass öffentliche Stellen, vor allem Gemeinden, und gemeinnützige Organisationen ältere Arbeitslose für Tätigkeiten beschäftigten, wobei die öffentliche Hand die Kosten dafür übernahm. Die Aktion war ein zentrales Arbeitsmarktprojekt der SPÖ-ÖVP-Bundesregierung ab Mitte 2017 und lief bis Ende Juni 2019. Letztlich wurden statt der ursprünglich angepeilten 20.000 Menschen lediglich knapp 4.000 mit der Aktion auf geförderte Stellen vermittelt.

450 AMS-Planstellen mehr als ursprünglich geplant

Bei der Regierungsklausur hat Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) darüber hinaus erklärt, Ziel sei, innerhalb eines Jahres, 500.000 Personen aus der Arbeitslosigkeit und aus der Kurzarbeit in eine reguläre Beschäftigung zurückzuholen. Kocher wertete das als "realistisch". Heuer und 2022 stünden außerdem dem Arbeitsmarktservice (AMS) bereits 700 Millionen Euro für Umschulungen speziell auch für Berufe, in denen es einen Mangel an Fachkräften gibt, zur Verfügung. So würden heuer 10.600 Personen bei der Ausbildung zu Pflegekräften unterstützt.

Der Mitarbeiterabbau beim AMS selbst wurde wegen der Corona-Krise gestoppt. Derzeit gibt es dort 5.893 Planstellen, das sind laut Kocher 450 Planstellen mehr als im ursprünglichen Stellenplan bis zum Jahr 2023. Die SPÖ fordert allerdings 650 AMS-Posten mehr.

Gleichzeitig bereitet der Arbeitsminister Einschränkungen bei der vorerst bis Ende Juni geltenden Regelung der Kurzarbeit vor. Da mit den Öffnungsschritten ab Mai in derzeit geschlossenen Branchen eine "spürbare Entspannung am Arbeitsmarkt" zu erwarten sei, werde es notwendig sein, "die Kurzarbeit in bestimmten Bereichen zurückzufahren", betonte Kocher laut einer Aussendung seines Ressorts bei einer virtuellen Konferenz mit Unternehmern. Details der Änderungen sind offen, Ziel sei ein "konjunkturgerechter Ausstieg" ab Juli. Eine "große Kündigungswelle" erwarte er nach der Reform der Kurzarbeit nicht. Im Herbst rechnet er mit 100.000 Menschen in Kurzarbeit gegenüber 487.000 derzeit.(ett)