Bei einer gemeinsamen Pressekonferenz am Montag verteidigten Innenminister Karl Nehammer und Integrationsministerin Susanne Raab, beide ÖVP, die vergangene Woche präsentierte "Islamlandkarte" auch als eine Art Service für Muslime im Land. So sähen diese, wo es extreme Einrichtungen gebe.

Ludwig: "Stigmatisierung von Religionen lehne ich prinzipiell ab"

Wiens Bürgermeister Michael Ludwig (SPÖ) hatte sich am Wochenende des Kritikern angeschlossen und  im Gespräch mit der Tageszeitung "Der Standard" gesagt: "Stigmatisierung von Religionen lehne ich prinzipiell ab." Diese Landkarte trage "absolut nichts zur Integration bei, sondern befördert eine gesellschaftliche Spaltung. Ich spreche mich ganz klar für das Miteinander und für das respektvolle Zusammenleben aller in unserer Stadt und in unserem Land aus". In der PK sagte Raab nun erneut, es gehe darum Transparenz zu schaffen. Man wolle aufklären, wo welche Inhalte verbreitet würden und um eine Trennung zwischen dem Islam als Religion und dem politischen Islam.

Zur Kritik von Wiens Ludwigs meinte Raab, wenn man wie in der Bundeshauptstadt Integrationsprobleme verstecke, sei man am Holzweg. Die Augen vor der Realität zu schließen, lehne sie ab. Ein Sicherheitsrisiko für die muslimischen Einrichtungen durch die Landkarte sieht sie nicht, wären doch alle Adressen öffentliche Daten.

Europarats-Beauftragter: "muslimfeindlich und potenziell kontraproduktiv"

Scharfe Kritik an der Islamlandkarte der Dokumentationsstelle politischer Islam übte am Montag Europarats-Beauftragter Daniel Höltgen. Deren Veröffentlichung sei muslimfeindlich und potenziell kontraproduktiv. Viele Muslime fühlten sich stigmatisiert und durch die Veröffentlichung von Adressen und anderer Details in der Sicherheit bedroht. "Die Islamlandkarte sollte daher in ihrer gegenwärtigen Form zurückgezogen werden", empfahl Höltgen in einer schriftlichen Stellungnahme.

Die Veröffentlichung der Islamlandkarte Österreichs wirke aufgrund von Form und Zeitpunkt auf viele muslimische Gläubige als Generalverdacht gegenüber dem Islam; die Landkarte könne somit antimuslimische Ressentiments bedienen, konstatierte der Sonderbeauftragte des Europarats für antisemitische, muslimfeindliche und andere Formen von antireligiöser Intoleranz und Hassverbrechen.

Die Bekämpfung des Extremismus und gefährlicher Ideologien gehöre heute zu den wichtigsten Aufhaben der inneren Sicherheit. Es sei daher nur konsequent, gegen die Verbreitung gefährlicher Narrative unter dem Deckmantel des Grundrechts der freien Religionsausübung vorzugehen. "Leider schießt die Islamlandkarte Österreichs über das Ziel hinaus und ist daher potenziell kontraproduktiv", so Höltgen.

Kritik an der Landkarte kam am Montag abermals von der Evangelischen Kirche. Der Landessuperintendent der evangelisch-reformierten Kirche in Österreich (Evangelische Kirche H.B.), Thomas Hennefeld empfahl wie bereits der evangelisch-lutherische Bischof Michael Chalupka zuvor der Integrationsministerin, die "Islamlandkarte" schnell wieder vom Netz zu nehmen.

BVT ermittelt wegen Drohungen

Die an der Erstellung der Karte beteiligten Wissenschafter Mouhanad Khorchide und der Projektleiter und Professor für islamische Religionspädagogik Ednan Aslan seien bereits nach der Präsentation bedroht worden. Letzterer steht nach eigenen Angaben mittlerweile unter Polizeischutz.

Nun wurde auch Integrationsministerin Susanne Raab (ÖVP) in sozialen Medien bedroht worden. Laut einem Sprecher der Ministerin wurde das Bundesamts für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung (BVT) informiert. Die Ermittlungen der Polizei liefen auf allerhöchster Stufe, hieß es. Es sei nie lustig, wenn man bedroht werde, schon gar nicht hoch schwanger, meinte die Integrationsministerin bei der Pressekonferenz Montagvormittag: "Daran gewöhnt man sich nie".

Innenminister Karl Nehammer (ÖVP) ärgerte sich, dass solche Drohungen fast schon normal seien. Hier brauche es einen gesellschaftlichen Diskurs, um wieder zu einem vernünftigen Umgang auch bei kontroversiellen Themen zu kommen. (red)