Der Oberbefehlshaber des Bundesheeres, Bundespräsident Alexander Van der Bellen, soll am heutigen Dienstag offiziell informiert werden: Verteidigungsministerin Klaudia Tanner (ÖVP) hat eine Neuorganisation des Heeresressorts ausarbeiten lassen, um Verwaltung und Truppe zu trennen. Generalstabschef Robert Brieger soll dann zumindest interimistisch für alle militärischen Angelegenheiten zuständig sein.

Das ruft die Oppositionsparteien SPÖ und FPÖ auf den Plan: für sie dient der geplante Umbau des Verteidigungsministeriums lediglich für eine "türkise Umfärbung" der Führungsfunktionen. Die Truppe des Bundesheeres selbst ist von der Neuorganisation, wie im Verteidigungsministerium betont wird, nicht unmittelbar betroffen.

Größte Strukturreform seit Jahrzehnten

Mit der Änderung ist allerdings die größte Reform der Strukturen im Verteidigungsministerium seit Jahrzehnten vorgesehen. Im Kern sieht das Konzept vor, dass die Verwaltung des Heeresministeriums und die Zuständigkeit für die Truppe und die militärischen Belange aufgeteilt werden. Das Konzept der Verteidigungsministerin bedeutet eine massive Verschlankung. In der Zentralstelle des Ressorts sind demnach künftig statt fünf nur noch drei Sektionen vorgesehen.

Davon sollen zwei Sektionen durch Zivilisten geführt und künftig Direktionen genannt werden. Dem Vernehmen nach ist laut der Austria Presseagentur für eine der neuen Sektionen Dieter Kandlhofer, der bisherige Generalsekretär des Verteidigungsministeriums, der auch die Reform federführend vorbereitet hat, als künftiger Leiter vorgesehen oder zumindest im Gespräch.

Generalstabschef Brieger bleibt vorerst im Amt

Daneben soll als dritter Bereich der Generalstab in Form einer Generaldirektion für alle militärischen Aufgaben zuständig sein, die in acht Direktionen von den Land- und Luftstreitkräften bis zur Logistik und zum Nachrichtendienst unterteilt sind. Der bisherige Generalstabschef Robert Brieger würde jedenfalls interimistisch bis ins kommende Jahr die Leitung aller militärischen Belange innehaben. Der 64jährige Brieger ist im Mai zum künftigen Leiter des Militärausschusses der Europäischen Union gewählt worden und wird diese Funktion zur Umsetzung einer gemeinsamen Sicherheits- und Verteidigungspolitik am 1. Juni 2022 antreten. Deswegen gilt es auch als unwahrscheinlich, dass er im kommenden Jahr als oberster Militär in Österreich abgelöst wird.

Verbunden mit der Umstrukturierung ist auch eine Neuausschreibung von Führungspositionen. Genau in diesem Punkt setzt die Kritik der Oppositionsparteien an. Denn SPÖ wie FPÖ befürchten, dass die Verteidigungsministerin diese Gelegenheit für "türkise Postenbesetzungen", so SPÖ-Wehrsprecher Robert Laimer, und eine "unverschämte türkise Umfärbung" des Verteidigungsministeriums, so FPÖ-Wehrsprecher Reinhard Bösch, nützen werde.

Soldaten "mit aller Gewalt hinausgedrängt"

SPÖ-Wehrsprecher Laimer kann sich deswegen auch nicht damit anfreunden, dass zwei Sektionen des Verteidigungsministeriums mit Zivilisten besetzt werden sollen. Es scheine so, dass mit der Ausgliederung des Generalstabs die Soldaten "mit aller Gewalt aus dem Ministerium hinausgedrängt werden sollen". Die von Tanner geplanten Strukturänderungen seien nicht auf sachliche Argumente zurückzuführen, sondern lediglich eine "Kopfgeburt" des Generalsekretärs der Ministerin, so Bösch. Laimer wie Bösch warnten, die Gefahr sei, dass das Ministerium zur einer "türkisen Vorfeldorganisation" werde.(apa / red.)