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Hilfswerk will "Community Nurses" in der Pflege ansiedeln

Von Martina Madner

Politik
Das Hilfswerk ordnet die mit den "Community Nurses" geplante Prävention für ältere Menschen, damit diese länger keine Pflege benötigen, den Pflegeeinrichtungen zu.
© Micheile Henderson

Die Pflegeorganisation fordert eine Konkretisierung der Pläne für geplante Pflegeorganisatorinnen in 500 Gemeinden.


Im türkis-grünen Regierungsprogramm sind Community Nurses als Projekt in 500 Gemeinden festgehalten. Diese sollen demnach "zentrale Ansprechpersonen für die zu Pflegenden, die Angehörigen, zur Koordination von mobilen Pflege- und Betreuungsdiensten, medizinischen und sozialen Leistungen sowie zur Koordination von Therapien" werden. Sie sollen eine "zentrale Bedeutung" in der Prävention erhalten - "also VOR Eintreten der Pflegebedürftigkeit", ist in Versalien festgehalten. Sie sollen Menschen ab 75 Jahren besuchen und bei der Ernährung sowie der Bewegung beraten, damit diese möglichst lange fit bleiben und ohne Pflege auskommen.

So weit, so unklar für Elisabeth Anselm, Geschäftsführerin des Hilfswerks Österreich. Sie sieht in der "Diffusität zu viel Raum für sozialromantische Projektionen", weshalb das Hilfswerk auf konkrete Pläne poche. Denn: "Auf Unklarheit folgt Unentschlossenheit."

Die Aufgabender Community Nurses

Sogenannte "Public Health Nurses" müssen nach ihrer Pflege-Ausbildung ein zweijähriges Masterstudium absolvieren. Dafür könnten sie Aufgaben übernehmen, die sonst Ärztinnen und Ärzten vorbehalten sind. Diese Pflegekräfte übernehmen Aufgaben bei der Unterstützung chronisch Kranker, etwa Diabetiker.

Die "Community Nurses" entsprechen dagegen laut Hilfswerk-Vertreterinnen nach "internationalem Fachdiskurs" eher der Hauskrankenpflege. Derzeit sind rund 5.100 Pflegefachassistentinnen und Altenbetreuerinnen sowie 4.600 Diplomierte Pflegekräfte bei mobilen Diensten im Einsatz. Deren Arbeit umfasst bereits heute Pflegedienstleistungen wie Körperpflege, Medikamentengabe, Mobilisation, auch Pflegeberatung. Letzteres aber "fehlt im Leistungskatalog", so Anselm. Es werde finanziell nicht abgegolten, genauso wenig wie Prävention und Organisation im Vorfeld, bevor die Pflege notwendig ist.

Neben der fachlichen Qualifikation wirft das Hilfswerk die Erfahrung bestehender Träger als Argument in den Talon für die politische Entscheidung. Dazu die sofortige Verfügbarkeit im Unterschied zu neuen Strukturen, keine Doppelgleisigkeiten, keine weitere Segmentierung der ohnehin bereits auf enorm viele Felder aufgeteilten Pflege und Betreuung.

50 Millionen Eurozusätzlich pro Jahr

Die "Community Nurse" soll Schnittstelle zu Ärztinnen und Ärzten, Therapeuten, auch ehrenamtlichen Besuchsdiensten sein. Zweimal in der Woche soll es im Gemeindeamt Sprechstunden rund ums Älterwerden, Pflegeberatung und Unterstützungsmöglichkeiten geben. Bei den Hausbesuchen geht es auch um die Prävention, wie zum Beispiel Sturzgefahren zu Hause vermindert werden. Dazu kommen monatliche Informationsabende, etwa zu Alterserkrankungen. In der Praxis geht Anselm davon aus, dass eine Gemeinde mit 3.000 Einwohnerinnen und Einwohnern, davon 8,2 Prozent Menschen im Alter über 75 Jahren, eine Person im Vollzeitäquivalent benötigt. Inklusive Sachkosten etwa für Autofahrten bei Hausbesuchen kommt Anselm auf rund 100.000 Euro an Kosten pro Jahr, macht also für die von der Regierung geplanten 500 Gemeinden in Summe 50 Millionen Euro.

Neben dem Leistungskatalog sind auch politische Fragen offen: Wie es zu keinem Ambulanz-Effekt kommt, also nicht vermehrt Leistungen in Anspruch genommen werden, die nicht notwendig sind, oder wie das Angebot neutral - also unabhängig von nur einer Organisation - bleibt.