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Kontroverse um "Abkassieren" nach der Krise

Von Karl Ettinger

Politik

Der Auftakt des Finales im Nationalrat vor der Sommerpause stand im Zeichen der Folgen der Pandemie - samt neuer Debatte um eine Vermögensteuer.


Insgesamt 66 Tagesordnungspunkte stehen am Mittwoch und Donnerstag an den beiden letzten Sitzungstagen des Nationalrats auf der Tagesordnung. Zum Start rückte einmal mehr die Pandemie und die Frage, wer die Kosten für die Coronakrise tragen wird, im Hohen Haus in den Vordergrund. SPÖ-Chefin Pamela Rendi-Wagner warnte im Rahmen einer Aktuellen Stunde ihrer Partei, dass die "Heldinnen und Helden" der Krise letztlich von der türkis-grünen Bundesregierung eine "dicke, fette Rechnung" ausgestellt bekämen. Bundeskanzler Sebastian Kurz versicherte im Gegenzug, dass es für "jene, die hart arbeiten" Entlastungen geben werde.

Immer mehr Menschen würden mit ihrem Einkommen nicht über die Runden kommen, beklagte die SPÖ-Vorsitzende: "Corona hat die Vermögensschieflage noch verschärft." Diese Entwicklung bedrohe den "sozialen Frieden" in Österreich. Sie bekräftigte daher den Vorschlag ihrer Partei zur Einführung einer Vermögenssteuer ab einer Million Euro und einer Erbschaftssteuer. Diese seien "wann, wenn nicht jetzt"  notwendig. Außerdem sollen es mehr Steuern für Online-Multis geben.

Kurz gegen Vermögenssteuern

Bundeskanzler Sebastian Kurz winkte allerdings bei Vermögenssteuern prompt ab. Denn dies bedeutet, dass man in eine Debatte über mehr Steuern komme: "Steuererhöhungen, die tun nur eines, sie bremsen die Wirtschaft", hielt er der SPÖ-Chefin entgegen. "Wir haben eine Phase des Aufschwungs vor uns", bekräftigte Kurz. "Oberstes Ziel" sei daher, jene Menschen zu entlasten, die täglich aufstehen und hart arbeiten, "die dürfen nicht die Dummen in dem Land sein". Man werde aber große Digitalkonzerne stärker besteuern.

"Wer, bitte schön, ist denn derjenige, der die Kosten verursacht hat?", warf daraufhin FPÖ-Klubobmann Herbert Kickl ein.  Die Regierung habe eine "Liebhaberei" zu Lockdowns während der Pandemie gehabt, der Sozialdemokratie hielt er dabei "Komplizenschaft" vor. Wie nun abkassiert werde? Zum Beispiel mit höheren Energiepreisen, so Kickl: "Alles unter dem Deckmantel der Ökologisierung." Der Plan von Türkis und Grün in Komplizenschaft mit der SPÖ laute, "bei den Kleinen abkassieren", prophezeite er.

Grüne: Kein Sozialabbau

Die grüne Klubobfrau Sigrid Maurer verwahrte sich danach gegen die Aussage Kickls, dass auch Sozialabbau bevorstehe. "Wir sind Teil der Regierung, das wird es mit uns nicht geben", versicherte die grüne Klubchefin. Sie verwies vielmehr darauf, dass während der Coronakrise eine Reihe von Maßnahmen gesetzt worden seien, damit Menschen nicht in die Armut abrutschen. Ihre Aufzählung reichte vom Hilfspaket für Familien bis zum Härtefallfonds für Ein-Personen-Unternehmen, Steuerstundungen und Mitteln zur Verhinderung von Delogierungen. "So viele Maßnahmen in der Krise hat es unter ihrem Bundeskanzler nicht gegeben", schmetterte sie der SPÖ mit Rückblick auf die Finanz- und Wirtschaftskrise 2008 entgegen.

Für Neos-Chefin Beate Meinl-Reisinger standen die Verlierer der Pandemie schon fest: "Die Krise werden zahlen, wie immer, die Mittelschicht, Selbstständige und die Jungen." In einem Punkt war sie sich mit Bundeskanzler Kurz einig: "Ich finde es auch falsch, über Steuererhöhungen zu sprechen." Notwendig sei vielmehr, zu einem nachhaltigen Wachstum zu kommen, Entlastungen zu schaffen und Reformen zu organisieren.

Anti-Terrorpaket, BTV-Reform auf Tagesordnung

Im Anschluss stand im Hohen Haus die Weichenstellung für eine Energiewende auf dem Programm. Mit der Zustimmung der SPÖ und jener der türkis-grünen Koalition erfolgte am Mitwochmittag mit der notwendigen Zweidrittelmehrheit im Nationalrat der Beschluss für das Erneuerbaren-Ausbau-Gesetz gesichert. Damit werden die Bedingungen für den Ausbau des Ökostroms bis 2030 festgelegt. Für die Umstellung auf erneuerbare Energie bis 2030 wird pro Jahr jeweils eine Milliarde an Förderungen bereitgestellt.

Auf der Tagesordnung steht am Mittwoch auch noch das umfangreiche Anti-Terror-Paket, mit dem die türkis-grüne Regierung auf den Wiener Terroranschlag vom 2. November in Wien reagiert. Dieses sieht auch den umstrittenenen Straftatbestand für religiös motivierte Taten vor. Für bedingt entlassenene Terrorverdächtige kann künftig auch eine elektronische Fußfessel angeordnet werden.

Auf dem Programm steht weiters am Donnerstag die Reform des Staatsschutzes, nachdem das Bundesamt für Verfassungsschutz (BVT) wegen Pannen im Vorfeld des Wiener Terroranschlags ebenfalls heftig unter Beschuss geraten ist. Nun erfolgt eine Aufteilung der Aufgaben von Geheimdienst und Staatspolizei, die aber als "Direktion Staatsschutz Nachrichtendienst" unter einem Dach bleiben wird.