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FPÖ sieht nach U-Ausschuss einen "Staat im Staate"

Politik

Die FPÖ kritisiert im Bericht zum Ibiza-U-Ausschuss, dass "alle wesentlichen Funktionen des Staates" unter der Kontrolle der ÖVP stünden.


Als erste Fraktion präsentierte die FPÖ am Dienstag ihren Bericht zum Ibiza-Untersuchungsausschuss. Auf 150 Seiten wird vor allem an der ÖVP Kritik geübt. Während der Bericht des Verfahrensrichters Wolfgang Pöschl die FPÖ und vor allem den ehemaligen Parteichef Heinz-Christian Strache in den Fokus rückt, liegt der Schwerpunkt des FPÖ-Berichts auf der ÖVP. Die Volkspartei habe einen "tiefen Staat" errichtet, der sich vor allem durch die Kontrolle über das Innenministerium, das Justizministerium und das Finanzministerium zeigt.

Der blaue Fraktionsführer Christian Hafenecker legte in der Pressekonferenz nahe, dass Personen, die an die ÖVP spendeten, einen Vorteil daraus gewonnen haben und listete detailliert Spenderinnen und Spender und vermeintlich daraus entstandene Vorteile für sie oder ihre Familienmitglieder auf. Pöschl sah für solche Zusammenhänge nur in einem einzigen Fall Beweise: Bei einer Spende an einen FPÖ-nahen Verein durch den späteren Asfinag-Aufsichtsrat Siegfried Stieglitz. Zu diesem Fall, bei dem auch die Staatsanwaltschaft ermittelt, wollte Hafenecker nichts sagen. Er kritisierte aber den Verfahrensrichter für das Präjudiz in dessen Bericht.

Bundespräsident Alexander Van der Bellen warf Hafenecker vor, "längst Mitglied der türkisen Familie" zu sein und vom Ibiza-Video vorinformiert gewesen zu sein. Außerdem habe er die Übergangsregierung unter Bundeskanzler Kurz ohne Überprüfung einer parlamentarischen Mehrheit angelobt und dem U-Ausschuss Akten unterschlagen, indem er die Exekution der Lieferungen des Finanzministeriums nicht sofort beauftragt habe.

Vorschläge für neue Verfahrensordnung

Im Hinblick auf die Verfahrensordnung der parlamentarischen Untersuchungsausschüsse plädiert Hafenecker für die Ermöglichung von Videobefragungen von Auskunftspersonen, die Übertragung von Befragungen von Personen, die in der Öffentlichkeit stehen und eine "Filibusterregelung", die jeder Partei zwei Fragerunden garantiert und "abgesprochenes Frage-Antwort-Spiel und Plaudern ohne Ende", wie es bei der zweiten Befragung des Bundeskanzlers der Fall gewesen sei, unterbindet.

Bei der Übertragung von Befragungen sei eine Verzögerung denkbar, um die Geheimhaltungspflicht von vertraulichen Informationen zu gewährleisten. Außerdem soll es keine parteiischen Vorsitzenden geben, und die Erstbefragung soll nicht durch den Verfahrensrichter durchgeführt werden, sondern durch die Abgeordneten. Bei Klassifizierungen von gelieferten Akten durch Behörden soll es nach Ansicht der FPÖ der einsetzenden Minderheit ermöglicht werden, die Geheimhaltungsstufe herunterzusetzen. Die Abschaffung der Wahrheitspflicht, wie sie von Nationalratspräsident Wolfgang Sobotka vorgeschlagen worden war, steht für die FPÖ nicht zur Debatte.

Die FPÖ bezeichnete den Ibiza-U-Ausschuss als den "erfolgreichsten Untersuchungsausschuss der Geschichte". Er läuft formal noch bis 21. September. Hafenecker zufolge hätte die FPÖ den U-Ausschuss gerne weitergeführt. Man wolle mit den anderen Oppositionsparteien rasch die Einsetzung eines weiteren Untersuchungsausschusses verlangen, um Korruption und Postenschacher aufzudecken.(csa)