Für Gesundheitsminister Wolfgang Mückstein (Grüne) sind für den Schritt hin zu einer 1G-Regel, also weiteren Beschränkungen für Ungeimpfte, zwei Voraussetzungen nötig. Zum einen dürfe die Eindämmung der "prekären epidemiologischen Situation" nicht mit gelinderen Mitteln möglich sein, zum anderen müsse jeder die Möglichkeit für den zweiten Stich gehabt haben, erklärte er am Rande einer Pressekonferenz am Donnerstag.
Um Ungeimpften den Zutritt zu bestimmten öffentlichen Räumen zu verbieten, müsse schon eine "gewisse Dramatik" da sein. Außerdem hätten bis dato noch nicht alle die Möglichkeit gehabt, sich die zweite Impfung für die Vollimmunisierung abzuholen, so Mückstein: "Da kommen wir erst jetzt hin."
Mindestens eine Impfung für Genesene
Auf die Frage, wie es sich bei der 1G-Regel mit Genesenen verhalte, meinte Mückstein, dass diese sich jedenfalls mit einem Stich auffrischen müssten. Dann ist nämlich auch für diese Gruppe eine "sehr gute Immunität gegeben", erklärte der Gesundheitsminister.
Derzeit beobachte man die Lage "sehr genau". Immer mehr Experten schätzen, dass es in den nächsten Wochen und Monaten auch wieder zu einer stärkeren Belastung auf den Intensivstationen kommen könne. Das Covid-Prognosekonsortium etwa rechnet binnen 14 Tagen mit einer Verdoppelung der Covid-Patienten auf Intensivstationen. "Da hat sich die Einschätzung in den letzten Wochen verändert", meinte Mückstein. Und dies sei ein Zeichen, dass man reagieren müsse.
Aber neben 1G lägen auch andere Maßnahmen auf dem Tisch wie eine Innenbereich-Maskenpflicht oder eine Verschärfung der Abstandsregeln. "Es gibt nicht die neue Superregel", so Mückstein: "Wir wissen alle, was das Potpourri ist. Jetzt müssen uns die Experten sagen, zu welchem Zeitpunkt wir die Maßnahmen wieder einführen sollen." Dies sei ein Prozess, der derzeit mit den Experten und dem Koalitionspartner im Laufen sei.
Ein wesentlicher nächster Schritt seien zweifellos die Schulöffnungen. Hier sei das Bildungsministerium gefordert, und er erwarte sich eine zeitnahe Kommunikation. Aber die Maßnahmen, wie sie derzeit bekannt sind, "schauen sehr gut aus", so Mückstein, der dem Bildungsministerium nicht vorgreifen möchte.
Zuspruch für die 1G-Regel kam am Donnerstag aus Salzburg. Der dortige Gesundheitsreferent LHStv. Christian Stöckl (ÖVP) erklärte gegenüber Medien, dass er sich die 1G-Regel ab Oktober in einigen Bereichen des öffentlichen Lebens vorstellen könne. Die Impfpflicht sollte in der Gastronomie sowie im Freizeit- und Fitnessbereich wie auch bei Kulturveranstalten gelten. "Wir müssen den Geimpften deutliche Vorteile verschaffen. Ich sehe die 1G-Regel nicht als Impfpflicht durch die Hintertür, sondern ich sehe die Impfung als moralische Verantwortung. Wer sich nicht impfen lässt, muss auch Konsequenzen tragen", sagte Stöckl etwa gegenüber den "Salzburger Nachrichten" (Donnerstagausgabe).
Mehrheit will kostenpflichtige Test für Ungeimpfte
In der Debatte um Einschränkungen für jene, die sich nicht gegen das Coronavirus impfen lassen wollen, ist die Bevölkerung offenbar gespalten: 41 Prozent sind laut einer aktuellen Gallup-Umfrage für eine Impfpflicht zur Teilnahme am gesellschaftlichen Leben, 38 Prozent sind dagegen. Dass Corona-Tests für Ungeimpfte kostenpflichtig werden sollen, meinen 58 Prozent.
Der Wiener Gesundheitsstadtrat Peter Hacker (SPÖ) hatte zuletzt eine Diskussion losgetreten, ob nur mehr Geimpfte bei Veranstaltungen und in der Gastronomie zugelassen sein sollen. Der Gallup-Umfrage zufolge sind 41 Prozent der Meinung, dass es eine Impfpflicht zur Teilnahme am gesellschaftlichen Leben - konkret für die Gastronomie, Reisen, Hotels, Sportstätten, Kulturbetriebe und Freizeiteinrichtungen - geben sollte. 38 Prozent sind gegen eine solche Impfpflicht, weil die Testpflicht ausreiche, und 18 Prozent sagen, es solle weder eine Impf- noch eine Testpflicht geben.
Eine generelle Corona-Impfpflicht lehnen fast zwei Drittel (64 Prozent) ab, 29 Prozent wären dafür. Von den Impfgegnern (19 Prozent der Befragten) gab laut Gallup ein gutes Drittel an, sich mit finanziellen Anreizen, kostenpflichtigen Corona-Tests, Einschränkungen bei Reisen und im öffentlichen Leben zu einer Impfung umstimmen zu lassen beziehungsweise auf neue Impfstoffe zu warten.
"Immer weniger Verständnis für Impfgegner"
Ein Ende der Gratis-Tests für Ungeimpfte würden 58 Prozent der Befragten begrüßen. Im Juli waren noch 50 Prozent dagegen, dass die Tests für Ungeimpfte kostenpflichtig werden, im August waren es nur mehr 38 Prozent.
"Die Impfgegner erfahren immer weniger Verständnis für ihre Position", erklärte Gallup-Leiterin Andrea Fronaschütz in einer Aussendung. "Die geimpfte Mehrheit will keine Einschränkungen mittragen müssen, sie möchte die Vorteile ihres Impfstatus nutzen, das heißt zu einer Normalität zurückzufinden." Für die Gallup-Umfrage wurden vergangene Woche 1.000 Personen repräsentativ für die webaktive österreichische Bevölkerung im Alter ab 16 Jahren befragt. (apa)