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Demokratiebewusstsein schwankt in Krisen

Von Lydia Mitterbauer

Politik

Krisenhafte Ereignisse setzen der Demokratiezufriedenheit zu. Während der Flüchtlingskrise 2015 war sie am geringsten.


Drei große krisenhafte Ereignisse erlebte Österreich in den vergangenen zwölf Jahren: die Finanzkrise 2009, die Flüchtlingskrise 2015 und die Corona-Krise 2020/21. Welche Auswirkungen sie auf das Demokratiebewusstsein der österreichischen Bevölkerung hatten und haben, damit haben sich die Meinungsforscher Peter Ulram und Peter Hajek in einer Studie auseinandergesetzt. Das Ergebnis: Krisen führen nicht zwangsläufig zu mehr Zweifeln an der Demokratie - lassen die Zufriedenheit mit der Demokratie aber schwanken.

Demokratiezufriedenheit wird stark von aktuellen Ereignissen beeinflusst. 2009 war der Anteil der weniger oder gar nicht Zufriedenen größer als der Teil der sehr oder eher zufriedenen. Diese Verteilung hielt bis zum Ende der Bundespräsidentenwahl 2016 an. Danach stieg die Demokratiezufriedenheit wieder an. Der Höhepunkt an Demokratiezufriedenheit wurde im März 2020 erreicht, ausgerechnet zum Zeitpunkt der größten Einschränkungen der Grund- und Freiheitsrechte. "Der Staat hat sich stark gezeigt, solide in der Krise und die politischen Akteure sind vorangegangen", sagt Hajek dazu. Mit dem dritten Lockdown ist die Demokratiezufriedenheit aber wieder gesunken.

Unzufriedenheit steigt langfristig

Generell steigt die Unzufriedenheit mit dem Funktionieren der Demokratie seit den 1980er Jahren. Während der Flüchtlingskrise 2015 war die Unzufriedenheit mit 53 Prozent am größten. In der Corona-Krise zeigten sich 39 Prozent der Befragten unzufrieden, während der Finanzkrise waren es 25 Prozent.

In den vergangenen drei Krisen war der Anteil an "Vertrauensvollen" dennoch immer größer als jener der "Besorgten". Zuletzt glaubten 74 Prozent der Befragten an die Problemlösungsfähigkeit der Demokratie.

Grundsätzlich bevorzugen die meisten Österreicher eine Demokratie. So empfinden 83 Prozent eine Demokratie besser als eine Diktatur. Acht Prozent würden eine Diktatur bevorzugen ("Autoritäre"), für vier Prozent macht es keinen Unterschied, ob sie in einer Demokratie oder einer Diktatur leben ("Entfremdete"). Der Anteil dieses "autoritären Potenzials" ist in den vergangenen 25 Jahren nicht signifikant angestiegen. "Bei der basalen demokratiepolitischen Einstellung ändert sich praktisch nichts", resümiert Ulram. Einzig die Optimismus-Pessimismus-Relation bei Demokratieüberzeugten ändere sich.

Impfbereitschaft unter überzeugten Demokraten am höchsten

In Bezug auf die Impfbereitschaft war der Anteil der Geimpften bzw. Impfbereiten mit 57 Prozent unter Demokraten am höchsten (29 Prozent Skeptiker, 18 Prozent Gegner). Die meisten Impfgegner konnten mit 45 Prozent der Gruppe der Entfremdeten zugeordnet werden (34 geimpft oder impfbereit, 21 Prozent Skeptiker). Mit 39 Prozent war der Anteil der Impfskeptiker unter den Autoritären am höchsten (36 geimpft, 25 Prozent Impfgegner).