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Ibiza-Trip mit frostigem Ende

Von Daniel Bischof

Politik

Mit einer Debatte um den Endbericht wurde der U-Ausschuss im Nationalrat formal beendet.


Unglaublich viele Vorhalte, "unglaublich viel an Anpatzen" habe es im Ibiza-U-Ausschuss gegeben, sagt Nationalratsabgeordneter Andreas Hanger (ÖVP). Grosso modo sei aber nichts übrig geblieben, meint er im Plenum des Nationalrats. "Aso?", ruft David Stögmüller, Abgeordneter der Grünen, dazwischen. Auch seine Parteikollegin Nina Tomaselli kann Hangers Beschwerden über den "Unterstellungsausschuss" wenig abgewinnen: Applaus erhält der ÖVP-Politiker von ihr nicht, grinsend und kichernd verfolgt sie seine Rede.

Die Unstimmigkeiten zwischen den türkis-grünen Koalitionspartnern rund um den Ibiza-U-Ausschuss treten am Mittwoch im Nationalrat wieder offen zutage. Dort findet das Untersuchungsgremium mit einer Debatte um den Endbericht von Verfahrensrichter Wolfgang Pöschl formal sein Ende. Denn in einem entscheidenden Punkt war sich die türkis-grüne Koalition doch einig gewesen: Im Mai lehnten sie einen Antrag der Opposition auf Verlängerung des U-Ausschusses ab.

Er wolle Stögmüller und Tomaselli ja loben, sagt Nationalratsabgeordneter Christian Hafenecker (FPÖ). Diesen sei es im U-Ausschuss tatsächlich um Aufklärung gegangen. Doch hätten die beiden feststellen müssen, "dass die Grünen von den Türkisen korrumpiert worden sind". Daher sei auch der U-Ausschuss "abgedreht worden". Mit den Ergebnissen der Untersuchung zeigt sich Hafenecker zufrieden. Es sei gezeigt worden, dass sich die ÖVP einen "tiefen Staat" geschaffen habe.

Von einem "System Kurz" spricht Nationalratsabgeordneter Jan Krainer (SPÖ). Dieses bestehe aus einer "türkisen Familie": "Die, die dazugehören, bekommen eine besondere Förderung und Schutz." Es handle sich um eine "moralisch abgehobene" Gruppe, die ihre Macht missbrauchen würde, sagt der Sozialdemokrat.

"Das stimmt ganz einfach nicht! Permanente Unterstellungen!", beschwert sich Hanger mit einem Zwischenruf. Krainer entgegnet, Hanger lebe in einer "Parallelwelt". Der U-Ausschuss sei erfolgreich gewesen und habe bewiesen: "Ja, die türkis-blaue Bundesregierung war käuflich."

Keine Mehrheit für Antrag

Das "System Pilnacek" kritisiert wiederum Nationalratsabgeordnete Stephanie Krisper. Der einstige Justiz-Generalsekretär und Straflegistik-Sektionschef Christian Pilnacek ist derzeit suspendiert, er kämpft rechtlich dagegen an. Es stelle sich die Frage, ob die Ibiza-Ermittlungen unabhängig und effizient geführt worden seien, sagt sie. Und statt einer Politik des neuen Stils, wie ihn Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) propagiert habe, sei unter Türkis-Grün "ein Geben und Nehmen bei Gesetzesänderungen und Postenbesetzungen" etabliert worden.

Auch Tomaselli zieht eine positive Bilanz über den Ausschuss: Er habe in der Republik einen "Selbstreinigungsprozess" gestartet - etwa durch die Rücktritte, die es im Zuge der Untersuchungen gegeben hat. Durch den U-Ausschuss sei klar geworden, dass Türkis-Blau ein Parallelsystem "einführen wollte, um Politik vorbei am Parlament zu machen".

Keine Mehrheit findet am Mittwoch ein Entschließungsantrag von SPÖ, Neos und FPÖ, um das anstehende Schreddern der 2,7 Millionen Aktenseiten zu verhindern. Denn mit dem formalen Ende des U-Ausschusses können die Abgeordneten auch nicht mehr über die Unterlagen verfügen. Die Vernichtung der Akten wäre aber eine "enorme Ressourcenvergeudung", weil noch über eine Fortführung des Ibiza-Untersuchungsausschusses diskutiert werde, heißt es in dem Antrag.

Kurz bereits einvernommen

Ob es zu einem Weiterdreh des Ibiza-U-Ausschusses kommt, wird derzeit noch zwischen der Opposition verhandelt. Während Hanger darauf pocht, künftig die Persönlichkeitsrechte besser zu schützen, entgegnet Tomaselli, dass Hanger sich die "künstliche Empörung" sparen könne. Bei den veröffentlichten Chats habe es sich um Themen gehandelt, die von öffentlichem und nicht privatem Interesse seien.

Im Herbst könnte sich auch entscheiden, wie es bei den Ermittlungen gegen Kurz wegen falscher Beweisaussage weitergeht. Die "Presse" berichtete, dass der Bundeskanzler bereits Anfang September von einem Richter einvernommen wurde.