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Stadt-Land-Debatte bei Klimabonus

Von Martin Tschiderer

Politik
Nicht in allen Gemeinden Österreichs ist der öffentliche Verkehr gut erschlossen.
© Rosner

Wer am Land lebt, bekommt mehr Geld zurück als Städter. Ist das klimapolitisch sinnvoll?


Mit der Einigung der türkis-grünen Bundesregierung auf die "ökosoziale Steuerreform" fällt ab 1. Juli 2022 eine zusätzliche Steuer für den CO2-Ausstoß der Österreicherinnen und Österreicher an. Allerdings: Die Steuer soll mit einem "regionalen Klimabonus" abgefedert werden, die Einnahmen aus der CO2-Bepreisung sollen an die Bevölkerung zurückfließen.

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Dafür wird es vier Stufen geben: Die Höhe des Klimabonus wird daran bemessen, wo in Österreich man wohnt, wie gut dort die Versorgung mit öffentlichen Verkehrsmitteln ist - und wie sehr man somit auf das Auto "angewiesen" ist. In der gut erschlossenen Großstadt wird es daher mit 100 Euro pro Person und Jahr den geringsten Bonus geben. Tatsächlich wird diese niedrigste Stufe ausschließlich für die Einwohner Wiens gelten. In allen Landeshauptstädten wie Graz und Linz und weiteren größeren Städten wie Wels oder Krems bekommt man 133 Euro, in Städten wie Villach oder Amstetten 167 und in besonders schlecht erschlossenen Gemeinden den Höchstbetrag von 200 Euro. Kinder erhalten die Hälfte des jeweiligen Bonus.

Ausbau des öffentlichen Verkehrs "entscheidend"

Der Klimabonus ist vor allem dem Wunsch der ÖVP geschuldet, Menschen am Land, die hauptsächlich mit dem Auto unterwegs sind, nicht zu stark zu schröpfen. Öffentliche Kritik daran folgte auf dem Fuß. Menschen, die ohne eigenes Auto in Städten wohnen und für ihre Wege vornehmlich Öffis oder Fahrrad benutzen, würden damit indirekt die Motorisierung der Landbevölkerung subventionieren. Somit werde gar ein Anreiz für das aufgrund der Verkehrswege klimaschädlichere Leben am Land gesetzt. Ist die Maßnahme also sinnvoll?

"Um auf das Auto wirklich verzichten zu können, brauche ich einen gut ausgebauten öffentlichen Verkehr", sagt Ökonomin Claudia Kettner vom Wifo im Gespräch mit der "Wiener Zeitung". "Es gibt aber einige Regionen in Österreich, in denen das nicht der Fall ist." Entscheidend sei daher vor allem, dass der öffentliche Verkehr auch in diesen Regionen ausgebaut werde. Bis dahin "ist der regional differenzierte Klimabonus für mich nachvollziehbar", sagt Kettner. "Man hätte die regionale Komponente aber durchaus mit einer sozialen verknüpfen können." Konkret: Würde man den Bonus nur an einkommensschwache Haushalte auszahlen, wäre die soziale Treffsicherheit erhöht, so die Expertin.

"Die Maßnahme ist eine Antwort darauf, dass man das gesamte Mobilitätsverhalten nicht von heute auf morgen umstellen kann", sagt Lukas Hammer, Klimaschutzsprecher der Grünen, zu dieser Zeitung. Das ursprünglich anvisierte Modell der Grünen hätte eine Abfederung wie den Klimabonus nicht vorgesehen, entsprechend laut waren Häme und Kritik an der Partei, sich gegenüber dem großen Koalitionspartner ÖVP neuerlich nicht durchgesetzt zu haben. In der nun beschlossenen Einigung gehe es um einen gewissen "Gerechtigkeitsausgleich" nicht so sehr für Bewohner des urbanen Umlands wie im Wiener Speckgürtel, sondern für jene, die "wirklich weit draußen am Land" lebten, so Hammer. Auch Wienerinnen und Wiener hätten in den vergangenen Jahrzehnten etwa von den Milliardenzuschüssen vom Bund für den Wiener U-Bahnausbau profitiert - ebenfalls eine Subventionierung durch Gelder aller heimischen Steuerzahler.

Heizkosten nicht berücksichtigt

Die genauen Modalitäten, wie der Bonus schließlich ausbezahlt wird, sind noch in Ausarbeitung, hieß es gegenüber dieser Zeitung. Mit der Einteilung der Gemeinden in die vier Bonus-Stufen wurde die Statistik Austria beauftragt. Für die Klassifizierung berücksichtigte sie neben der Einteilung in Städte, Land und Umland ("Urban-Rural-Typologie") noch die Erreichbarkeit mit öffentlichen Verkehrsmitteln. Weitere Faktoren wie die Höhe der Heizkosten und die generell vorhandene Infrastruktur für die Energieversorgung wurden im Modell nicht berücksichtigt.

Für die Einteilung wurden sämtlichen Öffi-Haltestellen in Österreich (Bus, Bahn- Straßenbahn und U-Bahn) eine von acht "Güteklassen" zugewiesen. Je nach Anteil der Gemeindebevölkerung im Einzugsgebiet besonders gut oder schlecht angebundener Haltestellen ergibt sich daraus die Zuordnung der Gemeinden zu einer der vier Stufen.

In Wien, wo man den geringsten Klimabonus von 100 Euro erhält, leben knapp 22 Prozent der Bevölkerung. In den 106 Gemeinden der zweiten Stufe lebt knapp ein Viertel, in den 443 Gemeinden der dritten rund ein Fünftel der Bevölkerung. Den höchsten Klimabonus von 200 Euro bekommt man in insgesamt 1.545 Gemeinden, wo gut ein Drittel der heimischen Bevölkerung lebt.

Parallel zum CO2-Preis, der jährlich höher wird, soll jedenfalls auch der Klimabonus steigen. Im Jahr 2025 soll er somit rund doppelt so hoch sein wie 2022. Während dieser Legislaturperiode soll es beim jährlichen Anstieg des Klimabonus bleiben.