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Gut Verdienende profitieren am meisten

Von Martina Madner

Politik
Energie kostet in großen Städten wie Wien pro Quadratmeter mehr als in kleinen Gemeinden.
© stock.adobe.com / nikkytok

Die Steuerreform verteilt kaum zwischen Reicheren und Ärmeren um. Selbst der sogenannte Klimabonus reicht oft nicht vollständig als Ausgleich für den höheren CO2-Preis aus.


Die ökosoziale Steuerreform geht "Hand in Hand mit der Schaffung von Wahlmöglichkeiten, einer sozialen Abfederung, der Berücksichtigung von regionalen Unterschieden". So lautete der Plan der türkis-grünen Regierung laut ihrem Programm von Anfang 2020. Nun liegen die konkreten Pläne auf dem Tisch.

Je höher das Einkommen, desto höher ist die Entlastung: Von der Tarifreform profitieren erst jene mit einem Einkommen über 6.000 Euro brutto pro Monat voll. Den vollen Familienbonus können sich Eltern bei einem Kind ab einem monatlichen Einkommen von 2.000 Euro voll abholen. Weil der sogenannte Klimabonus unabhängig vom ökologischen Fußabdruck und dem sozialen Bedarf ausbezahlt wird, erhalten Menschen in Städten weniger - egal, ob sie beim Heizen und ihren Wegen wegen der CO2-Bepreisung tiefer in die Tasche greifen müssen als davor.

Steuertarifsenkung wirkt erst ab 6.000 Euro vollständig

Die ersten 11.000 Euro nach Abzug der Sozialversicherung, Werbekosten und Sonderzahlungen sind steuerfrei. Für jeden Euro zwischen 11.000 und 18.000 sind 20 Prozent fällig. Ab Juli 2022 wird der Steuertarif in der nächsten Stufe von 35 auf 30 Prozent gesenkt. In diese Tarifstufe fällt zu besteuerndes Einkommen zwischen 18.000 und 31.000 Euro.

Um 18.000 Euro zu besteuerndes Einkommen zu erreichen, müssen unselbständig Erwerbstätige rund 25.200 Euro brutto pro Jahr verdienen, also 1.800 Euro brutto im Monat - erst dann wirkt sich der niedrigere Tarif von 30 statt 35 Prozent überhaupt aus. In einer Aussendung der Bundesregierung ist zu lesen, dass diese erste Tarifreform einer lohn- oder einkommensteuerpflichtigen Person bis zu 650 Euro Entlastung jährlich bringt. Das allerdings bringt sie erst bei 31.000 Euro zu versteuerndem Einkommen, der oberen Grenze der Tarifstufe. Diese erreichen unselbständig Beschäftigte mit rund 44.800 Euro brutto jährlich, also 3.200 Euro monatlich.

Ein Jahr später, ab Juli 2023, will die Regierung den Steuersatz in der dritten Tarifstufe zwischen 31.000 und 60.000 Euro zu besteuerndem Einkommen von heute 42 auf dann 40 Prozent senken. Die maximale Entlastung beträgt weiter 580 Euro jährlich. Die aber kann nur eine Person erreichen, die rund 84.000 Euro brutto jährlich, also 6.000 Euro brutto monatlich vor Abzug der Sozialversicherung, auf dem Lohn- oder Gehaltszettel vermerkt hat.

Den vollen Familienbonus gibt es nur für Wohlhabendere

Bisher konnten Eltern bis zu 1.500 Euro pro minderjährigem Kind von der Steuer absetzen, ab Juli kommenden Jahres sind es 2.000 Euro pro Kind. Die Arbeiterkammer Wien berechnet, dass für eine Familie mit drei Kindern, bei der ein Elternteil 2.700 Euro, der zweite 1.000 Euro brutto monatlich verdient, keine zusätzliche Entlastung durch den Familienbonus entsteht: Die Familie kann für die drei Kinder schon heute bereits 4.338,9 Euro jährlich von der Steuer absetzen. Das ist die gesamte Lohnsteuer, die der Elternteil mit 2.700 Euro brutto monatlich bezahlt.

Um den Familienbonus mit einem Kind voll auszuschöpfen, braucht es künftig ein Einkommen von zumindest 2.000 Euro brutto monatlich statt heute 1.850 Euro. Den vollen Familienbonus bei zwei Kindern gibt es erst ab einem Einkommen von zumindest 2.750 Euro monatlich. Und Familien mit drei Kindern können erst ab einem Einkommen von zumindest 3.350 Euro brutto pro Monat den vollen Familienbonus von dann 2000 Euro für jedes Kind von der Steuer absetzen - darunter ist es weniger.

Die Beispielfamilie profitiert zwar beim geringeren Einkommen von den 1,7 Prozentpunkten weniger Sozialversicherung ab Juli 2022. In Euro macht diese Entlastung aber nur 238 Euro aus - also weniger als die bis zu 500 Euro pro Kind von Familien mit hohem Einkommen. Nur bei Alleinerziehenden mit geringem Einkommen gibt es künftig zusätzlich 450 statt heute 250 Euro Kindermehrbetrag.

Unterschiedliche Be-, aber nicht punktgenaue Entlastung beim CO2-Preis

Der Großteil der Haushalte mit Gasheizung verbraucht laut E-Control 17,9 Megawattstunden pro Jahr. Bei rund 3,6 Tonnen CO2-Verbrauch und einem Preis von 30 Euro je Tonne im kommenden Jahr verursacht die CO2-Bepreisung laut APA-Berechnungen für einen Haushalt mit Gasheizung im ersten Jahr also Mehrkosten von 107 Euro im Jahr 2022.

Laut Statistik Austria werden in Wien 48,5 Prozent aller rund 910.000 Haushalte mit Gas beheizt, österreichweit sind es 23 Prozent. In Wien sind die Kosten für Strom, Warmwasser und das Heizen zwar mit 1,5 Euro pro Quadratmeter um einiges teurer als in kleineren Gemeinden mit weniger als 10.000 Einwohnern, wo man im Durchschnitt 1,2 Euro pro Quadratmeter bezahlen muss. Absolut aber zahlen Wienerinnen und Wiener im Median um 13 Prozent weniger Energiekosten, da ihre Wohnungen und Häuser kleiner sind als im österreichischen Durchschnitt.

Der sogenannte Klimabonus als Ausgleich für zusätzliche CO2-Kosten fällt in Wien jedenfalls mit 100 Euro weit geringer aus als die 200 Euro in ländlichen Regionen wie Litschau im Waldviertel und Mellau im Bregenzer Wald. Das ist allerdings weniger den Heizkosten geschuldet als der regionalen Erreichbarkeit mit öffentlichen Verkehrsmitteln. Da aber alle, die zur Miete wohnen, beim Heizen nicht umsteigen können, heißt es aus dem Klimaschutzministerium auf Anfrage der "Wiener Zeitung": "Wir wollen jedenfalls Anreize für Vermieter ausbauen, damit diese auch im mehrgeschoßigen Wohnbau von Gas auf erneuerbare Heizungen umsteigen." Das sei Teil der 500 Millionen Euro schweren "Sauber Heizen Offensive".