Mit demonstrativem Arbeitseifer haben sich die Mitglieder der türkis-grünen Bundesregierung am Mittwoch zum ersten Ministerrat nach dem Rücktritt von Sebastian Kurz zusammengefunden. Wortspenden gab es nur kurze, man wolle gemeinsam das vereinbarte Programm abarbeiten, und das werde auch funktionieren, hieß es seitens der ÖVP-Riege beim Eintreffen im Kanzleramt. Die Grünen kamen im Pulk, mehr als ein "Guten Morgen" ließ sich Vizekanzler Werner Kogler nicht entlocken.

Ansonsten mussten sich die anwesenden Journalisten mit einem Kameraschwenk im Sitzungssaal zufriedengeben. Zu sehen gab es erstmals Alexander Schallenberg (ÖVP) als Bundeskanzler, vor ihm ein Unterlagenstapel, der wohl aus dem zu beschließenden Haushalt 2022 bestand. Als Vertreter des ÖVP-Klubs war August Wöginger gekommen, Kurz als neuer Klubobmann der Volkspartei ließ sich nicht blicken. Allerdings ist der Ex-Kanzler auch noch nicht als Abgeordneter angelobt, das soll erst im Nationalrat am Donnerstag passieren.

Die Situation im Leopold-Figl-Saal des Bundeskanzleramts ließ Reminiszenzen an die Zeit vor der von Kurz' Mitarbeiterstab so forcierten "Message Control" aufkommen: Keine Kordel trennte Journalisten von Politikern, die "Doorstep"-Inszenierung fehlte, wer etwas sagen wollte, wurde von Kameraleuten umringt und gab seine Wortspende ab; so etwa Finanzminister Gernot Blümel (ÖVP), der sich froh zeigte, dass man Budget und Steuerreform trotz der jüngsten turbulenten Zeiten auf den Weg bringen könne. Ob das unter Schallenberg so bleiben wird, wusste man im Bundespressedienst allerdings noch nicht.

Waffenverbot für Gefährder beschlossen

Zudem wurde im Ministerrat ein obligatorisches Waffenverbot für Gefährder beschlossen. "Wir machen aus der bisherigen Kann- eine Muss-Bestimmung und minimieren damit das Risiko für Frauen und auch für Kinder", sagte die Frauensprecherin der Grünen, Meri Disoski, die den Beschluss initiiert hatte.

Die Änderung des Waffengesetzes stellt demnach klar, dass im Falle eines ausgesprochenen Annäherungs- und Betretungsverbots künftig auch ein obligatorisches Waffenverbot gilt. "Neu ist auch, dass im Fall einer Waffenabnahme die Behörde künftig prüft, ob Voraussetzungen für ein dauerhaftes Waffenverbot gegeben sind. Liegen diese vor, werden vorhandene Schusswaffen Gewalttätern dauerhaft entzogen", erläuterte Disoski.

"Es ist unvorstellbar, dass es bisher in Österreich nicht selbstverständlich war, Schusswaffen in Fällen von häuslicher Gewalt sofort einzuziehen und eben nicht wieder auszuhändigen", meinte die Frauensprecherin. Von den 21 Tötungsdelikten an Frauen im Jahr 2021 seien sieben mit Schusswaffen durchgeführt worden.  (apa)