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Und ständig grüßt das Asylverfahren

Von Karl Ettinger

Politik

Der Verwaltungsgerichtshof schlägt sich bei prekärer Personallage weiter mit den Folgen der Flüchtlingswelle 2015 herum.


Die Schlagzahl wurde gesteigert. Im Jahr 2020 wandten sich mehr als 7.000 Betroffene mit Beschwerden an den Verwaltungsgerichtshof. Die Höchstrichter konnten zwar zugleich etwas mehr Fälle als im Vorjahr erledigen, der Berg der tausenden Beschwerden ist damit aber nur ein bisschen kleiner geworden. Das geht aus dem Tätigkeitsbericht des Höchstgerichts hervor, der jetzt zusammen mit dem Jahresbericht 2019 dem Nationalrat vorliegt.

Ein Hauptgrund dafür ist, dass der Verwaltungsgerichtshof auch fünf Jahre nach der Flüchtlingswelle im Jahr 2015 mit der Aufarbeitung der zahlreichen Asylanträge, die seitdem gestellt wurden, beschäftigt ist. Die personelle Aufstockung des Bundesamts für Fremdenwesen und Asyl, die zu einer rascheren Abwicklung der Anträge in erster Instanz geführt hat, und auch des Bundesverwaltungsgerichts habe "zu einem Anstieg der Erledigungszahlen durch diese Instanzen und damit konsequenterweise auch der Anfallszahlen beim Verwaltungsgerichtshof geführt", wird als Begründung für die Antragsflut im Bericht angeführt. Damit sei die Zahl der Anträge schon seit mehreren Jahren "auf einem relativ hohen Niveau".

Eine Trendwende ist nicht zu erwarten. Weil auch das Bundesverwaltungsgericht seinen Rückstau bei den Asylanträgen abbauen wolle, bedeute das für den Verwaltungsgerichtshof, dass die Antragsflut "voraussichtlich auch noch einige Zeit so bleiben" werde, schreibt das von Präsident Rudolf Thienel geführte Höchstgericht im Bericht an die Parlamentarier. Im Durchschnitt dauert die Erledigung eines Falles rund 4,1 Monate.

Keine Entspannung in Sicht

Die Hoffnung auf eine rasche Änderung ist auch aufgrund der Entwicklung im heurigen Jahr gering. Der Neuanfall beim Verwaltungsgerichtshof bewege sich etwa auf demselben hohen Niveau wie im Vorjahr. Erst längerfristig könnte es angesichts rückläufiger Antragszahlen zu einem Rückgang des Neuanfalls in Asylsachen kommen. Dies hänge aber von der aktuellen internationalen Situation ab. Kurzfristig ist keine Entlastung zu erwarten: "Für die unmittelbar bevorstehenden Jahre ist aber jedenfalls mit einer in etwa gleichbleibenden Belastung des Verwaltungsgerichtshofes zu rechnen."

Zugleich kämpft das Gericht mit einer angespannten Personalsituation. Das Personal habe, wie bereits in den Jahren davor, "gerade ausgereicht", um die Aufgaben erledigen zu können. "Wie schon in den letzten Jahren konnten allerdings die budgetären Vorgaben nur dadurch eingehalten werden, dass Nachbesetzungen von freien Stellen nicht zeitnah, sondern zum Teil mit beträchtlicher zeitlicher Verzögerung vorgenommen wurden, was "naturgemäß die Aufgabenbewältigung erschwerte", so das Höchstgericht. Spielraum sieht man keinen mehr: "Die Möglichkeiten von Einsparungen im Personalbereich sind damit auch in diesem Jahr vollständig ausgereizt worden."

Stellen bleiben unbesetzt

92 Prozent des Budgets fließen derzeit in die Personalkosten. Schon in den vergangenen Jahren habe man wiederholt Infrastrukturmaßnahmen zurückstellen müssen, schreibt das Höchstgericht. Bei Nachbesetzungen hapert es. Nicht nur Stellen von wissenschaftlichen Mitarbeitern mussten unbesetzt bleiben, "auch die Nachbesetzung der Stellen von Richterinnen und Richtern musste mehrfach hinausgezögert werden, um den Budgetrahmen einzuhalten". Was sich wiederum negativ auf die Arbeitskapazitäten auswirkte.

Eine technische Neuerung sollte zu einer Beschleunigung führen. "Nach der sehr aufwendigen Erneuerung des elektronischen Aktenverwaltungssystems des Verwaltungsgerichtshofes im Jahr 2019 wurde das Projekt der elektronischen Aktenvorlage durch die Verwaltungsgerichte vorangetrieben", wird im Bericht vermerkt. Es sei wegen der allgemeinen Beeinträchtigung des Dienstbetriebes in allen öffentlichen Einrichtungen infolge der Covid-19-Pandemie allerdings "erst Anfang 2021 gelungen", ein Pilotprojekt in Angriff zu nehmen, musste eingeräumt werden.