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Faire Arbeitsverteilung für Frauen

Von Martina Madner

Politik

Was sich in den deutschsprachigen OECD-Ländern - insbesondere in Österreich - ändern müsste, damit Frauen wie Männer einen fairen Anteil an der bezahlten Arbeit erhalten.


Die drei deutschsprachigen OECD-Länder, "Deutschland, die Schweiz und Österreich, sind nicht gerade für ihre große Progressivität bekannt", sagt Monika Queisser, Leiterin der Abteilung Sozialpolitik der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) bei einer Veranstaltung unter dem Motto "Arbeit fair teilen - was Frauen und Männer weiterbringt". Nicht nur, dass man die negativen deutsche Begriffe Rabenmutter oder Schlüsselkind, der für berufstätige Frauen und ihre Kinder nach wie vor keine Seltenheit sind, in Ländern wie Frankreich übersetzen müsste. Mutterschaft wirkt sich in Deutschland, der Schweiz und Österreich auch negativ auf die Erwerbsarbeit von Frauen aus. "In dem Moment, wo ein Kind kommt, geht die Schere auseinander", sagt Queisser. Dabei gibt es Punkte, die für eine fairere Verteilung gut bezahlter genauso wie unbezahlter Arbeit zwischen Frauen und Männern sorgen könnten.

Auch Mütter könnten ihre Arbeitsstunden ausweiten

Zwar ist es um die Frauenerwerbstätigkeit der drei Länder mittlerweile gut bestellt: Insbesondere die Schweiz liegt mit über 80 Prozent aller Frauen, die im Alter zwischen 15 und 65 Jahren einer Erwerbsarbeit nachgehen, im OECD-Vergleich weit vorne. In Deutschland sind es 75 Prozent, selbst Österreich gehört mit 72 Prozent noch zum guten Mittelfeld.

Allerdings ist die Quote der Frauen, die in Teilzeit arbeiten, in allen drei Ländern enorm hoch: In der Schweiz sind es 27, in Deutschland 22 und Österreich 20 Prozent. Besonders Frauen mit Kindern reduzieren ihre Arbeitszeit deutlich: Während es in Ungarn, Litauen oder Portugal nicht einmal zehn Prozent sind, arbeiten in Österreich 56 Prozent der Mütter weniger als 30 Stunden. Auch in Deutschland arbeitet nur ein Viertel der Mütter in Vollzeit, "das wirkt sich frappierend auf ihr Einkommen aus", sagt Queisser. Anders in Frankreich: Hier reduzieren nur 20 Prozent der Frauen mit Kind auf unter 30 Stunden, 60 Prozent arbeiten nach kürzeren Elternauszeiten als im deutschsprachigen Raum wieder in Vollzeit.

Für die Frauen besonders nachteilig wirkt, dass eine Teilzeitarbeitstunde zwar im Durchschnitt produktiver ist als eine Stunde in einer Vollzeitarbeit. Trotzdem wird laut dem Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung für die Teilzeitarbeitsstunde aber im Durchschnitt um 17 Prozent weniger bezahlt als für jene in Vollzeit. Valentin Vogt vom Schweizerischen Arbeitgeberverband spricht von einem Minimum für Teilzeit von generell 60 Prozent und bei Führungskräften 80 Prozent der Stunden. Denn: "Wenn es weniger Stunden sind, ist die Gefahr groß, dass man seine Fähigkeiten verliert".

Steuerliche Anreize für Arbeit statt fürs zu Hause bleiben

Ein Hemmschuh, die Arbeitszeit zu verlängern, sind laut Queisser die Steuer- und Sozialversicherungsgrenzen. "In Deutschland verlieren jene, die über der Geringfügigkeit verdienen, zwei Drittel ihres Einkommens", sagt die OECD-Expertin. In Österreich macht sich hingegen mehr die Grenze zwischen steuerfreiem und steuerpflichtigen Einkommen ab 11.000 Euro jährlich, wo für jeden weiteren Euro 20 Prozent Steuer zu bezahlen ist, bemerkbar. Hier überlegen manche durchaus, ob es sich lohnt, mehr zu arbeiten oder nicht.

Per Comic unter dem Motto "Money matters", illustriert von Pauline Cremer, machen die deutsche Managerin Janina Kugel und die Soziologin Jutta Allmendinger auf negative Verteilungsanreize in Deutschland wie das Ehegattensplitting hin. "Es bevorzugt Paare, in denen eine Person viel, und eine Person wenig Einkommen hat", heißt es im Comic. Und: Es sei ein "echtes Hindernis, wenn wir uns in einer Ehe gleichberechtigt um Kids und Job kümmern wollen".

Tatsächlich gibt es für die Paare, deren Gehaltsunterschied am größten ist, die größte Steuerersparnis, wenn ein Teil des höheren Einkommens mit dem niedrigeren Steuersatz besteuert wird. "Manchmal sterben Menschen, jedes dritte Ehepaar lässt sich scheiden, wenn die Kinder noch klein sind", sagt sie auch - und fragt: "Wie wäre es, die Karten neu zu mischen und das Ehegattensplittting abzuschaffen?"

In Österreich wurde die Haushaltsbesteuerung bereits 1973 abgeschafft. Mit dem Alleinverdienerabsetzbetrag - immerhin 494 Euro bei einem Kind - gibt es aber auch in Österreich einen Anreiz dafür, dass ein Elternteil keiner Erwerbsarbeit nachgeht. Und: Bis 2018 konnte man in Österreich bis zu 2.300 Euro Kinderbetreuungskosten von der Steuer absetzen. Mit dem Familienbonus gibt es ein steuerliches Goodie für Eltern unabhängig davon, ob sie sich darum die Möglichkeit erkaufen, länger einer Erwerbsarbeit nachzugehen oder nicht.

Auch Pensionssplitting fördert Zuverdienstmodelle

In Österreich gibt es ein Pensionssplitting für Eltern. Dabei werden freiwillig bis zu 50 Prozent der Pensionsbeiträge des besser verdienenden Elternteils bis zu sieben Jahre lang dem anderen für dessen Pension gutgeschrieben. Die türkis-grüne Regierung will ein automatisches Pensionssplitting umsetzen, aus dem man - falls gewünscht - aussteigen kann. Das Modell lässt auf sich warten, das freiwillige nehmen kaum Eltern in Anspruch.

Auch vom Pensionssplitting profitieren Eltern mit den größeren Einkommensunterschieden mehr als mit kleineren: "Sozialpolitisch hilft es Frauen, später zu höheren Pensionen zu kommen. Frauenpolitisch kann es den Effekt haben, dass man damit Teilzeitarbeit fördert", sagt Wifo-Ökonomin Ulrike Famira-Mühlberger im Gespräch mit der "Wiener Zeitung" deshalb.

Öffentliche Kinderbetreuung und Väter ins Boot holen

Das viel größere Problem für die Frauenpensionen ist allerdings die viele Teilzeitarbeit davor. Seit der Pensionsreform von 2005 senkt Teilzeitarbeit die Pension im Alter noch deutlicher als davor. Bei der OECD-Veranstaltung erklärte Famira-Mühlberger auch, dass es ganz "viele Rädchen seien, an denen man drehen muss, damit Frauen nach der Geburt in Vollzeit zurückkehren".

Arbeiten muss aber auch möglich sein. Eine Studie für die ÖVP-nahe Julius-Raab-Stiftung zu EU-Ländern, der Schweiz und Norwegen aus dem Sommer zeigte, dass Österreich einen deutlichen Aufholbedarf bei der Betreuung der unter Dreijährigen hat. Während in Dänemark in dieser Altersklasse etwa 66 Prozent und in den Niederlanden 65 Prozent betreut werden, sind es in Österreich nur 23 Prozent. "Das Geld, das der Familienbonus kostet, hätte man auch in mehr Gratiskindergartenplätze und Kinderbildung investieren können", stellt die Wifo-Expertin fest.

Auch wenn Väter mit dem einkommensabhängigen Modell in Österreich vermehrt in Karenz gehen, übernehmen Mütter nach wie vor mehr unbezahlte Arbeit. Das ist auch in Deutschland nicht anders: "Väter kennen Werkshallen manchmal besser als ihre Kinder", sagt deshalb auch Soziologin Allmendinger.