Die Regierung wird frühestens am Freitag über weitere Maßnahmen zur Eindämmung der dramatischen Corona-Situation in Österreich beraten. Sowohl Tourismusministerin Elisabeth Köstinger (ÖVP) als auch Justizministerin Alma Zadic (Grüne) verwiesen am Mittwoch nach dem Ministerrat auf die für Freitag geplante Landeshauptleute-Konferenz. Auch aus den Bundesländern hieß es, dass am Mittwoch keine Gespräche geplant sind. Im Gesundheitsministerium sind interne Gespräche angesetzt.

"Es gibt am Freitag die Landeshauptleute-Konferenz in Tirol, da wird weiter beraten", sagte Köstinger im Pressefoyer nach dem Ministerrat. "Meines Wissens nach ist der Gesundheitsminister sehr intensiv eingebunden." Auch Zadic betonte, dass mögliche Maßnahmen angesichts der sich zuspitzenden Lage zunächst intern und auch mit den Landeshauptleuten abgesprochen werden. An der LH-Konferenz wird nicht nur, wie bereits angekündigt, Bundeskanzler Alexander Schallenberg (ÖVP), sondern auch Gesundheitsminister Wolfgang Mückstein (Grüne) teilnehmen.

Zuletzt war zwischen Gesundheitsminister Wolfgang Mückstein (Grüne) und Bundeskanzler Alexander Schallenberg (ÖVP) Dissens darüber ausgebrochen, ob angesichts der steigenden Fallzahlen weitere Maßnahmen über den seit Montag geltenden Lockdown für Ungeimpfte hinaus notwendig sind. Mückstein hatte am Sonntag für nächtliche Ausgangsbeschränkungen auch für Geimpfte plädiert und eine Entscheidung für Mittwoch gefordert. Schallenberg lehnte Maßnahmen für bereits Geimpfte postwendend ab und betonte, es werde am Mittwoch keine Gespräche geben.

Interne Expertengespräche bei Mückstein

Am Dienstag hieß es dann aus Mücksteins Büro, dass man am Mittwoch die Lage neu bewerten wolle. Diese "Expertengespräche" finden laut Mücksteins Büro am Nachmittag in verschiedenen Runden statt, sie sind nicht medienöffentlich. So wird etwa mit dem Krisenstab im Ministerium, Vertretern der AGES sowie der Gesundheit Österreich GmbH (GÖG), Intensivmedizinern und dem Corona-Prognosekonsortium beraten.

Zadic betonte im Pressefoyer, es sei der Regierung bewusst, dass die Lage sehr ernst sei. "Wir wissen auch, dass die Mitarbeiter in den Krankenhäusern am Anschlag sind." Wie auch Köstinger war Zadic bemüht, die zuletzt aufgetretenen Konflikte um das Pandemie-Management in der Bundesregierung zu relativieren: Schallenberg und Mückstein hätten am Vortag bereits im Nationalrat "alles gesagt" und auch "gemeinsam kommuniziert". "Allfällige weitere Maßnahmen werden intern besprochen, gemeinsam auch mit den Landeshauptleuten, das wird alles gemeinsam zeitnah kommuniziert."

Köstinger blieb auf der vom Kanzler vorgegebenen Linie, dass man bei den Ungeimpften abzielen müsse und die Geimpften unberührt bleiben sollen, auch verwies sie auf die bereits gesetzten Maßnahmen: "Mit dem Lockdown für Ungeimpfte haben wir sehr weitreichende Maßnahmen gesetzt." Man habe sich verständigt, dass man den Geimpften "größtmögliche Freiheit" geben wolle und "Ungeimpfte schützen" müsse, weil das Infektionsgeschehen zu einer "dramatischen Situation" im Gesundheitsbereich führe.

Auch Bundesländer verweisen auf Freitag

Auch in den Bundesländern verwies man auf den Freitag: Ein Gespräch des Gesundheitsministers mit Salzburgs Landeshauptmann Wilfried Haslauer (ÖVP) sei am Mittwoch nicht geplant, erklärte der Sprecher Haslauers auf APA-Anfrage. Falls Mückstein der Ansicht sei, dass verschärfende Maßnahmen wie eine nächtliche Ausgangssperre sinnvoll seien, könne er solche Maßnahmen bundesweit verordnen. Sinnvoller als eine nächtliche Ausgangssperre wäre eine bundeseinheitliche, ausgeweitete FFP2-Maskenpflicht, wie sie derzeit in Salzburg in Kraft sei.

Auch aus dem Büro des steirischen Landeshauptmanns Schützenhöfer (ÖVP) hieß es am Mittwoch, man gehe davon aus, dass es am Mittwoch keine Gespräche gibt, sondern die Fragen am Freitag bei der LH-Konferenz besprochen werden. Darüber hinaus plädierte man auch dort einmal mehr für bundeseinheitliche Vorgaben.

Auch in anderen Ländern war von Gesprächen am Mittwoch nichts bekannt, etwa seitens des Kärntner Landeshauptmanns Peter Kaiser (SPÖ). Was die Forderungen nach Verschärfungen, wie etwa eine nächtliche Ausgangssperre für alle, angeht, spielte ein Sprecher Kaisers den Ball zurück an die Bundesregierung: "Am Sonntag hat es eine Videokonferenz gegeben, daraus ist man abgestimmt hervorgegangen. Nun ist die Bundesregierung gefordert, klare Vorgaben zu machen. Die Mitglieder der Bundesregierung sollen nicht übereinander, sondern miteinander sprechen." Auch verwies man auf auch in Kärnten bereits beschlossene weitergehende Maßnahmen wie eine Ausweitung der Maskenpflicht.

Wiens Bürgermeister Michael Ludwig (SPÖ) betonte am Mittwoch in einer Pressekonferenz, er erwarte sich jedenfalls von den Gesprächen bei der LH-Konferenz, dass man zu einer gemeinsamen Linie finde - wobei seine eine sehr sichere und konsequente sei, wie er bekräftigte. "Dafür habe ich immer geworben und das werde ich auch am Freitag machen." Wien wird Ende der Woche erneut eigene Verschärfungen in die Wege leiten. Unter anderem werden in der Nachtgastronomie und bei größeren Veranstaltungen auch geimpfte und genesene Personen einen PCR-Testnachweis ("2Gplus-Regel") brauchen.

Oberste Gesundheitsbeamtin für "Notbremse"

Klar hinter Mücksteins Forderungen nach weiteren Verschärfungen stellte sich die oberste Gesundheitsbeamtin im Gesundheitsministerium, Katharina Reich. Sie pochte am Dienstagabend auf schärfere Maßnahmen auch für Geimpfte wie die Ausgangsbeschränkungen in der Nacht. "Ich glaube, dass wir das brauchen, tatsächlich", sagte sie im ORF-"Report". Man müssen jetzt "in einem gewissen Krisenmodus ankommen", denn "es ist keine Pandemie der Ungeimpften, sondern wir sind in einem Stadium angekommen, wo es uns alle betrifft", plädierte sie für eine "Notbremse".

Bundespräsident Alexander Van der Bellen ließ sich unterdessen am Dienstag von Experten in einer Videokonferenz über die aktuelle Corona-Entwicklungen informieren, bestätigte die Präsidentschaftskanzler einen Bericht der Tageszeitung "heute". Empfohlen wurde dabei eine Impfoffensive für Geimpfte und Ungeimpfte, transparente Kommunikation über die Wirksamkeit der Impfung, dreimal pro Woche PCR-Tests an allen Schulen und eine umfassende FFP2-Maskenpflicht, so der Bericht.

Am Mittwoch setzte der Präsident die Beratungen fort. In einem Videogespräch mit Herwig Ostermann (GÖG), Peter Klimek, (Med Uni Wien), Arne Bathke (Uni Salzburg) und Niki Popper (TU Wien) ging es um die Herausforderung, faktenbasierte Voraussagen zu treffen angesichts oft unvollständiger Datenlage, hieß es aus der Präsidentschaftskanzlei zur APA. Besprochen wurde auch die aktuelle Situation und die "gegenwärtig möglichen Handlungsoptionen". Hervorgehoben wurde von den Experten die Notwendigkeit einer mittel-bis langfristigen Perspektive für die österreichische Bevölkerung. Einig sei man sich gewesen, dass politische Entscheidungen "faktenbasiert" erfolgen sollen. Der Bundespräsident dankte abschließend den Experten für ihre "so notwendige und wertvolle Arbeit", so die Präsidentschaftskanzlei. (apa)