Nun ist es offiziell: Die Lobau-Autobahn samt Tunnel wird nicht gebaut, sagt Klimaschutzministerin Leonore Gewessler am Mittwoch vor Journalisten. "Wir werden sämtliche Planungsarbeiten einstellen und keine Baumaßnahmen setzen", sagte die Ministerin. Seit 20 Jahren wird über das Projekt gestritten.

Die Nordostumfahrung, also der Lückenschluss der Außenring-Schnellstraße S1, wird in geplanter Form somit nicht kommen. Die dazugehörige Spange der S1 könnte aber errichtet werden.


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Die S34 im niederösterreichischen Traisental wird ebenfalls nicht in der geplanten Form umgesetzt. Gewessler betonte, dass alle Experten sagen: "Mehr Straßen bedeutet mehr Autos, mehr Straßen führen zu mehr Verkehr."

Bereits im Vorfeld war durchgesickert, dass dem Wiener Bauprojekt das Aus drohe.

Jahrelanges Verfahren

Die Evaluierung habe auch bedeutet, einen umfassenden Klimacheck vorzunehmen, betonte die Ministerin - die sich erfreut zeigte, dass der Abschluss wie vorgesehen im Herbst gelungen sei. "Die Klimakrise ist die größte Herausforderung unserer Generation.", beteuerte sie. Man entscheide darüber, ob man eine Welt "voller Beton und voller Zerstörung" oder mit Zukunft und Chancen hinterlasse.

Jene Menschen, die heute für das Klima auf die Straße gehen, würden in 20 oder 30 Jahre fragen, was man getan habe, um das Klima zu retten. "Ich spüre diese Verantwortung." Sie wolle nicht in 30 Jahren sagen, es habe ihr im entscheidenden Moment der Mut gefehlt, betonte Gewessler.

"Wir haben bei diesen Klimachecks erstmals nicht so wie bisher weitergemacht", versicherte sie. Die Auswirkungen auf Klima, Flächenverbrauch und Infrastruktur habe man sich ebenfalls angesehen. Und: Weitere Straßen bauen, löse den Stau nicht auf, gab Gewessler zu bedenken.

Seit Beginn der Planungen vor rund 30 Jahren hätten sich die Rahmenbedingungen umfassend verändert. Viele der Annahmen und Argumente von damals seien heute nicht mehr zutreffend. Sie erinnerte daran, dass es auch Pläne gegeben habe, in Wien eine Autobahn bis zum Karlsplatz zu führen. Heute, wenn man über den Naschmarkt gehen, sei man froh, dass dies nicht geschehen sei: "Ich bin überzeugt, genau diesen Mut müssen wir heute auch beweisen."

Für Wiens Bürgermeister Michael Ludwig ist "das letzte Wort noch nicht gesprochen. Er betonte, dass das Projekt des Lobautunnels mehrfach von Experten geprüft und nach Umweltkriterien angepasst und erst so beschlossen worden sei. Ausdrücklich eine Klage ankündigten wollte Ludwig nicht. Allerdings werde er "alle Möglichkeiten einsetzen, entsprechende Schritte zu setzen" und erwarte noch eine lange Diskussion.

Blümel fordert rasche Gespräche über weiteres Vorgehen

Der Koalitionspartner der Grünen, die ÖVP, fordert nach dem aus für den Lobautunnel Gespräche über das weitere Vorgehen. Finanzminister Gernot Blümel - der das Projekt stets befürwortet hat - hielt in einer Stellungnahme fest, dass sich seine Haltung grundsätzlich nicht geändert habe: "Es handelt sich um ein wichtiges und wesentliches Infrastrukturprojekt, das sowohl Anrainer entlastet als auch den Standort stärkt."

"Wie auch bei der Steuerreform gehe ich davon aus, dass man auch bei diesem Thema einen gemeinsamen Weg als Bundesregierung findet", sagte der Minister. "Zumal es für das Bauprogramm der Asfinag auch das Einvernehmen mit dem BMF braucht", fügte er hinzu. "Ich erwarte, dass die entsprechenden Gespräche auf Expertenebene umgehend aufgenommen werden, um eine Lösung zu erzielen", hielt er fest.

Weniger zurückhaltend äußerte sich die Wiener ÖVP, deren Obmann Blümel ist. "Die heutige Entscheidung von Verkehrsministerin Gewessler ist völlig unverständlich, zeugt von kompletter Verantwortungslosigkeit und ist geradezu ein Schlag ins Gesicht der Wienerinnen und Wiener. Dieser Entscheidung muss entschieden entgegengetreten werden", befanden Klubobmann Markus Wölbitsch und Verkehrssprecher Gemeinderat Wolfgang Kieslich in einer Aussendung. (apa)