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Löchriger Lockdown - des einen Leid, des anderen Freud

Von Karl Ettinger

Politik
In den Einkaufstraßen in Linz kann man im Moment nur spazieren gehen. Der Lockdown im Handel endet erst am Wochenende. 
© Fotokerschi.at / Kerschbaummayr

Im Burgenland wurden Wirtshausgäste aus Wien begrüßt, in Oberösterreich fürchtet man Einkaufstourismus.


Hätte auch der Weihnachtsmarkt offen gehabt, wären es noch mehr Gäste gewesen. Aber im "Rathauskeller" in Rust am Neusiedlersee war man auch am Montag auch so sehr zufrieden darüber, dass im Burgenland anders als in Wien und Niederösterreich Gastronomie und Hotellerie seit Sonntag nach dem allgemeinen Lockdown wieder aufsperren durften. "Ein gutes Geschäft" lautete die Bilanz im des Rathauskellers nach dem ersten Öffnungstag.

Ein Großteil davon seien Wiener gewesen, wird im Gespräch mit der "Wiener Zeitung" aufgeklärt. Zwar sei es kein Andrang gewesen wie in der Hochsaison. Aber zur Freude über die wiederöffneten Gastbetriebe in Rust kommt der Umstand, dass man auch von Gästen aus der Bundeshauptstadt profitiert hat. In Wien ist zwar seit Montag - wie bundesweit und mit Ausnahme von Oberösterreich - der Handel geöffnet, Lokale und Hotels müssen aber noch bis Montag, den 20. Dezember, zu bleiben.

Auch Therme Lutzmannsburg offen

Der Fleckerlteppich mit je nach Bundesland unterschiedlichen Coronaregeln ist des einen Freud, des anderen Leid. In Wien gibt es wütende Proteste der Vertreter von Gastronomie und Beherbergungsbetrieben. 50 Kilometer weiter im Burgenland floriert das vorweihnachtliche Geschäft in den Gasthäusern besser wegen der angereisten Gäste, obwohl das zumindest dem Sinn der längeren Lockdownregelung widerspricht.

Gut ein halbes Dutzend Gasthäuser hatten in Rust am Sonntag bereits aufgesperrt. In vielen burgenländischen Orten war das so. Auch beispielweise in der auf Familien spezialisierten Therme Lutzmannsburg, wo man mit dem Geschäft am Sonntag ebenfalls zufrieden war. Im Rathauskeller in Rust freut man sich bereits auf das kommende  Adventwochenende. Es ist das letzte vor Weihnachten. Man wird wieder aufsperren, während in Wien die Lokale noch geschlossen sein werden.

Ennser Bürgermeister hat kein Verständnis

Die Bevölkerung in Oberösterreich trifft es, was den Lockdown betrifft, am härtesten, weil dort die Schließungen auch im Handel noch bis Freitag dieser Woche dauern. Regionale Wirtschaftsvertreter befürchten deswegen einen Einkaufstourismus vor allem aus dem Innviertel und dem Salzkammergut in den bereits offenen Handel in der Mozartstadt Salzburg und teilweise auch ins benachbarte Niederösterreich.

Insbesondere in Regionen nahe der Bundesländergrenzen gibt es kaum Verständnis für den Fleckerlteppich an Coronaregelungen in einem kleinen Land wie Österreich. Während Bundeskanzler Karl Nehammer die Unterschiede im Nachhinein als "maßgeschneiderten Sicherheitsgurt" verteidigt hat, sieht das Christian Deleja-Hotko, Bürgermeister von Enns, unmittelbar an der Grenze zu Niederösterreich anders: "Ich verstehe es grundsätzlich nicht. Die Ansteckung durch das Virus macht an den Landesgrenzen auch nicht halt", sagt er im Gespräch mit der "Wiener Zeitung".

Im Innenministerium und im Gesundheitsministerium in Wien wurde auf Anfrage bezüglich der Kontrollen des an sich nicht erlaubten Einkaufstourismus auf die jeweils lokal zuständigen Gesundheitsbehörden verwiesen. Im Innenressort wird aber grundsätzlich betont, dass es für Schwerpunkt- und stichprobenartige Kontrollen kein anderes Konzept als bisher im Lockdown gebe. Die Maßnahmen würden je nach Regelung im Bundesland kontrolliert.

Mit Christbaumschmuck ausgewichen

"Das würde ich gern sehen, wie an der Autobahnabfahrt kontrolliert wird", sagt der Ennser Bürgermeister. Seine Stadt liegt direkt an der Westautobahn (A1) mit gleich zwei Abfahrten innerhalb weniger Kilometer. Zumindest ein Unternehmer hat kurzfristig auf die neue Situation reagiert. Ein Händler von Christbaumschmuck, für den das Geschäft vor Weihnachten besonders wichtig ist, hat eine Filiale im nahen Ennsdorf in Niederösterreich aus dem Boden gestampft, einen Pop-up-store, wie das auf Neudeutsch und für viele unverständlicherweise heißt.

Wie sich die gesperrten Geschäfte in Oberösterreich und die gleichzeitige Öffnung in Niederösterreich auswirken, das lässt sich für den Bürgermeister noch nicht sagen. Im Frühjahr, als in Oberösterreich Maskenpflicht in den Geschäften herrschte, sei aber ein einige Leute ins nahe Ennsdorf nach Niederösterreich gefahren.

Wirtschaftskammer hofft auf Gutscheine

Alles andere als erfreut ist man auch in der Wirtschaftskammer Oberösterreich, nachdem schon die Bundeswirtschaftskammer in der Vorwoche den Fleckerlteppich an Regeln kritisiert hat. "Wir sehen das natürlich mit Unbehagen", sagt Günther Hosner, der Leiter der Medienabteilung der Kammer in Linz, weil sich das regional negativ auf die Kaufkraft auswirkt. Deswegen haben sich Land und Kammer auch Gutschein-Aktionen für den regionalen Handel mit einfallen lassen. Bei "Cash back" können noch während des Lockdowns online Gutscheine für Geschäfte in Oberösterreich eingekauft werden, die dann ab Freitag nach dem Lockdownende eingelöst werden können.

Das funktionierte am Montag jedenfalls ausgezeichnet. Grundsätzlich hofft man in der Wirtschaftskammer, dass die Menschen auf Zusammenhalt im Bundesland setzen und daher auch Weihnachtseinkäufe bewusst in Oberösterreich machen. Wie sehr Online-Giganten vom längeren Lockdown profitieren und wie stark der über Bundesländergrenzen hinweg löchrige Lockdown sich für Oberösterreichs Handel negativ auswirkt, ist allerdings ungewiss.

In Oberösterreich ist zwar von verstärkten Kontrollen an den Bundesgrenzen, etwa in Richtung Passau nach Deutschland und in Wullowitz im Mühlviertel an der Grenze zu Tschechien die Rede. Inwieweit das tatsächlich die Bevölkerung von Einkaufsfahrten abhält, weiß freilich keiner genau. Der Krisenstab des Landes Oberöstereich funktionierte am Montag wie schon in den vergangenen Wochen und Monaten bei der Versorgung mit PCR-Tests - nämlich schlecht. Stundenlang war ab dem Vormittag auf Anfrage keine Auskunft zu erhalten.

Erst am Nachmittag wurde in einer schriftlichen Mitteilung bekräftigt, der Landeskrisenstab habe mit er Polizei vereinbart, dass "stichprobenartig" Kontrollen durchgeführt würden, um einen "Einkaufstourismus" in dieser "heiklen Zeit" zu vermeiden. Da die Lage auf den Intensivstationen in Oberösterreich weiter angespannt sei, gehe das Land "den Weg der Sicherheit", indem man den Lockdown um fünf Tage verlängere. Für die oberösterreichische Wirtschaft gebe es "entsprechende Unterstützungen".