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ÖVP-Flirt mit Van der Bellen

Von Karl Ettinger

Politik

Der Bundespräsident wartet mit Entscheidung über neuerliches Antreten zu, FPÖ-Gegenkandidat gilt als sicher.


Eine vier Meter hohe Nordmanntanne aus Tirol sorgt für adventlich-weihnachtliche Stimmung in der Präsidentschaftskanzlei. Nach den hektischen vergangenen Wochen und Monaten mit der Angelobung zweier Bundeskanzler und zuletzt auch neuer ÖVP-Regierungsmitglieder sind die Tage für Alexander Van der Bellen beschaulicher geworden. Höhepunkt in dieser Woche ist der Auftritt des Bundespräsidenten bei der ORF-Sendung "Licht ins Dunkel" am 24. Dezember.

Im kommenden Jahr steht die Neuwahl des Staatsoberhauptes auf dem Terminkalender. Es ist die vorerst einzige bundesweite Wahl 2022. Wenn nicht die Bundesregierung von ÖVP und Grünen platzt, stehen lediglich die Tiroler Gemeinderats- und Bürgermeisterwahlen Ende Februar und die Gemeinderatswahlen im Burgenland im Herbst auf dem Programm.

Termin-Entscheidung liegt bei der Bundesregierung

Wann die Neuwahl des Bundespräsidenten genau stattfinden wird, steht noch nicht fest. Aller Voraussicht nach wird es im Herbst 2022 sein, auch wenn das Frühjahr 2022 ebenfalls möglich wäre. Van der Bellen ist erst nach einer Wahlwiederholung im Dezember 2016 als Sieger in der Stichwahl gegen den FPÖ-Kandidaten Norbert Hofer hervorgegangen. Seine Amtsperiode endet am 26. Jänner 2023.

In dem für Wahlen zuständigen Innenministerium wurde der "Wiener Zeitung" bestätigt, dass noch kein Termin für die nächstjährige Bundespräsidentenwahl feststeht. Es gebe auch "keinen frühest möglichen Termin" für die Hofburgwahl: "Die Entscheidung darüber obliegt der Bundesregierung und ist unseres Wissens nach aktuell noch nicht getroffen."

Während sich der 77-jährige Amtsinhaber öffentlich bezüglich seiner Entscheidung, ob er erneut für eine sechsjährige Amtsperiode als Staatsoberhaupt kandidiert, noch bedeckt hält, wird der Kreis jener, die sich vor allem auch in der ÖVP im Falle einer neuerlichen Kandidatur Van der Bellens für ihn aussprechen, größer. Van der Bellens Entscheidung hängt wesentlich von seinem Gesundheitszustand ab. Zuletzt hat sich der Tiroler Landeshauptmann Günther Platter für den amtierenden Bundespräsidenten und früheren grünen Bundesparteichef (von 1997 bis 2008) ausgesprochen. Dieser sei gerade in Zeiten der Krise "der Ruhige und der Richtige", ließ Platter via "Tiroler Tageszeitung" am Wochenende wissen. Er werde nicht nur dessen Kandidatur unterstützen, sondern auch in der ÖVP empfehlen, sagte Platter.

Damit rennt er bei manchen in der Volkspartei offene Türen ein. Denn die ÖVP mit ihrem neuen Obmann und Bundeskanzler Karl Nehammer spart sich im Falle eines neuerlichen Antretens einen eigenen Kandidaten, der gegen den Amtsinhaber wohl ohne Chance wäre - und damit Geld in der Parteikasse.

Auch aus Niederösterreich gab es bereits vor Monaten entsprechende Signale. Er wünsche sich, dass sich Alexander Van der Bellen nochmals als Bundespräsident zur Verfügung stellt, hat Nationalratspräsident Wolfgang Sobotka (ÖVP) heuer im Juli in der ORF-Sendung "Hohes Haus" erklärt. Zugleich hat Sobotka betont, dass er selbst nicht für das höchste Amt im Staat antreten werde.

Vizekanzler und Grünen-Chef Werner Kogler, der mit Van der Bellen jahrelang die Oppositionsbank im Hohen Haus gedrückt hat, war nach der ÖVP-Krise voll des öffentlichen Lobes für den Bundespräsidenten. In den Reihen der ÖVP wurde Van der Bellen vor allem für sein ruhiges Vorgehen nach dem Rücktritt von Sebastian Kurz als Bundeskanzler Anfang Oktober, die Amtsübergabe an Außenminister Alexander Schallenberg und dessen Ablöse innerhalb von zwei Monaten durch Nehammer im Dezember Respekt gezollt. Fad ist dem Staatsoberhaupt seit seinem Amtsantritt nicht geworden. 64 Regierungsmitglieder - Landeshauptleute eingerechnet - hat er in der Hofburg in der Zwischenzeit angelobt.

In der Präsidentschaftskanzlei wird derzeit nicht einmal verraten, wann der Bundespräsident seine Entscheidung über ein neuerliches Antreten bekanntgeben wird. Gerechnet wird damit im Frühjahr, wenn der Termin für die Hofburgwahl für den Herbst festgelegt wird. Dafür spricht, dass bis weit über den Winter hinaus die Unsicherheiten durch die Pandemie andauern werden, was gegen einen etwaigen Wahltermin im Frühjahr spricht.

Van der Bellen könnte neben der Unterstützung durch seine Partei mit jener der SPÖ rechnen, die sich bei seinem neuerlichen Antreten ebenfalls Überlegungen über einen Alternativkandidaten oder besser eine Alternativkandidatin wie die Zweite Nationalratspräsidentin Doris Bures sparen könnte.

Hofer hat bei Antreten des Amtsinhabers abgewunken

Als sicher gilt, dass es Van der Bellen bei der kommenden Bundespräsidentenwahl mit einem FPÖ-Gegenkandidaten zu tun bekommen wird. Die Freiheitlichen schießen sich derzeit bei jeder Gelegenheit auf das Staatsoberhaupt ein, weil dieses entgegen dem Willen der Blauen die türkis-grüne Bundesregierung bei den Corona-Einschränkungen und damit bei der Einschränkung von Freiheitsrechten gewähren lässt. Zu den ideologischen Gegensätzen kommt damit noch beständig handfeste tagesaktuelle Kritik. FPÖ-Generalsekretär Michael Schnedlitz brachte das am Montag in einer Aussendung auf den Punkt, Van der Bellen dürfe sich nicht für einen "politischen Kuhhandel" im Zusammenhang mit einer möglichen Unterstützung von Parteien bei seiner Wiederwahl "kaufen lassen".

Van der Bellens unterlegener Stichwahl-Gegenkandidat, der jetzige Dritte Nationalratspräsident Norbert Hofer, steht nach eigener Aussage im Falle eines neuerlichen Antretens von Van der Bellen 2022 nicht für eine erneute Kandidatur für die Hofburg zur Verfügung. Das hat er Mitte des Vorjahres bekräftigt. Hofer hat die FPÖ als Obmann nach dem Rücktritt von Heinz-Christian Strache durch den Absturz in Folge der Ibiza-Affäre und das Ende der türkis-blauen Bundesregierung geführt. Nach der Übernahme der FPÖ-Obmannschaft hat allerdings sein Nachfolger Herbert Kickl im "Puls 24"-Interview Hofer heuer im Juni nochmals ins Spiel für die Hofburg gebracht: "Das war ja auch immer das, was er eigentlich angestrebt hat."

Übereilen will man in der FPÖ bezüglich der Bundespräsidentenwahl allerdings nichts. In der Partei wird daran erinnert, dass die FPÖ auch vor der Hofburgwahl 2016 als letzte Partei das Antreten mit einem Kandidaten - damals Hofer - bekanntgegeben habe. Eine Festlegung gibt es im Falle einer Wiederkandidatur Van der Bellens nicht. Allerdings wird auf Anfrage der "Wiener Zeitung" hingewiesen, wenn man nicht kandidiere, könnte das so aufgefasst werden, dass die FPÖ mit der Amtsführung Van der Bellens zufrieden sei. Das ist, wie die häufige Kritik am Bundespräsidenten belegt, definitiv nicht der Fall.