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Kritik an Impfpflicht für Jugendliche

Von Daniel Bischof

Politik

Am Montag endete die Begutachtungsfrist für den Gesetzesentwurf. Mehr als 100.000 Stellungnahmen langten ein.


Gegen Covid-19 impfen lassen oder eine Geldstrafe zahlen - das soll in Österreich künftig für Personen ab 14 Jahren gelten. Am Montag endete das Begutachtungsverfahren zu dem Gesetzesvorhaben. Mehr als 100.000 Stellungnahmen wurden zum Ministerialentwurf des Covid-19-Impfpflichtgesetzes eingebracht. Der ganz überwiegende Teil stammt von Privatpersonen, welche die Impfpflicht ablehnen - die "Wiener Zeitung" berichtete.

In den vergangenen Tagen langten aber auch Stellungnahmen von zahlreichen Institutionen ein. Dort sticht ein Kritikpunkt hervor: die geplante Altersgrenze von 14 Jahren. Kinder und Jugendliche seien durch die Pandemie bereits außerordentlich psychisch belastet, schreiben die Kinder- und Jugendanwaltschaften Österreichs. Ein Impfzwang könnte diese Belastungen noch verschärfen. Dadurch würden "unabsehbare Folgen für die Zukunft dieser Altersgruppe" riskiert werden. Denn es sei davon auszugehen, "dass Jugendliche in dieser Altersgruppe durch die geplante Maßnahme noch größerem familiären, sozialen, schulischen sowie gesellschaftlichen Druck ausgesetzt werden, welcher sich negativ auf die psychische Gesundheit auswirken könnte".

Zwar können die Jugendlichen selbst in die Impfung einwilligen, die Erziehungsberechtigten müssen nicht zustimmen. In der Praxis könne aufgrund des "innerfamiliären und sozialen Drucks, dem sie konstant unterliegen, nicht von einem freien Zugang zur Impfung gesprochen werden". Die Impfpflicht sei für die Altersgruppe "zumindest zeitlich aufzuschieben". Zu einem späteren Zeitpunkt sei anhand "wissenschaftlicher Evidenz zu prüfen, ob es medizinisch tatsächlich notwendig ist, eine Altersgruppe, die in Relation 3,8 Prozent der Gesamtbevölkerung Österreichs ausmacht, einem gesetzlichen Impfzwang zu unterwerfen".

Bedenken von Medizinern

Kritik an der Impfpflicht für 14- bis 18-Jährige kommt ebenfalls vom "Austrian Institute for Health Technology Assessment" (AIHTA). Die Stellungnahme des Instituts wird unter anderem unterstützt von Reinhold Kerbl, Facharzt für Kinder- und Jugendheilkunde, und dem Epidemiologen Gerald Gartlehner.

AIHTA schlägt vor, das Alter für die Impfpflicht anzuheben. Kinder und Jugendliche würden "nicht zu einer Überlastung der (Intensiv-)Kapazitäten des Gesundheitssystems" beitragen. Die dritte Teilimpfung, welche für die Erfüllung der Impfpflicht erforderlich ist, sei für Personen unter 18 Jahren nicht zugelassen. Daher würde die Impfpflicht in dieser Altersgrenze einen Off-Label-Use bedingen. Weiters könnte etwa bei männlichen Jugendlichen das Covid-19-Erkrankungs- und das Nebenwirkungsrisiko der Impfungen, etwa Herzmuskelentzündungen, "laut einigen Daten ähnlich häufig sein".

Daher spiele "für die Abwägung die individuelle Bewertung des Erkrankungs- und Nebenwirkungsrisikos durch die Jugendlichen eine zentrale Rolle". Sie müssten die "Möglichkeit für eine individuelle informierte Impfentscheidung haben". Durch die Impfpflicht werde diese "außer Kraft gesetzt".

Das von Claudia Plakolm (ÖVP) geführte Staatssekretariat für Jugend setzt bei den Verwaltungsstrafen an. Diese könnten für 14- bis 18-Jährige eine "Höhe erreichen, die existenziell gefährdend ist oder langfristige finanzielle Auswirkungen hat". Bei dieser Altersgruppe solle vor der Verhängung einer Verwaltungsstrafe ein verpflichtendes Beratungsgespräch über die Impfung geführt werden. Erst wenn diesem keine Impfung folgt, soll gestraft werden.

Die Hochschülerschaft der Fachhochschule Vorarlberg spricht sich "insoweit gegen das geplante Gesetz aus, solange die Studierenden als Personengruppe durch das genannte Vorhaben benachteiligt werden". Mit der Impfpflicht werde für viele Studenten "ein Ende des Studiums näher rücken, immer mehr Hochschulen denken an eine 2G-Regel". Dabei müsse jedem Bürger "unabhängig vom Impfstatus, die Chance zu einer Ausbildung ermöglicht werden". Die Hochschülerschaft erwartet sonst "eine Gegenbewegung" der Studenten: "Niemand möchte viele Jahre seines Lebens in ein Hochschulstudium investieren, nur um anschließend aufgrund einer fehlenden Impfung, egal, welche Gründe dies haben mag, exmatrikuliert werden zu müssen."

Debatte um Omikron

Die Coronavirus-Variante Omikron brachte eine Debatte über die Zulässigkeit der Impfpflicht mit sich. "Für die Omikron-Variante kommt die Impfpflicht wohl zu spät", sagte der Verfassungsjurist Peter Bußjäger. Er forderte, zwar die gesetzliche Grundlage für die Impfpflicht zu schaffen, zugleich aber darin etwa die Möglichkeit vorzusehen, die Impfpflicht oder den Impfstichtag auszusetzen.

Der Verfassungsdienst hält fest, dass die "Eignung der Impfpflicht zur Erreichung der angestrebten Ziele einer laufenden Evaluierung bedarf, bei der auch aktuelle epidemiologische Entwicklungen zu berücksichtigen sind". Im Hinblick auf Omikron regt er an, der Gesetzgeber möge in den Erläuterungen zum Entwurf "Ausführungen zur Wirksamkeit" der Impfstoffe gegen die Variante aufnehmen.

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Begründung für Off-Label

Eine Impfpflicht für den Off-Label-Use müsse mit einem wissenschaftlichen Nachweis über die Wirksamkeit und Sicherheit einer solchen Impfung begründet werden, mahnt der Verfassungsdienst ein. Es müsse klar sein, "weshalb die Impfpflicht auch für solche Anwendungen unerlässlich erscheint und gelindere Mittel, wie zum Beispiel Empfehlungen oder das Zuwarten auf eine Zulassung dieser Anwendungen", nicht angewendet werden können. Weiters macht der Verfassungsdienst auf ein Redaktionsversehen im Entwurf aufmerksam. Die Impfpflicht soll für "Personen zwischen dem 14. und 18. Lebensjahr" gelten - das führe aber dazu, dass sie sich auf "13- bis 17-jährige Personen bezieht". Es werde angeregt, das Wort "vollendeten" in die Formulierung aufzunehmen.

Widerstand gegen die Impfpflicht regt sich in der SPÖ. Nach Burgenlands Landeshauptmann Hans Peter Doskozil äußerten sich am Montag die SPÖ-Landeschefs von Tirol und Salzburg, Georg Dornauer und David Egger, skeptisch. Dornauer forderte, sich nach der Omikronwelle mit den Sozialpartnern und Experten erneut an einen Tisch zu setzen. Egger trat für eine Verschiebung des Einführungstermins ein, weil noch einige Fragen zu klären seien.