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Bund schützt Homosexuelle weniger vor Diskriminierung als Länder

Von Martina Madner

Politik

Ein homophober Zimmervermieter zeigt eine Lücke im Gleichbehandlungsgesetz auf, die es in den Ländern nicht mehr gibt.


Der Niederösterreicher, der seine Zimmervermietung selbst zum "Anti-Homo-Haus" erklärte und auf seiner Homepage vermerkte, mit "Homosexualität, Pädophilie und Gender-Ideologie wollen wir nichts zu tun haben", ist ein Anlass für die grüne Nationalratsabgeordnete Ewa Ernst-Dziedzic, die von ihr ins türkis-grüne Koalitionsprogramm hineinverhandelte "Ausweitung des Diskriminierungsschutzes" voranzutreiben.

Im Gespräch mit der "Wiener Zeitung" sagt sie, dass "eine Unterkunft, die LGBTQI wie Aussätzige behandelt, zwar traurig ist, aber ein Anlass, wieder Gespräche mit dem Koalitionspartner aufzunehmen, was dem Passus entspricht". Ernst-Dziedzic ist davon überzeugt: "Es braucht hier nicht mehr viel, sondern nur eine kleine Änderung."

Im Gleichbehandlungsgesetz ist zwar die Gleichbehandlung von Frauen und Männern in der Arbeitswelt festgehalten und dass niemand wegen seiner "ethnischen Zugehörigkeit, der Religion oder Weltanschauung, des Alters oder der sexuellen Orientierung" diskriminiert werden darf. Beim "Zugang zu und bei der Versorgung mit Gütern und Dienstleistungen" ist das Diskriminierungsverbot aber auf das Geschlecht und die ethnische Zugehörigkeit beschränkt. Die anderen vier Gründe fehlen.

"Länder haben übererfüllt"

Generalsekretärin Laura Sachslehner versichert gegenüber Ö1, die ÖVP lehne "jegliche Form der Diskriminierung ab". Die sexuelle Orientierung solle "niemandem nachteilig ausgelegt werden". Trotzdem hat die ÖVP eine Gesetzesänderung in den vergangenen Jahren immer wieder blockiert. So zum Beispiel 2012, wo die damalige ÖVP-Abgeordnete Dorothea Schittenhelm sagte, dass ein Levelling-up, also eine Erweiterung der Antidiskriminierung, nicht von der EU vorgegeben sei und sie "die letzten Reste der unternehmerischen und persönlichen Freiheit untergraben" würde.

Geht es nach der ÖVP-Abgeordneten Gudrun Kugler, bleibt es dabei. Im Gespräch mit der "Wiener Zeitung" sagt sie, das wäre ein Grundrechtseingriff: "Mein Verständnis von Vertragsfreiheit ist: Wenn ein Unternehmer ein Café für Homosexuelle betreibt, soll das sein gutes Recht sein. Dann muss er es nicht auch für Heterosexuelle öffnen." Das Korrektiv müsse "nicht das Gesetz, sondern die Zivilgesellschaft sein". Das sei auch bei der Zimmervermietung der Fall, Buchungsplattformen vermittelt diese beispielsweise nicht mehr.

Gleichbehandlungsanwältin Sandra Konstatzky führt die in den neun Landesgesetzen verankerte Antidiskriminierung bei Materien in Landeskompetenz, etwa Sportveranstaltungen, Freizeiteinrichtungen oder Kindergärten an. Da sind alle Antidiskriminierungsgründe wie in der Arbeitswelt verankert: "Die Bundesländer haben die EU-Vorgaben übererfüllt. Es gibt keinen Grund, warum sich der Gesetzgeber auf Landesebene anders verhält als auf Bundesebene", sagt Konstatzky.