Zum Hauptinhalt springen

Die Rohrkrepierer aus dem Verteidigungsressort

Von Daniel Bischof

Politik

Ministerin Klaudia Tanner hat sich in ihrer Amtszeit herbe Patzer geleistet.


Die Drohung klang cool, hart und stark: "Airbus wird mich noch kennenlernen", schoss Verteidigungsministerin Klaudia Tanner (ÖVP) im Februar 2020 in Richtung des Konzerns. Nach ihrem Amtsantritt wollte die Ministerin in der endlosen Debatte um die Eurofighter den Druck auf den Flugzeughersteller erhöhen. Tanner forderte Wiedergutmachung, drohte mit der Rückabwicklung des Eurofighter-Kaufes und berichtete, dass Airbus bereits um ein Gespräch ersucht habe.

Doch der Beschuss ging nach hinten los. Airbus ließ das Gesprächsangebot platzen. Der Konzern erklärte nach Tanners Drohungen, nicht mehr dazu zur Verfügung zu stehen. "Meine Geduld ist jetzt nicht nur am Ende, sondern der Faden ist nun gerissen", polterte Tanner. Sie stellte eine Klage gegen Airbus in den Raum.

Die Offensive scheiterte. Zwei Jahre später sitzt Österreich weiter auf seinen 15 Eurofightern. Aus einem angeblich angedachten Verkauf nach Indonesien wurde nichts. Im November 2020 wurde das Eurofighter-Verfahren wegen Betruges eingestellt. Die Luftstreitkräfte wurden dezimiert: Die veralteten Saab 105 schieden 2021 ohne Nachfolge aus.

Rapport beim Präsidenten

Es war nicht der einzige Rohrkrepierer. Im Juni 2020 kündigte Tanner an, dass die Landesverteidigung durch das Militär auf ein Minimum reduziert werden soll. Cyber-Verteidigung und Katastrophenschutz sollen im Fokus stehen. Forderungen nach einer massiven Budgeterhöhung wurden als "unrealistisch" abgefertigt. Ein Aufschrei der Opposition folgte. Bundespräsident und Oberbefehlshaber des Militärs Alexander Van der Bellen bestellte Tanner zum Rapport ein. Tanner trat den Rückzug an und versicherte, dass die Landesverteidigung doch eine Kernaufgabe bleiben werde.

Nach ihren Fehlkommandos konnte sich Tanner im Zuge der Pandemie politisch stabilisieren. Die Einsätze des Militärs während der Krise und das gestiegene Prestige des Heeres kamen ihr dabei zugute. Mit dem Krieg in der Ukraine wird das Militär in den kommenden Jahren weiter an Bedeutung gewinnen. Eine Aufrüstungsdebatte ist bereits im Gange.

Tanner gibt sich nun ebenfalls als Verfechterin der Aufrüstung. Der Ukraine-Krieg führte zu einem Umdenken. Bei einem Medientermin in Floridsdorf sagte die Ministerin Anfang März: "Es ist ein schöner Tag heute, die Sonne scheint, das tut sie hier und auch in der Ukraine. Und doch sind es wohl die finstersten Zeiten, die angebrochen sind am Tag sechs des so Unfassbaren, eines Krieges auf unserem Kontinent."

Verwirrung um Fonds

Mittlerweile wollen alle Parteien mehr Geld für das Heer. Auch die Mehrheit der Österreicher ist laut Umfragen dafür. Es ist eine Zielscheibe, die kaum zu verfehlen ist. Doch ins Schwarze traf Tanner bisher nicht. Verwirrung herrschte am Donnerstag über einen angeblich zwischen allen Parteien fix vereinbarten "Neutralitätsfonds" mit zehn Milliarden Euro Sonderbudget samt Budgetverdoppelung für das Heer bis 2027.

Die Wehrsprecher der Opposition und Grünen dementierten: Die Zahlen seien falsch, die Verhandlungen dazu hätten noch gar nicht begonnen. Wer den Vorstoß initiiert hat, darüber wird spekuliert. Laut "Presse" sollen die Zahlen aus dem Kanzleramt stammen. Sollte mit dem Kolportieren des Fonds im Vorfeld Druck auf die Verhandler ausgeübt werden, so hätten Tanner und die ÖVP jedenfalls geschickter vorgehen können. Tanner hatte Mühe, die Debatte einzufangen. Und dem angekündigten "Schulterschluss" aller Parteien kam sie so nicht näher.

Mitten im Ukraine-Krieg muss Tanner einen Rückgang ihrer Vertrauenswürdigkeit hinnehmen. Im am Freitag veröffentlichten APA-OGM-Vertrauensindex verlor sie 5 Punkte und liegt bei einem Saldo von minus 15. Auch die meisten anderen Politiker rutschten ab. Auf Platz eins liegt Van der Bellen mit einem Saldo von 42 (plus 4 Punkte).