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Wirtschaftsbund-Affäre wird für Wallner persönlich

Politik

Die Grünen als Koalitionspartner halten der ÖVP die Treue - vorerst.


Die Affäre rund um die Inseratengeschäfte des Vorarlberger Wirtschaftsbundes rückt näher an Landeshauptmann Markus Wallner (ÖVP).

In einer eidesstattlichen Erklärung berichtet ein Vorarlberger Wirtschaftstreibender von persönlichen Besuchen Wallners bei Betrieben, bei denen er für Inseratenschaltungen in der Zeitschrift des Vorarlberger Wirtschaftsbundes geworben haben soll. Als Gegenleistung soll er persönliche Vorteile, wie etwa bei der Betriebsbewilligung versprochen haben. Wallner bestreitet die Vorwürfe. Er sei "kein Inseratenkeiler", sagte er den "Vorarlberger Nachrichten", die auch über den Vorwurf berichtet hatten.

Die Behauptung, die ÖVP hätte Inserate lukriert, um sich zu finanzieren, könne er nicht nachvollziehen. Allerdings räumte er ein, zu lange zugesehen zu haben, wie die "Vorarlberger Wirtschaft" ein "außergewöhnliches Inseratenvolumen" aufgebaut hatte.

Ausgangspunkt der Affäre rund um den Vorarlberger Wirtschaftsbund war eine Selbstanzeige während einer Finanzamtsprüfung. Grund dafür war, dass der Wirtschaftsbund, eine Teilorganisation der ÖVP, nur eine Werbeabgabe in der Höhe von fünf Prozent, aber keine Umsatzsteuer für Inserate in dem Mitglieder-Magazin bezahlt hatte. Ob das korrekt war, ist Gegenstand der immer noch laufenden Steuerprüfung.

Die Zeitschrift mit einer Auflage von rund 20.000 Exemplaren bestand jedenfalls bis zu 70 Prozent aus Inseraten - und dürfte laut Berechnungen der "Vorarlberger Nachrichten" im Jahr 2021 einen Anzeigenumsatz von 1,2 Millionen Euro erwirtschaftet haben. Bekannt wurden auch Geldflüsse vom Wirtschaftsbund an die Landes-ÖVP. Das ist zwar nicht verboten, allerdings sind die Zahlungen äußerst intransparent. Wallner verweist auf Überweisungen in der Höhe von 400.000 beziehungsweise 500.000 Euro zu Beginn der Legislaturperioden 2014 und 2019, die im Rechenschaftsbericht der Partei als "Unterstützungsleistung" verbucht worden waren.

Seither geraten laufend weitere Details der Affäre ans Licht. So prangerte ein Vorarlberger Tischler im ORF-Interview an, seine Innung sei zum Schalten von Inseraten in der "Vorarlberger Wirtschaft" gedrängt worden. Am Freitag ergab eine Auswertung der Medientransparenz-Daten der KommAustria durch die APA, dass seit 2012 auch mindestens 385.000 Euro öffentliches Geld in die Inserate des Magazins geflossen waren. Aus einem Akt, der dem ÖVP-Korruptionsuntersuchungsausschuss vorliegt, geht außerdem hervor, dass die früheren Direktoren der Organisation, Jürgen Kessler und Walter Natter Zuwendungen vom Wirtschaftsbund erhalten hatten - etwa ein Darlehen für eine Immobilie ohne jegliche Sicherheiten. Auch Wirtschaftslandesrat Marco Titter und sein Vorgänger Karlheinz Rüdisser, derzeit interimistischer Obmann des Wirtschaftsbundes, wurden mit Direktzahlungen bedacht - ausschließlich für ihre politische Arbeit, wie beide betonen.

Opposition drängt auf Wallners Rücktritt

Die Opposition fordert nun geschlossen Wallners Rücktritt. So weit wollen die Grünen, Koalitionspartner der ÖVP in Vorarlberg, noch nicht gehen. Doch seien dies schwerwiegende Vorwürfe und die "größte Krise des Koalitionspartners seit seinem Bestehen", betonte die Doppelspitze der Partei, bestehend aus Landesrat Daniel Zadra und Klubobfrau Eva Hammerer, am Freitag. Nun erwarte man sich "lückenlose Aufklärung und Transparenz", nicht nur der Wirtschaftsbund, sondern die ganze Partei sollen durchleuchtet werden. Damit sind die Grünen auf einer Linie mit den "Vorarlberger Nachrichten", die eine zentrale Rolle in der öffentlichen Meinungsbildung im kleinen Bundesland spielen - und deshalb für Wallners politisches Überleben von großer Bedeutung sind. Doch während die Zeitung keine Rücktritte fordert, kritisiert sie dennoch die "hilflose Herunterspiel-Verteidigungslinie" der ÖVP-Spitze.

Wallner will nun jedenfalls den Wirtschaftsbund von einer externen Kanzlei überprüfen lassen. Auf den Rechnungshof, dem zuerst Prüfrechte eingeräumt werden müssen, will Wallner nicht warten. Sofern es nicht zu Newahlen kommt, hat der Landeshauptmann jedenfalls bis zur Landtagswahl 2024 Zeit, das Image seiner Partei zurechtzurücken.(vis)