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Pendlerpauschale und Frauengesundheit

Politik

Der Nationalrat beschloss ein weiteres Entlastungspaket gegen die Teuerung und verlängerte das Covid-19-Maßnahmengesetz um ein Jahr. Die Opposition übte an beidem Kritik.


Eine "unglaubliche Entlastung" nennt Finanzminister Magnus Brunner (ÖVP) das am Mittwoch vom Nationalrat abgesegnete Paket zur Abfederung der Teuerungen. Für die Opposition ist es hingegen ein "Tropfen auf den heißen Stein".

Beschlossen wurden die Erhöhung des Pendlerpauschales um 50 Prozent bis Mitte 2023 und die Vervierfachung des Pendler-Euros, eines Absetzbetrages von der Lohnsteuer. Unternehmen sollen nun durch eine Senkung der Erdgas- und Elektrizitätsabgabe entlastet werden, Landwirte durch eine Vergünstigung von Agrardiesel.

Die Teuerungen und mögliche Maßnahmen dagegen wurden bereits in einer Aktuellen Stunde auf Antrag der FPÖ debattiert, am Nachmittag folgte zum Thema eine Dringliche Anfrage der Neos an Finanzminister Brunner. Die Opposition bemängelte die von der Bundesregierung beschlossenen Maßnahmen - wenn auch aus unterschiedlichen Gründen. Die Neos und die SPÖ sahen einen zu starken Fokus auf Autofahrer. Neos-Abgeordneter Michael Bernhard kritisierte, dass vom höheren Pendlerpauschale ausschließlich unselbständige Arbeitnehmer profitierten, nicht aber etwa aufs Auto angewiesene Studierende oder Pensionisten. Die FPÖ sah wiederum Autofahrer zu "Bürgern zweiter Klasse" degradiert, prangerte die geplante CO2-Abgabe an und forderte die Senkung der Steuern auf Treibstoffe. Allerdings stimmten die Freiheitlichen als einzige Oppositionspartei dem Entlastungspaket der Bundesregierung zu.

SPÖ und FPÖ: Steuersenkung bei Lebensmitteln

SPÖ und FPÖ sprachen sich angesichts der Preissteigerungen für eine Senkung beziehungsweise Aussetzung der Mehrwertsteuer auf Lebensmittel aus. "Gehen Sie zum Billa und reden Sie mit den Leuten", legte der stellvertretende SPÖ-Klubobmann Jörg Leichtfried der Bundesregierung nahe, der er mangelnde Empathie für die finanziellen Sorgen der Bevölkerung vorwarf. Diese Reduktion der Mehrwertsteuer sei keine treffsichere Maßnahme, schließlich würden von den niedrigeren Preisen auch Besserverdiener profitieren, argumentierte die ÖVP dagegen. Auch die Neos konnten dem Vorschlag wenig abgewinnen; es sei unklar, ob die Unternehmen die Vergünstigungen an die Konsumenten weitergeben würden. Stattdessen wiederholte die Partei mehrfach ihre Forderung nach dem Ende der kalten Progression. Brunner gab sich offen, über Modelle zu einer möglichen Abschaffung zu diskutieren.

Weitaus mehr Einigkeit zeigten die Parteien beim Antrag auf einen neuen Frauengesundheitsbericht. Seit dem letzten Bericht von vor elf Jahren sei viel zu viel Zeit vergangen und eine Datenlücke entstanden, so die grüne Abgeordnete Meri Disoski. Der Bericht soll sich nun geschlechterspezifischer Medizin widmen, denn "Frauen sind keine kleineren Männer", so SPÖ-Abgeordnete Eva Maria Holzleitner. Dass Männer in der Medizin als Norm angesehen werden, führe zu Fehldiagnosen oder falschen Medikamentendosierungen, bekräftigte auch Werner Saxinger von der ÖVP. Der Antrag zum neuen Frauengesundheitsbericht war im Vorfeld bereits vom Gleichbehandlungsausschuss einstimmig angenommen worden.

Abgelehnt wurden hingegen zwei unterschiedliche Anträge zum Thema Gewaltschutz. Während die SPÖ ein umfassendes Paket im Wert von 228 Millionen Euro gefordert hatte, schwebte der FPÖ eine Notfall-App vor, mit der bedrohte Frauen schnell Kontakt mit der Polizei aufnehmen können sollten. Eine ähnliche App hatte die Bundesregierung bereits im Februar vorgestellt.

Covid-19-Maßnahmengesetz gilt jetzt bis Mitte 2023

Im Nationalrat beschlossen wurde am Mitwochabend auch die Verlängerung des Covid-19-Maßnahmengesetzes, das zu Lockdown-Zeiten große Bedeutung hatte und Ende Juni ausgelaufen wäre. Es wird nun bis Mitte 2023 gelten. Eine nochmalige Verlängerung um maximal sechs Monate bis 31. Dezember 2023 ist dann per Verordnung durch die Bundesregierung möglich. Der entsprechende Initiativantrag der Koalitionsparteien erhielt die Stimmen von ÖVP, Grünen und Neos im Plenum. Damit würden die rechtlichen Voraussetzungen geschaffen, um sich auf die jeweilige Entwicklung der Corona-Lage im Herbst vorzubereiten und allenfalls Maßnahmen treffen zu können, erklärte Gesundheitsminister Johannes Rauch, der "nicht unvorbereitet" in den Herbst gehen will.

Die Neos stimmten zwar für die Gesetzesinitiative, übten aber ebenso wie die FPÖ Kritik daran: Mit der Verlängerung der gesetzlichen Ausnahmeregeln um ein weiteres Jahr beschreite Österreich wieder einmal einen Sonderweg in Europa, beklagte Neos-Vertreter Gerald Loacker. Man müsse endlich lernen, mit dem Virus zu leben. FPÖ-Gesundheitssprechers Gerhard Kaniak wiederum forderte, zunächst einmal die in der Vergangenheit gesetzten Maßnahmen zu evaluieren und für eine valide Datenbasis zu sorgen, statt die bisherige Politik fortzuschreiben.

Ministerrat erwartethöheres Defizit

Auch der Ministerrat trat am Mittwoch zusammen und beschloss eine Anpassung des Budgets. Bedingt durch den Krieg in der Ukraine erwartet man nun ein höheres Defizit und eine höhere Schuldenquote als ursprünglich geplant. Finanzminister Brunner geht aktuell von einem Defizit von 3,1 Prozent des BIP und einer Schuldenquote von 80 Prozent aus. Vorgesehen waren 2,3 beziehungsweise 79 Prozent Der Ministerrat beschloss daher entsprechende Änderungen im Bundesfinanzrahmengesetz 2022 bis 2025 sowie im Bundesfinanzgesetz 2022.(vis)