Susanne Kraus-Winkler: Den Tourismus im Blut
Mit Susanne Kraus-Winkler (67) wechselt eine Branchenvertreterin und Unternehmerin als Tourismus-Staatssekretärin in die Regierung, die ihren Fachbereich genau kennt. Die aktuelle Obfrau des Fachverbands Hotellerie in der Wirtschaftskammer wuchs als Tochter einer Familie auf, die seit mehreren Generationen im Marchfeld (NÖ) Gastronomie, Landwirtschaft und später auch Hotellerie betrieben hat. Auch sie selbst schlug diesen Berufsweg ein.
Mit dem Wechsel in die Regierung, konkret als Staatssekretärin im Wirtschaftsministerium, ändert sich nun der Blickwinkel. Gehörte es zuletzt zum Jobprofil der Wirtschaftsbündlerin, möglichst umfangreiche Hilfspakete oder weniger rigide Corona-Einreisebestimmungen für den Tourismus zu fordern, gilt es nun auch, die Vorschläge von Interessenvertretungen zu moderieren. Aber auch abseits davon wird sich Kraus-Winkler von der bisher eigenen Branche daran messen lassen müssen, wie es etwa in Sachen Fachkräftemangel im Tourismus weitergeht.
Vielseitig im Einsatz
Bereits neben dem Betriebswirtschaftsstudium an der Wirtschaftsuniversität (WU) arbeitete Kraus-Winkler im elterlichen Betrieb in Großenzersdorf bei Wien mit. Später führte sie das Vier-Sterne-Hotel samt Restaurant selbst, bevor sie ab 1999 als Geschäftsführerin das Hotel City Club Vienna in Vösendorf (NÖ) leitete.
Anschließend gründete sie etwa ein Tourismusberatungsunternehmen sowie die Loisium Gruppe, die Wein- und Spa-Hotels managt bzw. entwickelt. Außerdem ist sie an der Harry's-Home-Hotel-Gruppe mit Häusern in Österreich, Deutschland und der Schweiz beteiligt und fungiert dort als Aufsichtspräsidentin.
Parallel dazu verlief die Karriere als Branchenvertreterin: Bereits Mitte der 1990er Jahre führte Kraus-Winkler als Obfrau die Fachgruppe Hotellerie in der Wirtschaftskammer Niederösterreich. Später kamen Funktionen im Europäischen Dachverband der Hotellerie-und Gastronomieverbände (HOTREC) dazu, den sie von 2015 bis 2018 als Präsidentin leitete. 2018 übernahm sie nach mehreren Jahren als Stellvertreterin als Obfrau die Hotellerie-Fachgruppe in der Wirtschaftskammer Österreich.
Norbert Totschnig: Vom Gestalter des Jungbauernkalenders zum Minister

Bauernbund-Direktor Norbert Totschnig wird Landwirtschaftsminister.
Zur Person: Norbert Totschnig, geboren am 6. Juni 1974 in Lienz in Osttirol ist verheiratet und Vater zweier Söhne. Magister der Wirtschaftswissenschaften. 2013 bis 2014 Referent im Kabinett von Vizekanzler und Finanzminister Michael Spindelegger, 2014 bis 2016 Referent im Kabinett von Vizekanzler und Wirtschaftsminister Reinhold Mitterlehner. Davor und danach Referent für Land- und Forstwirtschaft im ÖVP-Parlamentsklub. Seit 2017 Direktor des Österreichischen Bauernbundes.
- © apa / expa / Michael GruberVom ÖVP-Bauernbund ins Landwirtschaftsministerium, diesen für Österreich typischen Karriereweg geht nun auch der 47-jährige Osttiroler Norbert Totschnig. Seit 2017 ist er Direktor des Bauernbunds, davor arbeitete er in den Kabinetten von Michael Spindelegger und Reinhold Mitterlehner und als Referent im ÖVP-Klub. Als Generalsekretär der Bauernbund-Jugend war er von 2002 bis 2007 für den kultigen Jungbauernkalender verantwortlich und sorgte für ländliche Erotik.
Seiner Partei attestierte Totschnig schon in der Schüssel-Ära Sex-Appeal. "Sie ist mindestens so sexy, wie die Jungbauernschaft. Wie sexy die sein kann, hat sie mit dem Jungbauernkalender bewiesen", sagte er bei der Wahlparty nach der Nationalratswahl 2002. Für ihn stand die ÖVP damals für Jugend, Fortschritt und die Zukunft.
Vom Borkenkäfer und vom "Jagern"
Apropos Zukunft: Die Folgen der Klimakrise in Österreich - Stichwort Trockenheit - beschäftigen den Agrarier schon länger. Gerade im Waldviertel hat der Borkenkäfer den Fichten in den vergangenen Jahren stark zugesetzt. Nachdem 2019 über 60 Prozent der Holzernte Schadholz war, verhandelten er und der Bauernbund mit Vorgängerin Elisabeth Köstinger (ÖVP) einen letztlich mit 350 Millionen Euro dotierten Waldfonds.
Im Wald ist Totschnig auch privat gerne unterwegs. Wenn er Ostirols Natur und Bergwelt vermisst, geht der seit 2001 in Wien lebende Familienvater als Ausgleich im Wienerwald "jagern", wie er 2019 der "Kleinen Zeitung" erzählte. Eine klare Meinung hat er zum Wolf. "Was nicht geht, ist, dass wir zusehen, wie die Nutztiere gerissen, die Bauern demotiviert werden und die Almwirtschaft zugrunde geht", sagte Totschnig in dem Interview.
Seine Heimat Osttirol verließ der HTL-Absolvent im Alter von 19 Jahren für das Studium der Internationalen Wirtschaftswissenschaften, dass er 2001 in Innsbruck abschloss. Seine Diplomarbeit schrieb er über "E-Business für die Forstwirtschaft in der Europaregion Tirol". Ein Rückkehr von den Wiener Straßenschluchten in die Osttiroler Gebirgstäler schloss Totschnig in dem Zeitungsinterview 2019 nicht aus. "Das kann ich mir sehr gut vorstellen. Ich habe auch einen kleinen Baugrund in Tristach."
Die Berge beschäftigten den bisherigen Interessensvertreter aber auch in der Bundeshauptstadt. Eine für die Zukunft entscheidende Frage wird laut Totschnig sein, "wie man das agrarpolitisch gestaltet, damit die Bergbauern eine Chance haben, zu bleiben" - diese Gestaltungsmacht liegt nun in seinen Händen.
Florian Tursky: Hinaufgeplattert

Florian Tursky, bisher Büroleiter des Tiroler Landeshauptmanns, wird neuer Staatssekretär für Digitalisierung und Breitband.
- © apa / privatWer den Prototyp eines karrierebewussten, in der Wolle gefärbten Schwarz-Türkisen mit einem in ausreichendem Maße vorhandenen Vorrat an Ehrgeiz sucht, der findet Florian Tursky. Der 33-jährige Innsbrucker war nicht nur Landeshauptmann Günther Platters Büroleiter, er war auch des Landeschefs Mastermind sowie linke und rechte Hand in Personalunion. Nun brettert er auf der "Digitalspur" die Karriereautobahn nach oben und wird Staatssekretär für Digitalisierung und Breitband.
Was ÖVP-Landesgeschäftsführer Martin Malaun für die Partei ist, ist Tursky für Platter im Regierungs-Alltagsgeschäft: Ein universell einsetzbarer und absolut loyaler Stratege mit einem breiten Netzwerk, an dem der studierte Kommunikationswissenschaftler ein junges Leben lang geknüpft hat. Rund um die Uhr für Platter im Einsatz, ständig erreichbar, mögliche Gefahrenquellen aufspürend, damit der Politfuchs Platter möglichst unfallfrei durch die politische Landschaft navigieren kann.
Aus JVP und ÖCV
Im Jahr 2017 wurde Tursky zum Pressesprecher Platters bestellt - und weicht ihm seitdem nicht mehr von der Seite. Nur etwas mehr als ein Jahr später, nach erfolgreich geschlagener Landtagswahl, avancierte er schon zum Büroleiter - an der Nähe zum Landeshauptmann änderte sich aber nichts, in gewisser Weise ließ er auch die Presseagenden nie ganz aus der Hand.
Als Tursky 2017 zu Platter kam, war er bereits kein Unbekannter in schwarzen Tiroler und vor allem Innsbrucker Kreisen. Es ist jenes Biotop, in dem er aufgewachsen ist. Dabei wählte er weniger die "Ochsentour" über Bezirksorganisationen bzw. klassische Parteiarbeit, die mitunter relativ früh zu politischen Mandaten führen kann. Die "Ställe", aus denen er kam, waren die Junge ÖVP und der ÖVP-nahe Österreichischen Cartellverband (ÖCV), dessen Präsident er von 2013 bis 2014 ein Jahr lang war. Mit 18 Jahren war Tursky bereits Landessekretär der Jungen ÖVP in Tirol, daraufhin vier Jahre lang Landesgeschäftsführer.
Dann folgten einige Jahre als leitender Mitarbeiter einer nicht ganz ÖVP-fernen Tiroler Kommunikationsagentur - mit Arbeitsplatzschwerpunkt als Standortleiter in Wien. Für den Netzwerker Tursky ein sicher auch nicht ganz abträglicher Schauplatz. Bevor seine Laufbahn mit Platter schließlich eine neue Wendung nahm, fungierte der "Master of Science in PR und integrierter Kommunikation" noch etwas mehr als ein Jahr als Geschäftsführer des Technologie Start-ups "3D Elements". Eine Art fotografischer Vorgeschmack auf die nunmehr eigene digital-politische Zukunft.
Obwohl vom Habitus her dem Polit-Typus Marke Kurz nicht ganz wesensfremd, ist Tursky trotzdem nicht eins zu eins dem türkisen Lager zuzuordnen, sondern höchstens als abgeschwächte Tiroler Ausgabe zu bezeichnen. Strikte Message-Control, überbordende Kontrolle - all dem fiel der Tiroler bisher, zumindest nach außen, nicht anheim. Auch ein gewisses Maß an Selbstironie und Selbstreflexion sowie Lockerheit sind ihm nicht fremd.
Interessant wird zu beobachten sein, inwiefern der mit einer Schweizerin liierte, betont sportliche Tursky nunmehr im "Leben ohne Platter" ein politisches Eigenleben entwickelt. Es soll zudem auch schon junge ÖVP-Staatssekretäre gegeben haben, für die ein solcher Posten noch lange nicht die Endstation bedeutete. Wirklich an einer klassischen Polit-Karriere interessiert schien Tursky bislang jedoch nicht zu sein, sondern eher an einer im Hintergrund bzw. Nahbereich. Der Schritt nach Wien dürfte vielleicht auch der Überlegung geschuldet sein, dass Platters Zeit nach der Landtagswahl 2023 und nach 15 Jahren im Amt irgendwann endlich sein könnte. Eine Art politische Entkoppelung sozusagen. Drei Tage vor seinem 34. Geburtstag.
Martin Kocher: Jetzt super

Arbeitsminister Martin Kocher übernimmt auch die Wirtschaftsagenden von Margarete Schramböck.
Zur Person: Martin Kocher, geboren am 13. September 1973 in Salzburg. Studium der Volkswirtschaftslehre in Innsbruck, Abschluss mit Doktorat 2002. Anschließend wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut für Finanzwissenschaft der Uni Innsbruck und diverse Professuren z.B. an der Uni München, der University of East Anglia und der Universität Wien. Von 2016 bis 2021 war Kocher wissenschaftlicher Direktor des Instituts für Höhere Studien (IHS) und ab 2020 kurzzeitig Präsident des Fiskalrats. Seit Anfang 2021 ist er Minister für Arbeit.
- © apa / Hans PunzRegierungsumbildungen bedeuten nicht unbedingt immer neue Minister - mit Martin Kocher übernimmt nun ein Ökonom zusätzlich zu seinen Arbeits- auch die Wirtschaftsagenden. Schon in den vergangenen Wochen war er für so ein "Superministerium" im Gespräch. Der 48-jährige gebürtige Salzburger steht seit Anfang 2021 an der Spitze des Arbeitsministeriums, davor leitete er seit 2016 das Institut für Höhere Studien (IHS) und ab Juni 2020 auch den Fiskalrat.
Kocher war als parteiloser Experte direkt vom IHS bzw. einer Professur an der Universität Wien in die Regierung gewechselt, nachdem seine Vorgängerin Christine Aschbacher über eine Plagiatsaffäre gestolpert war. Gemeinsam mit dem Geographen Heinz Faßmann als Bildungsminister bildete der Verhaltensökonom quasi das Wissenschaftsteam der Regierung - während Faßmann aber beim Kanzlerwechsel zu Karl Nehammer (ÖVP) abhanden kam, wird Kocher nun kurze Zeit später sogar aufgewertet. Für die Tourismus-Agenden erhält er mit Susanne Kraus-Winkler eine Staatssekretärin zur Seite gestellt.
Dass sich Kocher in seiner neuen Funktion gleich einmal mit der Umsetzung seiner Dissertation zum Thema "Very small countries : Economic success against all odds" (etwa: Sehr kleine Staaten: Wirtschaftlicher Erfolg gegen alle Erwartungen) befassen muss, ist allerdings nicht ganz korrekt. Österreich ist dafür etwas zu groß und fällt nicht in diese Staatenkategorie.
In seiner Forschung beschäftigte sich Kocher mit zahlreichen Themen aus dem Gebiet der experimentellen Verhaltensökonomie, die sich mit den psychologischen Grundlagen des ökonomischen Verhaltens befasst. Dazu hat er auch zahlreiche Bücher und Artikel verfasst. So veröffentlichte er beispielsweise Arbeiten zum Einfluss von Zeitdruck auf individuelle Entscheidungen oder die Entwicklung von Präferenzen bei Kindern und Heranwachsenden. Auf dem Gebiet der Sportökonomik zeigte Kocher beispielsweise mit seinem Koautor Matthias Sutter, dass Schiedsrichter häufig zugunsten der Heimmannschaft urteilen, wenn diese zurückliegt.
Volkswirtschaftslehre statt Journalismus
Der am 13. September 1973 in der Stadt Salzburg geborene Kocher hat seine Wurzeln immer noch in Altenmarkt im Pongau, wo er seine Kindheit und Jugend verbracht hat und wohin es ihn regelmäßig zurückzieht. Der begeisterte Sportler läuft nicht nur gern Marathon, es zieht ihn auch immer wieder auf die Berge, im Sommer zum Bergwandern, im Winter zum Skifahren. Als Sohn zweier Skilehrer stand er schon mit drei Jahren erstmals auf Skiern, später auch im örtlichen Skikader. Es habe sich jedoch bald gezeigt, dass es für eine Karriere als Skifahrer nicht reichte, erzählte Kocher später den "Salzburger Nachrichten". Zudem gab es harte Konkurrenz, "Hermann Maier war in der Schule eine Klasse über mir, Michael Walchhofer zwei Klassen unter mir".
Nach journalistischen Versuchen bei den "Pongauer Nachrichten" zog es Kocher nach Innsbruck zum Studium der Volkswirtschaftslehre. Dort lernte er seine Frau kennen, mit der seit 2003 verheiratet ist. Seine Karriere führte Kocher über die Uni Innsbruck für zwei Jahre nach Amsterdam und 2010 ins englische Norwich an die University of East Anglia, bevor er dem Ruf der Ludwig-Maximilians-Universität München folgte. Dort lehrte er als Professor für Verhaltensökonomik und experimentelle Wirtschaftsforschung, daneben war er Gastprofessor in Göteborg und an der University of Queensland im australischen Brisbane.
2016 ging Kocher ans IHS, 2017 erhielt er dazu noch eine Professur an der Universität Wien. Ab Mitte 2020 bis zum Wechsel in die Regierung war er auch noch kurzzeitig Präsident des Fiskalrates. (apa)