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Künftige TU Linz kämpft mit Gegenwind

Politik
Als Standort ist der Campus der JKU vorgesehen.
© CC-BY-SA / Christian Wirth

Oberösterreichs Landeshauptmann Stelzer und Bildungsminister Polaschek halten am Projekt fest.


Es war eine Überraschung, als der damalige Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) Ende August 2020 die Errichtung einer neuen Technischen Universität (TU) in Linz mit Schwerpunkt Digitalisierung ankündigte. Details dazu nannte er zu diesem Zeitpunkt nicht, die Präsidentin der Österreichischen Universitätenkonferenz (uniko), Sabine Seidler, reagierte damals abwartend.

Rund 21 Monate später hat das Gründungsgesetz die Begutachtungsphase durchlaufen - und die Skepsis auf der Seite der Universitäten hat sich in äußerst kritischen Stellungnahmen niedergeschlagen. Seidler sieht in dem Gesetzesentwurf unter anderem eine "extrem einseitige Orientierung an den Bedürfnissen der oberösterreichischen Industrie und damit einhergehend eine bedrohliche Einschränkung der Freiheit von Forschung und Lehre". Kurz ist bekanntlich nicht mehr Kanzler, das Projekt müssen nun der Minister und das Land Oberösterreich rechtfertigen.

Finanzierung aus "Ministerreserve" nur zu Beginn

Für den oberösterreichischen Landeshauptmann Thomas Stelzer (ÖVP) sind die "unterschiedlichen Ansichten" verständlich, wie es in einer Stellungnahme gegenüber der "Wiener Zeitung" heißt. Aber, so meint er weiter, diese habe es auch sowohl bei der Gründung der JKU als auch bei der Med-Fakultät gegeben. Beide würden heute "Erfolgsgeschichten schreiben". Es handle sich um ein "Jahrhundertprojekt, wo so viel Neues entsteht". Stelzer geht davon aus, dass das zuständige Ministerium die Stellungnahmen "ordentlich aufarbeitet".

Für den Landeshauptmann ist die neue TU jedenfalls "eine riesen Chance nicht nur für Oberösterreich, sondern für die gesamte Republik". Dafür habe man internationale Expertinnen und Experten an Bord geholt, wie unter anderem Ex-Google IT-Sicherheitschef Gerhard Eschelbeck. Man sollte daher "Mut und Weitblick aufbringen, um Neues zu wagen".

Bildungsminister Martin Polaschek (ÖVP) betonte am Dienstagabend bei einer Veranstaltung im Klub der Bildungs- und Wissenschaftsjournalisten die Chancen, die die neue Uni biete. Freilich räumte er ein, dass es sich hier um "kein leichtes Thema" handle, bei dem auch durchaus Gegenargumente ihren Platz haben. Die nunmehrige Debatte sei eine typisch österreichische, so der Minister: "Wenn etwas Neues kommt, überlegt man auf jeden Fall einmal, warum man dagegen sein könnte." Der "klare politische Beschluss, eine solche Universität zu schaffen", stehe fest. Durch ihren Konnex zur Kunst hätte sie auch ein Alleinstellungsmerkmal gegenüber anderen Unis, wie Polaschek bereits Anfang Mai im Wissenschaftsausschuss des Parlaments ausführte.

Allen voran sorgen sich die anderen Unis darum, dass die Aufwendungen der Gründungsphase aus den Mitteln der "Ministerreserve" erfolgen soll, und ihnen selbst dadurch Nachteile bei der Finanzierung entstehen könnten - vor allem angesichts der neuen Kosten, die durch die allgemeine Teuerung entstehen. Diese 18,4 Millionen Euro aus der Ministerreserve für die TU Oberösterreich in Linz stünden jedenfalls in keiner Relation zu den seitens der Unis eingemeldeten 450 Millionen an Mehrkosten durch die Inflation, erklärte Polaschek, der auch auf 40 Millionen zusätzlich für die Hochschulen für Digitalisierung verwies.

Es sei ein "Missverständnis", dass die Unis durch die Neugründung Geld verlieren: "Dieses Geld wird den Universitäten ja nicht von einem Kuchen, der für die Universitäten gebacken wurde, weggenommen. Sondern der Kuchen wurde in Vorbereitung für die Kosten der TU Linz bereits entsprechend größer gebacken." Schon sein Vorgänger Heinz Faßmann habe ihm bereits als Rektor der Uni Graz klar kommuniziert, dass die Unis nicht darunter leiden dürfen. Dass nun auf die Reserve zugriffen werde, liege daran, dass man die TU Linz im Regelbudget in der Anfangsphase noch nicht abbilden könne.

TU Linz wird zu späterem Zeitpunkt ins Gesetz eingebaut

Dass die neue Einrichtung außerhalb des Universitätsgesetzes (UG) organisiert sei - ein ebenfalls kritisierter Punkt -, mache bei einer Neugründung "durchaus Sinn". Polaschek wies darauf hin, dass "auch die Universität Klagenfurt ins damalige UG und die Donau-Uni Krems ebenfalls nicht von Haus aus ins Universitätsgesetz eingebaut" worden seien. Dass auch die TU Linz zum gegebenen Zeitpunkt ins UG aufgenommen werde, sei kein Thema, betonte der Minister.

Laut Gesetzesentwurf ist freilich vorgesehen, dass für die neue Einrichtung andere rechtliche Bestimmungen als für andere öffentliche Unis gelten: So unterliegen ihre Arbeitnehmer nicht dem Kollektivvertrag für die Universitäten, und auch die Rechtsbeziehungen der Studierenden zur Uni sind anders gestaltet - nämlich analog zu Fachhochschulen und Privatunis privatrechtlicher Natur.

Kritik an der angestrebten Praxisnähe, die einem Einfluss der Wirtschaft Tür und Tor öffne, konterte er damit, dass Drittmittel-finanzierte Auftragsforschung immer wieder an Universitäten unternommen und als solche klar offengelegt werde. Außerdem wäre "eine Technische Universität, die nur Grundlagenforschung betreibt, eigenartig".(bs/est)