Bund und Länder haben sich auf eine neue 15a-Vereinbarung zur Kinderbetreuung geeinigt. Die neun Landeshauptleute unterzeichneten am Freitagvormittag bei der Landeshauptleute-Konferenz in Bregenz ein neues Papier, das bis Donnerstag verhandelt worden war. In den nächsten fünf Jahren werden jährlich 200 Mio. Euro in die Elementarpädagogik fließen. Mehr Geld wird in Zukunft auch für den Pflichtschulbereich zur Verfügung gestellt.
"In die Fläche und in die Wahlfreiheit"
Grundzüge der Einigung waren bereits am Vorabend der Konferenz bekannt geworden. Eine Einigung war deshalb "dringend", weil die aktuelle Regelung Ende August ausläuft. Zuletzt hatten die Länder noch 125 Millionen (2018/19) bzw. 142,5 Millionen (2019/20 bzw. 2021/22) vom Bund erhalten. Die Mittel, die bis 2027 an die Länder gehen, sind für Kindergarten-Pflichtjahr, Ausbau des Angebots und Sprachförderung vorgesehen. Zudem können die Länder diese Gelder flexibler als bisher einsetzen.
"Es war klar und wichtig, dass wir eine Folgevereinbarung brauchen", stellte Vorarlbergs Landeshauptmann Markus Wallner (ÖVP) als aktueller Vorsitzender der Konferenz fest. Die getroffene Lösung werde sich insbesondere auf die Vereinbarkeit von Familie und Beruf auswirken. Das wurde von Familienministerin Raab unterstrichen."Wir müssen in die Fläche und in die Wahlfreiheit kommen", betonte sie. Die Förderung der Institutionen hänge etwa an der Flexibilität der Öffnungszeiten (45 oder mehr Stunden pro Woche; mindestens 47 Wochen pro Jahr). Dass das Kopftuchverbot in der neuen Vereinbarung nicht mehr enthalten ist, bedauerte Raab.
"Beste Bedingungen für unsere Kinder"
Mehr Mittel wird es auch im Pflichtschulbereich geben. Bildungsminister Martin Polaschek (ÖVP) wird Geld für mehr Supportpersonal zur Entlastung der Lehrkräfte und Schulleitungen zur Verfügung stellen. Zudem soll der zuletzt stockende Ausbau der Ganztags-Plätze wieder in Schwung kommen. "Uns alle eint der Wille, die besten Bedingungen für unsere Kinder und damit die Zukunft des Landes zu schaffen", so Polaschek in Bregenz.
Für die Kofinanzierung von Administrativkräften stellt der Bund künftig 15 Millionen Euro pro Jahr zur Verfügung, für die Kofinanzierung von Schulsozialarbeitern 7 Millionen Euro pro Jahr. Ebenfalls übereingekommen sei man mit den Ländern, die bisher nur befristeten Finanzierungslösungen zur administrativen und psychosozialen Unterstützung in den Finanzausgleich aufzunehmen. Damit bestehe Rechtssicherheit.
Zum Ausbau der ganztägigen Kinderbetreuung stellte Polaschek fest, dass man am Ausbauziel von 230.000 Plätzen festhalte, dieses soll statt wie geplant 2022 nun bis 2025 erreicht werden. "Der Bund wird daher 33 Millionen Euro zusätzlich für die nächsten zwei Jahre für Bestand und Ausbau bereitstellen. Zählt man bisher nicht abgerufene Mittel dazu, die nun weiterhin verwendet werden können, sind das insgesamt rund 140 Millionen Euro", so Polaschek. Falls die Mittel abgerufen werden, könnten in drei Jahren 40 Prozent der Sechs- bis 15-Jährigen in einer ganztägigen Betreuungsform sein.
Kalte Progression am Prüfstand
Weiters einigten sich die Länder mit Finanzminister Magnus Brunner (ÖVP) darauf, in den nächsten Wochen erste Modelle zur Abschaffung der kalten Progression zu präsentieren. Die Länder unterstützten eine intensive Diskussion darüber, so Wallner und Wiens Bürgermeister Michael Ludwig (SPÖ). Die kalte Progression stehe damit erstmals konkret am Prüfstand, so Wallner. Die Teuerung, die inzwischen auch mittelständischen Haushalten Sorge bereite, habe man sehr intensiv besprochen, sagte Ludwig. In die Diskussion um die Abschaffung oder Veränderung der kalten Progression müssten Länder und Sozialpartner einbezogen werden, ebenso die Städte und Gemeinden, weil diese von Mindereinnahmen betroffen wären, betonte der Wiener Bürgermeister, auch in seiner Funktion als Städtebund-Präsident.
Verländerung des Volkswohnwesens gefordert
Man unterstütze die Bemühungen der Bundesregierung zur Bildung strategischer Gasreserven, in Hinblick auf die Energiewende müsse man aber bei wichtigen Infrastrukturprojekten wie Wasser- und Windkraftanlagen, aber auch Photovoltaik-Anlagen an Tempo zulegen. "Genehmigungsverfahren dauern viel zu lang", betonte Wallner. Ludwig ergänzte, es müsse sichergestellt werden, dass lange geplante Infrastrukturprojekte dann auch realisiert werden. Das sei eine Frage der Rechtssicherheit und eine Standortfrage. Ebenfalls gefordert wurde von den Ländern - auf Vorstoß Tirols - eine Verländerung des Volkswohnwesens, um eine höhere Leerstandsabgabe zu ermöglichen.
Der steirische Landeshauptmann Hermann Schützenhöfer (ÖVP) sagte, er sei dafür, dass man den jungen Menschen von Fridays For Future (FFF) mehr zuhöre. FFF-Aktivisten hatten die Landeshauptleute in der Früh mit einem stillen Protest begrüßt. (apa)