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Der redegewandte Denker, der nicht überall beliebt ist

Von Karl Ettinger

Politik

Mit dem Juristen Christopher Drexler kommt Schützenhöfers langjähriger Kronprinz als Nachfolger in der Steiermark zum Zug.


Kronprinz ist doch nicht nur eine Apfelsorte. Mit dem Hinweis auf die steirische Apfelsorte sind jahrelang alle Spekulationen, dass der schon in der Schülerzeit politisch aktive Christopher Drexler dem steirischen Landeshauptmann Hermann Schützenhöfer nachfolgen könnte, abgewimmelt worden. Am Freitag haben die Gremien der steirischen Volkspartei aber die Weichen gestellt: mit 51 Jahren tritt nun tatsächlich der Kronprinz das Erbe an. Damit kommt ein Liberaler zum Zug, der schon seit mehr als zwei Jahrzehnten Schritt für Schritt in Schützenhöfers Fußstapfen die politische Karriere beschritten hat, vom Obmann der Jungen ÖVP zum Klubobmann im Landtag bis zum Chef des steirischen Arbeitnehmerbundes (AAB).

Drexler ist das Gegenteil eines politischen Quereinsteigers, vielmehr hat er seine politische Laufbahn mit Ausdauer bewältigt. Nachdem er zu Beginn der laufenden Legislaturperiode im Spätherbst 2019 die Aufgaben als Gesundheitslandesrat abgeben mussten, haben manche von einem Karriereknick gemunkelt. Tatsächlich aber wurde Drexler aus der Schusslinie genommen. Die Gesundheitsversorgung ist ein Minenfeld für Politiker. Drexler bekam das beim Plan, im obersteirischen Bezirk Liezen ein neues Leitspital zu schaffen und bestehende Krankenhäuser in Schladming und Bad Aussee zu ersetzen, durch erboste Reaktionen der Bevölkerung zu spüren. Mit den Kulturagenden neben Europa, Sport und Personal übernahm er ein Ressort, das nicht derart im Fokus steht.

Für Tempo 160 und die Abschffung der Neutralität

Dabei ist der designierte steirische Landeshauptmann keineswegs auf den Mund gefallen. Im Gegenteil: Drexler ist ein wortgewandter, bisweilen scharfzügiger Redner mit Gefühl für feine Ironie. Vor rund eineinhalb Jahrzehnten trat er mit der Verlässlichkeit eines Uhrwerks mit provokanten Vorschlägen jeweils ausgerechnet im politischen Sommerloch auf, womit er weit über Graz hinaus für Aufsehen und Aufregung sorgte - unter anderem mit der Forderung nach Tempo 160 auf österreichischen Autobahnen.

Dass er selbst bei ÖVP-Parteifreunden aneckt, nahm er gern in Kauf. So ließ er schon 2004 mit seinem Vorpreschen für eine Homo-Ehe aufhorchen und sorgte damit bei der konservativen Kernklientel der ÖVP für Kopfschütteln bis hin zu Empörung.

Im Jahr 2007 rüttelte Drexler dann an einem Nationalheiligtum vieler Österreicher, der Neutralität. Im Zuge der Perspektivengruppe des späteren ÖVP-Chefs Josef Pröll leitete er damals die Untergruppe Europa und trat offen für die Abschaffung der Neutralität ein, weil es sich bei dieser um ein "Staatsmärchen" handle. Er sprach sich für eine "gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik" in einem "solidarischen Europa" aus. "Hier ist die Neutralität bestenfalls eine historische Erinnerungspost." Es klingt wie ein aktueller Debattenbeitrag angesichts des Kriegs in der Ukraine, und auch die Reaktion war ähnlich. Er handelte er sich bei der Bundespartei eine Abfuhr ein.

Es sind solche Ideen, mit denen sich nicht nur Parteikollegen, sondern auch ein gar nicht so kleiner Teil der Bevölkerung vor den Kopf gestoßen gefühlt. Der Intellektuelle, der sich in der Tradition des Josef Krainer auch um die Weiterführung der Landes-ÖVP als Denkwerkstatt bemüht hat, ist vielleicht auch wegen des Angreifens solcher Tabus nur begrenzt beliebt. Dieses Manko wurde in der Vergangenheit auch immer wieder ins Treffen geführt, warum der Sprung auf den Sessel des Landeshauptmannes scheitern könnte.

Nicht zuletzt als steirischer AAB-Landeschef war Drexler, der Vater von vier Kindern ist, auch bemüht, ein Gegengewicht zur starken niederösterreichischen Achse zwischen der Bundespolitik in Wien und der Landespolitik in St. Pölten zu bilden. Das ging bis zu einem Feldzug gegen die Verniederösterreicherung des Arbeitnehmerbundes und der vollen Unterstützung für den Oberösterreicher August Wöginger, den er auch für "unverzichtbar" am Koalitionstisch ansieht.