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Gemeinden wollen nicht unter die Räder kommen

Von Karl Ettinger

Politik

Kommunalvertretung und Länder fordern von Ministerin Gewessler Verhandlungen über Bevorzugung für Radfahrer.


Mit ihren gesetzlichen Plänen für mehr Rechte für Radfahrer und Fußgänger ist Infrastruktur- und Klimaschutzministerin Leonore Gewessler gleichsam gegen die Einbahn unterwegs. Beim Vorhaben, das in einer Novelle zur Straßenverkehrsordnung  (StVO) festzuschreiben, kommt der Grün-Politikerin jetzt aber der österreichische Gemeindebund frontal entgegen. Zuvor sind bereits allen voran die Bundesländer Wien und Niederösterreich auf Kollisionskurs gesteuert, weil ihnen die Zusatzkosten für notwendige Umbauten im Kreuzungsbereich und auf Gehsteigen zu teuer sind.

Gewessler Gesetzesentwurf, der bis 1. Juni in Begutachtung war, sieht unter anderem vor, dass Radfahrer in Straßen mit Tempo 30 und vier Metern Breite ohne Parkfläche gegen die Fahrtrichtung fahren dürfen. Die Behörden würden zur Umsetzung verpflichtet. Die Ausweitung des Sichtfeldes, indem das Parken acht statt bisher fünf Meter vor Kreuzungen verboten würde, stößt ebenfalls auf Widerstand wie auch das vorgesehene Abbiegen nach rechts bei Rot auf der Ampel.

Warnung vor "kostenintensiven" Maßnahmen

Der österreichische Gemeindebund als Vertretung von mehr als 2.000 Kommunen will sich von der Ministerin aber keinesfalls überfahren lassen. In der Stellungnahme wird daher ausdrücklich der sogenannte Konsultationsmechanismus ausgerufen. Dieser polit-technokratische Begriff bedeutet, die Gebietskörperschaften Bund, Länder und Gemeinden müssen Verhandlungen führen, wenn eine einseitige Belastung droht. Gemeinden wie auch mehrere Bundesländer befürchten hohe Mehrkosten. Wien rechnet mit bis zu 130 Millionen Euro an Mehrausgaben als Folge der Novelle Gewesslers.

Wie in den meisten Stellungnahmen wird auch vom Gemeindebund vorausgeschickt, dass es grundsätzlich keine Bedenken gibt, die Möglichkeiten für Radfahrer und Fußgänger attraktiver zu gestalten. Gemeinden würden schon seit Jahren in ihr Radwegenetz investieren, um dem geänderten Mobilitätsverhalten der Bevölkerung nachzukommen.

Das große Aber folgt jedoch auf dem Gepäcksträger. All das dürfe nicht darüber hinwegtäuschen, dass Maßnahmen zur Attraktivierung des Radverkehrs "kostenintensiv" seien. Daher müsse die Kostenfrage schon im Vorfeld der Maßnahmen geklärt werden, verlangt der Gemeindebund.

Dieser verweist auf die von Wien befürchteten Mehrkosten. Davon seien alle größeren Gemeinden betroffen, warnt die Kommunalvertretung. Erst Anfang April sei von Verkehrsministerium, Ländern und Gemeinden festgestellt worden, dass die Kommunen nicht allein die finanziellen Auswirkungen tragen könnten. "Entgegen diesem berechtigten und notwendigen Ansinnen wurde vielmehr ein Gesetzesentwurf in Begutachtung geschickt, der hohe Kostenfolgen für die Gemeinden nach sich zieht, aber einen Vorschlag zur Kostentragung vermissen lässt", betonte der Gemeindebund nun einigermaßen ungehalten in seiner Stellungnahme.

Der Gemeindebund ist damit nicht allein. Neben Wien hat auch das Burgenland ausdrücklich auf den Konsultationsmechanismus und damit auf notwendige Verhandlungen verwiesen. Die Ländervertreter wehren sich dagegen, dass den Bundesländern und Gemeinden einseitig vom Bund Millionenkosten aufgehalst werden.

Kritik von Kinder- und Jugendanwaltschaft

Auf die Bremse steigen auch die österreichischen Kinder- und Jugendanwaltschaften, allerdings nicht aus Kostengründen, sondern weil sie eine höhere Gefährdung von Kindern und Jugendlichen befürchten. Sie wenden sich daher ausdrücklich gegen die Möglichkeit des Rechtsabbiegens bei Rot für Radfahrer, weil Kindern sonst immer erklärt werde, Rot bedeute Stehenbleiben. "Besonders kritisch" werde auch die Ausweitung des Fahrens gegen die Einbahn von Radfahrern gesehen.

Im Büro von Ministerin Gewessler wurde am Dienstag auf Anfrage erklärt: "Das schauen wir uns alles an." Man werde in einem nächsten Schritt die Stellungnahmen - vorerst sind es 140 - genau anschauen. Davon hänge dann auch der weitere Zeitplan ab.